Der DFB feiert sich für die Ankündigung, dass man einen Titelgewinn doppelt so hoch wie 2022 belohnen würde. Dabei übersieht der Verband ein wichtiges Argument.

Pit Gottschalk
Eine Kolumne
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Beim ersten Hinhören klingt die Steigerung wie eine Sensation: Der DFB stellt seinen Fußballfrauen bei der EM 2025 in der Schweiz (2. bis 27. Juli) eine Siegprämie von 120.000 Euro in Aussicht - das Doppelte von 2022. "Ein wichtiges Zeichen", sagt DFB-Präsident Bernd Neuendorf.

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Hat man noch die EM-Prämie für die Fußballmänner im Hinterkopf, klingt die Ankündigung des weltweit größten Sportfachverbandes nicht mehr ganz so großzügig: 400.000 Euro hätte jeder einzelne Nationalspieler von Bundestrainer Julian Nagelsmann bei einem Titelgewinn 2024 kassiert.

120.000 Euro zu 400.000 Euro - das ist nur erklärbar, wenn man die Wertschöpfung der Nationalmannschaften berücksichtigt. Natürlich holen die Männer beim DFB mehr Geld rein. Stadioneinnahmen, Sponsoring, Verbandsprämien: Die Nagelsmänner drehen ein größeres Rad, logo.

DFB zur Gemeinnützigkeit verpflichtet

Aber darf es darum gehen? Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ist eine gemeinnützige Organisation ("e.v.") und fühlt sich zur Gleichstellung von Mann und Frau verpflichtet. Daran ändert auch die Installation von Tochterunternehmen ("GmbH") nichts, die auf Umsatzmaximierung getrimmt sind.

Was als "Equal Pay" angestrebt wird, ist in Wahrheit ein Spiel auf Zeit: Schon vor drei Jahren reichte es bei der Prämienregelung nur zu einem Zwischenschritt von 37.500 auf 60.000 Euro. Das ist viel Geld und doch nicht genug: Die Kluft zu den Männern ist einfach zu groß.

Wer gemeinnützig sein will, darf sich eben nicht auf die Marktgesetze berufen, die Angebot und Nachfrage regeln. Zumal die Männer nicht auf die Prämie angewiesen sind: Die 400 Riesen sind nur ein Bruchteil dessen, was ihnen ihre Arbeitsverträge bei den Vereinen einbringen.

EM-Rekordprämie ein Vermögen für Fußballfrauen

Anders bei den Frauen: Hier ist jede sechsstellige Summe, auch die 120.000 Euro, ein Vermögen. Keine Nationalspielerin wird darüber meckern. Der DFB muss sich trotzdem fragen: Wollen wir diese Ungleichbehandlung im deutschen Fußball wirklich in Euro-Zahlen manifestieren?

Positiver ausgedrückt: Equal Pay wäre das wirkliche Signal an die deutsche Gesellschaft gewesen, dass zumindest beim Verbandsfußball Männer und Frauen gleichbehandelt, sprich belohnt werden. Ist das umsetzbar? Nichts einfacher als das.

Was nämlich die Frauen zu wenig bekommen, erhalten die Männer zu viel. Die Teilnahme an EM- und WM-Turnier steigert nicht nur den persönlichen Marktwert, sondern stärkt auch die Verhandlungsposition in den Klubs. Davon können die Frauen von Bundestrainer Christian Wück nur träumen.

Beuteteilung zwischen Männern und Frauen

Nicht wenige Verträge sehen sogar Gehaltssteigerungen nach Länderspieleinsätzen vor, diese Männer kassieren quasi doppelt. Man fragt sich dann manchmal: Warum reicht eigentlich nicht die Ehre, das Nationaltrikot zu tragen und Deutschland auf großer Bühne zu vertreten?

Würde irgendein männlicher Fußballstar verhungern, wenn seine DFB-Prämie plötzlich 200.000 statt 400.000 Euro betrüge und seine Kollegin dadurch dieselbe Summe verdienen könnte? Beuteteilung zwischen Männern und Frauen - das wäre das richtige Zeichen gewesen.

Vermutlich wagen die DFB-Bosse nicht die Auseinandersetzung mit den Spielerberatern. Es käme auf einen Versuch an. Man kann sich nicht vorstellen, dass ein Nationalspieler in aller Öffentlichkeit sagt: Die Prämie ist mir zu gering - ich spiele nicht. Und wenn doch - dann wäre er eh kein Kandidat für die Nationalmannschaft.

Über den Autor

  • Pit Gottschalk ist Journalist, Buchautor und ehemaliger Chefredakteur von SPORT1. Seinen kostenlosen Fußball-Newsletter Fever Pit'ch erhalten Sie hier.
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