Ein Buch soll man nicht nach dem Cover beurteilen, Fußballer nicht nach dem Trikot. Journalistin Katharina Kleinfeldt ist es trotzdem passiert. Eigentlich könnte man nach ihrer Entschuldigung zur Tagesordnung übergehen. Aber sie ist eine Frau im Fußball, also muss das Thema aufgeblasen werden.
Nach dem Heimspiel der Frankfurter Eintracht gegen den SV Werder Bremen führt Katharina Kleinfeldt für Sky die Interviews direkt am Spielfeldrand. Dabei unterläuft der Sportjournalistin ein Fehler: Neben ihr steht der Bremer Marco Friedl im Trikot von Torwart Michael Zetterer. Letzterer ist wenige Tage zuvor von Bremen zur SGE gewechselt. Die Sky-Moderatorin spricht Friedl als Zetterer an und fragt, ob es der Auftaktsieg sei, den dieser erwartet habe.
"Ich bin Bremen-Spieler, falls das nicht klar ist", antwortet Friedl und dreht sich weg von der Journalistin. Kleinfeldt beginnt sofort, sich zu entschuldigen, spricht den Werderaner, mit dem sie bereits vor dem Spiel ein Interview geführt hatte, mit "Marco" an und reicht ihm die Hand. Klar, ein Fehler der idealerweise nicht passieren sollte. Gerade in einer Live-Situation kommt sowas aber vor – und müsste deswegen kein großes Thema sein. Und ist es leider doch, denn Kleinfeldt ist eine Frau im Sportjournalismus.
Katharina Kleinfeldt verwechselt Spieler
"Quotenfrau" und "Neumanns Tochter", "Schalke 05"
Bitte nicht falsch verstehen. Wo Fehler passieren, da darf Kritik geübt werden. Was aber im Nachgang von Kleinfeldts Verwechslung passiert, hat in den meisten Fällen nichts mit Kritik zu tun, sondern ist diskriminierend und misogyn. Die Journalistin, die seit zehn Jahren im Sport für verschiedene TV-Sender arbeitet, wird abschätzig als "Quotenfrau" betitelt. Zu jenen bei Frauen im Sport gewohnten Aufforderungen, wonach sie zurück in die Küche solle oder über Ballett berichten, kommen die an ihre Arbeitgeber, sie umgehend zu entlassen.
Weil es Berichte gibt, wonach die Journalistin mit BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl liiert sein soll, ist zudem immer wieder zu lesen, dieser habe ihr vermutlich den Job besorgt. Einen Job wohlgemerkt, den sie so oder so ähnlich bereits seit einem Jahrzehnt innehat. Kleinfeldt wird als "dumm" und "ahnungslos" bezeichnet, als "Blondine", die sich "hochgeschlafen" habe. Sky wird unterstellt, Journalist*innen nicht nach Kompetenz einzustellen, sondern nach Aussehen, die Moderatorin wird als "
Ein Fauxpas aus dem Jahr 1973
Man wünschte, die Gesellschaft sei weiter, aber natürlich betrifft die aktuelle Rolle rückwärts den Sport, der ohnehin nie sehr fortschrittlich war, mit. Der Fehler, den Kleinfeldt macht, ist in der Situation ärgerlich, aber keiner, der nicht schon passiert ist oder wieder passieren wird. Ihn auf die Art aufzublasen, immer mit dem Fokus darauf, dass die Journalistin eben eine Frau ist, sagt deutlich mehr über die Diskutanten als über Kleinfeldt.
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Wie zuverlässig in solchen Momenten die Referenz zu Carmen Thomas' Versprecher "Schalke 05" im "Aktuellen Sportstudio" erfolgt, ein Fauxpas, der Thomas im Jahr 1973 unterlief, zeigt, wie nachtragend eine gewisse Klientel im Fußball ist, wenn Frauen nicht 120 Prozent abliefern. Die Schiedsrichterin Riem Hussein hat das Thema "zweierlei Maß" mal auf den Punkt gebracht, als sie sagte, wenn eine Schiedsrichterin einen Fehler mache, sei es die Fehlentscheidung aller Schiedsrichterinnen. Es wäre naiv zu glauben, das wirke sich nicht darauf aus, wer mit welcher Selbstverständlichkeit in einen Job drängt. Eine wirklich ermüdende Spirale.
Was übrigens Marco Friedls reichlich schmallippige Reaktion auf Kleinfeldts Panne angeht, so könnte der sich mal mit Fußballerinnen darüber unterhalten, wie man souveräner mit solchen Situationen umgeht. Die sind es leidvoll gewohnt, bei Spielen oder in Fotodatenbanken über Vereinsgrenzen hinweg miteinander verwechselt zu werden, ob in der Liga oder Nationalelf. Aber klar, Frauen sehen halt nun mal alle gleich aus, da kann sowas schon passieren.