Nach dem Spiel gegen Dänemark schien es kurz zu kriseln zwischen Bundestrainer Wück und seiner Torfrau Ann-Katrin Berger. Was Wück selbst nicht schafft - diese vermeintlichen Unstimmigkeiten gegenüber der Presse einzufangen - gelingt einer seiner Spielerinnen.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Marie Schulte-Bockum sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Bei der Pressekonferenz der DFB-Frauen am Donnerstagnachmittag in Zürich kam sie natürlich, die obligatorische Frage. "Wie ist das Verhältnis zwischen dem Bundestrainer und seiner Torhüterin und gab es zwischen Wück und Berger schon eine Aussprache?", wollte ein TV-Reporter wissen.

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Nicht ohne Grund. Es ist ein Thema, das der Trainer der DFB-Frauen und seine Torfrau am Dienstagabend ohne Not selber aufgemacht hatten. Die Journalisten vor Ort in Basel, denen Wück in der Pressekonferenz nach dem Spiel seine Berger-Kritik mitgab, hatten zuvor eigentlich ganz andere Themen im Kopf.

DFB-Trainer Wück befeuert selbst die Torfrau-Frage

Das "GG7"-Tape zu Ehren der verletzten Giulia Gwinn zum Beispiel. Auch die unglücklich verletzte Dänin, der Videobeweis, die teils fragile Defensive der Deutschen in Halbzeit eins oder die starke Vorstellung Klara Bühls waren offensichtliche Themen für Pressekonferenz und Mixed Zone.

Es kam anders. Auf die recht harmlose PK-Frage, ob der offensive Spielstil der Nationaltorhüterin beim 2:1 gegen Dänemark so in Ordnung für ihn sei, antwortete der Bundestrainer mit einem klaren "Nein". Mehr könne er vorerst nicht zu dem Thema sagen, ergänzte Wück.

"Ich werde mich mit ihr natürlich an den Tisch setzen, dass wir da andere Lösungen finden müssen - weil, sonst werde ich nicht alt."

Bundestrainer Christian Wück über den offensiven Spielstil seiner Torfrau Ann-Katrin Berger

Dann holte der Fußball-Lehrer aber doch noch aus. Mit einer Ankündigung, die am Folgetag des Spiels Fußballdeutschland beschäftigte. "Ich werde mich mit ihr [Ann-Katrin Berger, Anm.d.Red.] natürlich an den Tisch setzen, dass wir da andere Lösungen finden müssen – weil, sonst werde ich nicht alt", sagte der 52-Jährige.

Ann-Katrin Berger spielte bis 16 im Mittelfeld und Sturm

Klar war da eine Note Humor dabei. Aber Deutschlands Nummer eins, für die Wück sich erst im März öffentlich entschieden hatte, wird mit ihren 34 Jahren Lebens- und 14 Jahren Erstliga-Erfahrung wohl kaum ihren dribbelstarken Spielstil ändern.

In ihrer Jugend spielte Berger aufgrund ihrer starken Technik vor allem im Mittelfeld und Sturm. Jedenfalls bis sie 16 Jahre alt und 1,80 Meter groß wurde - und "lauffaul", wie sie 2020 der "Süddeutschen Zeitung" erzählte.

Trainer Wück herzt seine Torfrau Berger nach Deutschlands 2:1-Sieg gegen Dänemark.
Trainer Wück herzt seine Torfrau Berger nach Deutschlands 2:1-Sieg gegen Dänemark. © IMAGO/Passion2Press/IMAGO/Markus Fischer

Ihre neu entdeckten Torwarthandschuhe trug sie in späteren Jahren für Topvereine wie Turbine Potsdam, Paris Saint-Germain, Chelsea und NJ/NY Gotham, dem amerikanischen Verein, für den sie seit 2024 den Kasten hütet.

Eine groß gewachsene, international erfahrene und ballsichere Torhüterin - was will man mehr?

Knaak und Senß nehmen die öffentliche Torwart-Debatte mit Humor

So sehen es offenbar auch Bergers Mitspielerinnen. Wie Elisa Senß und Rebecca Knaak am Donnerstag glaubwürdig versicherten, sei die Trainer-Schelte gegen ihre Keeperin sowieso kein Thema im Zürcher Teamlager gewesen.

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Lea Schüllers Torjubel ist "zweizigartig"

Lea Schüller feiert ihre Tore gerne mit einer auffälligen Geste – genau wie ihre Partnerin, die italienische Nationalspielerin Martina Piemonte.

"Ich glaube, erstmal waren beide Aussagen mit einem Augenzwinkern gemeint", sagte Knaak lächelnd. "Wir wissen total, was wir an Anne (Bergers Spitzname, d.Red.) haben." Die Innenverteidigerin erklärte weiter: "Das ist, glaube ich, ja auch eine Qualität, die sie ausmacht, dass sie spielerisch einfach auf so einem hohen Niveau ist."

Neben Knaak nickte Senß zustimmend. Die beiden bilden gemeinsam mit DFB-Kapitänin Janina Minge und Vize-Kapitänin Sjoeke Nüsken die defensive Schaltzentrale der Frauen-Nationalmannschaft. Minge und Knaak als Duo in der Innenverteidigung, Nüsken und Senß eine Reihe weiter auf der spiel- und kampfstarken Doppelsechs.

Wücks forsche Worte an Berger: eher ein Zeichen seiner Pressearbeit

"Wir als Mannschaft fühlen uns total sicher mit ihr", führte Knaak weiter über ihre Torhüterin aus. Die ManCity-Verteidigerin fügte hinzu, dass es ihr "als Abwehrspielerin" auch ein gutes Gefühl gebe, hinter sich eine Anne Berger zu haben, "die Dinge auch spielerisch lösen kann, die nicht jede Torfrau so lösen kann."

Sie gehe fest davon aus, dass Trainer und Torfrau sich am Vortag an den "ominösen Tisch" gesetzt haben, sagte Knaak grinsend.

Auch DFB-Frauen-Chefin Nia Künzer, früher selber eine Weltklasse-Fußballerin, hatte am Mittwoch schon gescherzt, dass sie Berger zwar beim Frühstück gesehen habe, diese aber womöglich erst einmal entspannt aufwachen solle, bevor es zum klärenden "Gespräch" mit Wück kommt. "Ob Frühstück, Mittagessen oder Abendessen" wisse sie daher nicht, sagte Künzer am Mittwochmittag.

Künzer und Knaak gaben sich also beide souveräner als ihr Trainer.

V.l.n.r.: Rebecca Knaak, Sjoeke Nüsken, Janina Minge und Elisa Senß beim EM-Spiel gegen Dänemark.
Sie bilden die Defensivzentrale der DFB-Frauen: (v.l.n.r.) Rebecca Knaak, Sjoeke Nüsken, Janina Minge und Elisa Senß beim EM-Spiel gegen Dänemark. © IMAGO/Bernd Feil / MiS

Wück, der 2023 die damalige U17-Nationalmannschaft der Männer zum EM- und WM-Triumph führte, tut sich oft schwer mit der Medienarbeit in seiner neuen Rolle als Trainer der A-Nationalmannschaft der Frauen.

Es ist ein Job, der viel mehr im Fokus der Öffentlichkeit, der Fans und auch der Spielerinnen und Vereine steht als Wücks vorherige Trainerlaufbahn im deutschen Jugendbereich, wo er mit meist unbekannten Kindern arbeitete.

Wück wird intern sehr geschätzt

Immer wieder schießt Wück sich, metaphorisch gesagt, in den eigenen Fuß: Zum Beispiel, wenn er verdiente und langjährige Nationalspielerinnen wie Caro Simon oder Feli Rauch nicht persönlich kontaktiert, um ihnen seinen Verzicht auf ihre Dienste persönlich zu erklären.

Rauch, Simon und auch Nicole Anyomi sind eben keine Jugendspieler, sondern gestandene Topstars ihrer Zunft, die über ihre Social-Media-Kanäle (siehe Rauch) kontern können - vor Zehntausenden Followern, versteht sich.

Rebecca Knaak lacht während bei der DFB-PK in Zürich am 10. Juli 2025.
Rebecca Knaak lacht während bei der DFB-PK in Zürich am 10. Juli 2025. © Jan Huebner/IMAGO/Hendrik Gräfenkämper

Daraus aber zu schließen, Wück habe ein persönliches Problem im Umgang mit seinen DFB-Schützlingen, wäre falsch. Tatsächlich wird der 52-Jährige für seine Art intern sehr geschätzt - von seinen Spielerinnen, aber auch von den Familien der DFB-Stars.

Das war nach Abpfiff am Dienstagabend in Basel für alle Öffentlichkeit zu sehen. Der Block der Angehörigen applaudierte Wück freundlich, als er einige Minuten nach Spielende ein paar Bekannte - alle drei in weißen Trikots mit "Wück"-Aufschrift -- im Fanblock grüßte.

Der Trainer der Frauen-Nationalmannschaft ist kein Horst Hrubesch 2.0

Auch die Spielerinnen selbst schätzen die ruhige Art ihres Trainers und seine taktischen Vorstellungen. Das betonen sie immer wieder in den Pressekonferenzen seit Wücks Übernahme, egal ob dort Laura Freigang, Klara Bühl, Senß oder Knaak auf dem Pressepodium sitzen.

Wück ist eben Wück. Er ist kein Horst Hrubesch, der wie ein Fußball-Papa auf seine "Mädels" schaute und sie auch mal in den Arm nahm.

Aber einen Zwist zwischen Trainer und Mannschaft, oder gar einen Zwist zwischen Wück und Berger, gibt es augenscheinlich nicht.

Verwendete Quellen:

  • Berichterstattung vor Ort in Zürich von der DFB-PK am 10.7.25 mit Rebecca Knaak und Elisa Senß
  • Berichterstattung vor Ort in Zürich beim DFB-Medientermin am 9.7.25 mit Bernd Neuendorf und Nia Künzer
  • Berichterstattung vor Ort in Basel vom EM-Länderspiel der DFB-Frauen gegen Dänemark am 8.10.25
  • Süddeutsche: Die späte Chance von Ann-Katrin Berger
  • DPA