Top-Stürmer Erling Haaland spricht ungewöhnlich offen über seine Ängste und persönliche Verluste.
Erling Haaland liegt nachts wach und denkt über den Tod nach. Der beste Stürmer seiner Generation, der Tor-Garant von Manchester City, der Mann mit dem Körper einer Maschine und dem Instinkt eines Raubtiers – er fürchtet sich vor dem Unbekannten. Was nach dem Ende kommt: Himmel, Hölle oder nichts? Seine Offenbarung aus der norwegischen TV-Serie "A-laget" ist mehr als nur eine persönliche Anekdote eines ehemaligen BVB-Profis. Sie markiert einen Wendepunkt im Umgang mit mentaler Gesundheit im Profifußball.
Die Tabuisierung von Ängsten im Profisport hat System. Schwäche zeigen gilt als Karrierekiller, Verletzlichkeit als Makel. Spieler werden zu Gladiatoren stilisiert, die keine Furcht kennen dürfen.
Haalands Offenheit macht Mut
Diese Offenheit könnte anderen Spielern Mut machen, über ihre mentale Gesundheit zu sprechen. Wenn selbst Haaland, der scheinbar Unaufhaltsame, seine Ängste thematisiert, verliert das Stigma seine Macht. Junge Talente in Nachwuchsleistungszentren, die unter enormem Druck stehen, könnten verstehen: Es ist keine Schande, Hilfe zu suchen. Es ist keine Schwäche, über Gefühle zu reden. Im Gegenteil – es zeugt von Stärke, sich der eigenen Verletzlichkeit zu stellen.
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Der Verlust enger Freunde und Familienmitglieder, den Haaland erleben musste, zeigt zudem die persönliche Belastung abseits des Spielfeld. Ivar Eggja, sein väterlicher Freund. Mino Raiola, der Agent, der 2022 mit nur 54 Jahren starb. Seine Großmutter Tone Rasdal. Diese Schicksalsschläge trafen Haaland in jungen Jahren. Während Millionen seine Tore bejubeln, trägt er diese Verluste mit sich. Der Profifußball kennt keine Trauerzeit. Die nächste Partie wartet immer.
Haalands Bekenntnis ist deshalb so wertvoll, weil es die Eindimensionalität durchbricht, mit der wir Spitzensportler betrachten. Sie sind nicht nur Tormaschinen oder Taktikexekutoren. Sie sind Menschen, die nachts wach liegen und sich fragen, was nach allem kommt. Diese Ehrlichkeit macht den Sport nicht schwächer. Sie macht ihn menschlicher. Und damit stärker als je zuvor.
Über den Autor
- Pit Gottschalk ist Journalist, Buchautor und ehemaliger Chefredakteur von SPORT1. Seinen kostenlosen Fußball-Newsletter Fever Pit'ch erhalten Sie hier.
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