Sollte Weltmeister-Torwart Manuel Neuer mit 39 Jahren zur Nationalmannschaft zurückkehren? Sein Berater heizte die Debatte an - und bekommt nicht nur Zuspruch.
Es besteht kein Zweifel, dass
Grund 1: Nach den WM-Blamagen von 2018 und 2022 hat Manuel Neuer die Reputation bewahrt, dass die Desaster-Leistungen von Russland und Katar nichts mit ihm als Schlussmann zu tun hatten. Den verdienten Ruhm sollte er nicht auf seine alten Tage, er ist jetzt 39, ohne Not gefährden.
Grund 2: Neuer hat jetzt vier WM-Teilnahmen auf dem Buckel - das reicht. Irgendwann muss ein neuer Neuer ins kalte Wasser geworfen werden, und das lieber früher als später, damit die Aufarbeit im DFB-Tor nicht kurz vorm Rentenalter beginnt. Neuers Rückkehr würde jede Erneuerung behindern.
Sicher, sein Berater Thomas Kroth, selbst Ex-Profi, hat es nur gut gemeint, als er den Namen seines Klienten via Frankfurter Rundschau in die öffentliche Debatte warf und sofort Rückendeckung von
Deutschland hat ausreichend Torhüter
Wenn Marc-André ter Stegen nicht mehr rechtzeitig zur Weltmeisterschaft im Sommer 2026 fit wird, sollte es in Deutschland ausreichend Torhüter geben (zum Beispiel Oliver Baumann von TSG Hoffenheim oder Alex Nübel vom VfB Stuttgart), die seinen Platz bei Bundestrainer
Die Latte hängt ja nach Neuers Leistungen von 2018 und 2022 nicht besonders hoch. Und machen wir uns nichts vor: Wenn der Ex-Kapitän zur Mannschaft zurückkehrt, ändert das auch die Hierarchie im Team. Dieselben Spieler, die jetzt Verantwortung übernehmen sollen, verstecken sich dann hinter ihm.
Aber genau das Gegenteil muss passieren: Nach dem Mist-Sommer 2025 mit drei Länderspiel-Pleiten in Folge und dem schmeichelhaften 3:1 in der WM-Quali gegen Nordirland brauchen wir keinen neuen Torhüter, sondern Feldspieler, die auf dem Rasen das Kommando führen und Leadership zeigen.
Die plötzliche Torhüter-Diskussion lenkt nämlich nur vom eigentlichen und wahren Problem ab: Uns Deutschen fehlen Führungsfiguren mitten auf dem Rasen und nicht hinten im Fünfmeterraum. Zumindest hängt das WM-Abschneiden jetzt nicht allein davon ab, ob Manuel Neuer einen strammen Schuss mehr hält als sein Konkurrent.
Rückholaktionen beim DFB liefen meistens schief
Zumal: Rückholaktionen liefen beim DFB meistens schief. Berti Vogts, damals Bundestrainer, wollte 1998 seine Haut bei der WM in Frankreich retten, als er Weltmeister Lothar Matthäus zum Comeback überredete. Auch dieses Turnier endete wie vier Jahre zuvor im Viertelfinale vorzeitig.
Das Gegenargument Toni Kroos greift nicht. Ja, er sortierte, als er voriges Jahr zurückkam, Julian Nagelsmanns EM-Mannschaft im Mittelfeld. Die Aktion geschah in größter Not, weil Deutschland bei einem Heimturnier ins Desaster zu laufen drohte. Nur: Das vorzeitige EM-Aus verhinderte auch er nicht.
Manuel Neuer, frisch verheiratet, ist selbst übrigens gar nicht erpicht darauf, seinen Sommerurlaub nächstes Jahr für ein Fußballabenteuer mit offenem Ausgang in den USA, Mexiko und Kanada zu opfern. Er sagte: "Es war eine bewusste Entscheidung von mir, dass ich bei der Nationalmannschaft jetzt nicht mehr dabei bin und auch zurückgetreten bin."
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Er schob in seiner Stellungnahme noch ein "derzeit" dazwischen, damit ihm alle Optionen erhalten bleiben. Doch er spürt wohl selbst: Seine Zeit beim DFB ist vorbei. Ein "Zurück in die Zukunft" könnte Nagelsmann vielleicht kurzfristig helfen. Der langfristige Erneuerungsprozess aber wäre ruiniert.
Über den Autor
- Pit Gottschalk ist Journalist, Buchautor und ehemaliger Chefredakteur von SPORT1. Seinen kostenlosen Fußball-Newsletter Fever Pit'ch erhalten Sie hier.
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