Die Paralympischen Spiele von Paris wurden für Leon Schäfer zu einem Fiasko und auch Olympia 2028 wirft bereits einen unangenehmen Schatten voraus. Doch Schäfer bleibt vor der WM optimistisch.

Nach der größten Enttäuschung seiner Karriere suchte Leon Schäfer Abstand vom Sport. "Ich habe nach Paris eine Weile gebraucht, um das Ganze zu verdauen. Ich war dreieinhalb Monate weg von der Bahn", erzählt der Para Leichtathlet dem SID rückblickend. Doch er habe sich nach seinen bitteren vierten Plätzen im Weitsprung und über 100 m "gut erholt, die Lehren daraus gezogen und im Endeffekt neue Kraft gewonnen".

Das war mit Blick auf die am Freitag startenden Weltmeisterschaften in Neu-Delhi auch dringend nötig, schließlich hatte der 28-Jährige im Frühsommer noch einen weiteren Tiefschlag zu verkraften. Der Weitsprung-Wettbewerb seiner Startklasse wurde für Los Angeles 2028 aus dem paralympischen Programm gestrichen - eine Medaillenchance fällt weg. "Es kam überraschend für jeden", erzählt Schäfer: "Wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt, es gab keine Erklärung oder Begründung."

"Sicher, dass diese Entscheidung so nicht bleiben wird"

Er lasse das aber (noch) nicht an sich heran. "Ich habe das Ganze nicht zu sehr gewichtet und tue das immer noch nicht", führt Deutschlands Para Sportler des Jahres 2023 aus: "Ich weiß, dass es erstmal offiziell ist. Aber ich bin mir so sicher, dass diese Entscheidung nicht so bleiben wird." Hoffnung mache ihm, dass Gastgeber USA mit "Posterboy" Ezra Frech in jenem Weitsprung-Wettbewerb auch einen Medaillenkandidaten in seinen Reihen hätte.

Unabhängig von der Paris-Enttäuschung und der folgenden Widrigkeiten schaltet Schäfer für die WM in den Attackemodus. "Körperlich bin ich so fit wie nie. Ich habe nochmal eine Schippe draufgelegt zu letztem Jahr", betont der einseitig Oberschenkel-amputierte Titelverteidiger im Weitsprung und über 100 m. Er sei "ein Gewinnertyp, liebe die Competition und fahre nicht hin, um zu verlieren. Gewinnen ist immer mein Ziel. Ich gewinne sehr, sehr gerne."

Scheitern als Anlass für Veränderung

Die bitteren Momente als gescheiterter Topfavorit im Stade de France nahm der extrovertierte Sportler zum Anlass für Veränderungen. "Ich habe verstanden, dass es nicht nur drum geht, hart und viel zu arbeiten, sondern smart zu arbeiten", erklärte der fünfmalige Weltmeister: "Dieses hart und viel Arbeiten habe ich bislang meine gesamte Leichtathletik-Karriere gemacht. Ich denke, wenn man älter wird, geht es mehr darum, smart zu arbeiten und zu wissen, was mein Körper braucht."

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Auch die in Paris so verhängnisvolle Tüftelei an der Prothese kurz vor dem Großereignis will der einst talentierte Nachwuchsfußballer künftig lassen. Zudem mache er sich mittlerweile mental "ein bisschen frei von Weiten und Zeiten", weil er sich keine "Limits" setzen wolle. "Das bedeutet nicht weniger Effort", so Schäfer, "sondern ich setze mir selbst keine Grenzen." Gute Voraussetzungen für die Zeiten- und Weitenjagd in Neu-Delhi. (sid/bearbeitet von ska)