Die elfte Etappe der Tour wird hektisch. Wenige Kilometer vor dem Ziel stürzt Tour-Favorit Tadej Pogacar. Der Verursacher entschuldigt sich schnell – und beklagt den Hass, der nach dem Unfall auf ihn einprasselt.

Kurz vor dem Ende der elften Etappe der Tour de France kam es zu einem Schreckmoment: Tour-Favorit Tadej Pogacar stürzte nur rund vier Kilometer vor dem Ziel in Toulouse.

Der Hauptbeteiligte Tobias Johannessen, der den Sturz natürlich völlig unabsichtlich verursacht hatte, entschuldigte sie schon kurz nach dem Rennen. "Es tut mir schrecklich leid, was passiert ist", schrieb der Norweger vom Team Uno-X Mobility auf der Plattform X: "Ich hoffe, es geht ihm so gut, wie es einem nach solch einem Sturz gehen kann."

"Ich wünsche niemandem diese Anzahl an Drohungen, die ich erhalten habe."

Radprofi Tobias Johannessen

Pogacar hatte sich in der Endphase des hektischen Tagesabschnitts am Hinterrad von Johannessen, der seine Fahrlinie verlassen hatte, aufgehängt und war zu Fall gekommen. Johannessen sprach von einem "Fehler". "Es fühlt sich scheiße an", führte er aus und beklagte gleichzeitig massive Anfeindungen gegen ihn. "Ich wünsche niemandem diese Anzahl an Drohungen, die ich erhalten habe. Es tut mir sehr leid, aber ich bin auch erschüttert von all dem Hass", schrieb der 25-Jährige: "Das ist sehr beängstigend."

Pogacar reagiert auf Entschuldigung des Konkurrenten

Wenig später meldete sich Pogacar dann nochmals selbst zu Wort, mit einer deutlichen Ansage kritisierte er diejenigen, die Johannessen die Hassnachrichten geschickt hatten: "Hey Kumpel, alles gut!", sagte Pogacar in einem Video von Teamkamerad Tim Wellens an Johannessen gewandt in die Kamera. "Stress dich nicht. (...) Leute, hört auf, ihm einen Vorwurf zu machen! Alles ist gut, es war eine normale Rennsituation. Wir kämpfen weiter."

Direkt nach dem Rennen wirkte Pogacar jedenfalls erleichtert, als er seinen Konkurrenten um den Sieg bei der Tour de France nacheinander die Hände reichte. Auch der deutsche Hoffnungsträger Florian Lipowitz schüttelte die Hand des Titelverteidigers. Der slowenische Ausnahmefahrer erreichte trotz des Sturzes halbwegs unversehrt die Konkurrenten, die extra auf ihn gewartet hatten.

Pogacar zeigte sich im Anschluss anerkennend: "Respekt an das Hauptfeld, Respekt an jeden. Danke", sagte der 26-Jährige nach einem Funkspruch seines Teams auf die Frage, ob alles in Ordnung sei. "Mir geht es gut, ein bisschen angeschlagen. Aber wir haben schon schlimmere Tage erlebt", sagte er später noch.

Pogacar: "Ich hatte Angst, als ich den Bürgersteig sah"

"Wir waren am Limit und ein Fahrer hat entschieden, von links nach rechts zu ziehen, er hat mich nicht gesehen und komplett geschnitten", sagte er. Und weiter: "Ich hatte Angst, als ich den Bürgersteig sah, dass ich direkt mit dem Kopf auf den Bürgersteig stürze. Zum Glück ist meine Haut hart und hat mich vor dem Bürgersteig aufgehalten", sagte der gewohnt lässige Top-Athlet.

Der dreimalige Tour-Champion sorgte damit für einen echten Schreckmoment, den er selbst jedoch schnell abschüttelte. Er legte seine herausgesprungene Kette wieder ein – und die Fahrt ging weiter. Mit einigen Kratzern konnte er danach wieder aufschließen.

Pogacar ohne ernsthafte Verletzungen

Er habe "glücklicherweise keine ernsthaften Verletzungen erlitten. Keine Gehirnerschütterung oder Knochenbrüche", sagte Adrian Rotunno, Teamarzt von UAE Emirates-XRG: "Er hat einige allgemeine Prellungen und Abschürfungen am linken Unterarm und an der Hüfte, ist aber ansonsten in Ordnung." Pogacar könne das Rennen aus medizinischer Sicht fortsetzen.

Tadej Pogacar
Die Spuren seines Sturzes waren bei Tadej Pogacar (M.) deutlich zu sehen. © IMAGO/Belga/DIRK WAEM

"Ich habe es gar nicht richtig mitbekommen, aber wir haben dann das Tempo auf jeden Fall etwas rausgenommen. Das gehört auch im Radsport dazu, dass man das macht", sagte der deutsche Hoffnungsträger Florian Lipowitz der ARD.

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Für Pogacar und Co. geht es am Donnerstag mit der zwölften Etappe (hier im Live-Ticker) weiter – dann wird sich zeigen, wie gut der Tour-Favorit den Sturz kurz vor dem Ziel weggesteckt hat. (dpa/sid/bearbeitet von jum und ms)