Was war das für eine aufregende Woche! Für Sie nicht? Für Tom Kaulitz aber schon, wie er in der neuesten Ausgabe seines Podcasts "Kaulitz Hills" erzählt. Sollte Sie Tom Kaulitz’ aufregende Woche allerdings gar nicht interessieren, habe ich schlechte Neuigkeiten für Sie: Da müssen Sie durch. Sagt Tom Kaulitz.

Christian Vock
Eine Satire
Diese Satire stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

"Ich bin irgendwie emotional aufgeladen", verrät Tom ohne Umschweife, was zu mindestens zwei Fragen führt. Was ist ein Umschweif und warum hat ihn Tom vergessen? Ich kann dazu, ebenfalls ohne Umschweife, sagen: Ich weiß es nicht und bin wegen Toms emotionaler Aufgeladenheit emotional zu aufgeladen, um nachzuschlagen. Alles, was ich ohne Umschweife zu Umschweifen sagen kann, ist, dass es bestimmte Wörter gibt, die man nur in Redewendungen verwendet, und zu diesen gehört Umschweife ebenso wie Tuchfühlung, Schießhund oder Hungertuch.

Zum Grund für Toms emotionale Aufgeladenheit kommen Tom und Bill allerdings mit Umschweifen, denn zuvor wollen die beiden erst einmal berichten, mit welchen Alkoholika sie sich in der Vergangenheit, gerade eben und in Zukunft den Helm lackieren. Für alle, für die lediglich das Ergebnis zählt, hier ohne Umschweife die Lösung: Bill mit Rum in Berlin, Tom mit Tequila in Los Angeles. Tom kämpft zwar mit dem Handicap, dass es in L.A. wohl gerade erst 7 Uhr morgens ist, aber Tom ist am Glas eben ein Kämpfer.

Doch nun endlich zu Toms Gemütszustand. "Wir hatten so ein tolles Konzert", erzählt der Tokio-Hotelier und meint damit das 20-Jahre-Jubiläumskonzert seiner Band in Berlin. Was genau die Band dort jubiliert hat, erwähnt er nicht und wenn doch, habe ich es vergessen. Es könnten also 20 Jahre Tokio Hotel, 20 Jahre "Durch den Monsun" oder 20 Jahre Bartwuchs gewesen sein, Sie mögen mir meine Unwissenheit verzeihen. Im Verzeihen müssen Sie ohnehin diesmal groß sein, aber das liegt nicht an mir, sondern an Tom. So ehrlich müssen wir schon sein.

Hier wird sogar Lob gelobt

Über den scheinbar unvermeidlich kommenden Konzertbericht erklärt Tom nämlich: "Ich hasse ja Selbstbeweihräucherung, und wahrscheinlich alle, die jetzt nicht da sein konnten, denken so: 'Ja, jetzt redet über was anderes, ich hab da keinen Bock, irgendwie noch …' aber ihr müsst da jetzt durch." Das sind eine Menge Informationen und nicht alle sind korrekt, daher versuchen wir doch einmal, ein bisschen Ordnung in Toms Gedanken zu bekommen. Gerade bei emotionaler Aufladung ist mentale Ordnung wichtig.

Also: Dafür, dass Tom Selbstbeweihräucherung hasst, kriegen er und Bill diese Selbstbeweihräucherung im Folgenden ganz gut hin. So gut, dass ich den Verdacht habe, dass die beiden darin doch geübter sind, als sie hier zugeben. Sie loben sich selbst, sie loben sich gegenseitig, sie lesen die Lobesmails Dritter vor, damit deren Lob nicht untergeht, sie loben ihre Fans wegen deren Unterstützung und sie loben sogar "die Presse", weil die Tokio Hotel gelobt hätte.

Dieses Lob der Presse scheint besonders überraschend, denn "die versuchen ja immer mal, dir einen reinzuwürgen", wie Bill behauptet. Das klingt für mich zwischen all dem Lob wie eine Kritik, und die kann ich absolut nachvollziehen. Denn es gibt doch tatsächlich Journalisten, die kritisieren andere, wenn die Mist bauen. Das machen die sogar ständig: Politiker, Nazis, Nazi-Politiker, Unternehmen, Organisationen, Funktionäre und ja, manchmal sogar Promis. Was bilden sich diese Presse-Leute bloß ein! Die tun ja so, als wäre das ihr Job.

Toms vs. mein Highlight der Woche

Aber lassen Sie uns nicht weiter über diese furchtbare Presse sprechen, sondern lieber wieder über Toms emotionale Aufgeladenheit und was die für uns bedeutet. Denn Tom hatte ja behauptet, man müsse durch seine verhasste Selbstbeweihräucherung nun einmal durch. Das ist nicht ganz korrekt. Ich glaube nämlich nicht, dass Tom von diesem Konzert erzählen muss. Er ist ja ein freier Mensch, niemand zwingt ihn, diese Geschichte zu erzählen, ich am wenigsten. Ich würde es sogar begrüßen, würde er schweigen.

Denn Toms angeblicher Erzählzwang ist reichlich unfair. Zwar muss sich tatsächlich niemand seine Selbstbeweihräucherung anhören, aber sollte man aus irgendwelchen Gründen darauf stehen, sich Geschichten anzuhören, die angetrunkene Musiker um 7 Uhr morgens erzählen, hat man nicht viel Auswahl. Tom nutzt damit also seine Monopolstellung aus, und ich frage mich, ob das nicht ein Fall fürs Kartellamt ist. Ich werde da gleich mal durchklingeln, denn bei einem so schweren Verdacht lasse ich auch nicht Toms Ausreden durchgehen.

Tom erzählt nämlich, er sei "mega aufgeregt gewesen", das Konzert sei "für uns natürlich jetzt das Highlight der letzten Woche" gewesen. Mein Highlight der letzten Woche waren Salzgebäck und Nüsschen. Die hatte ich mir nämlich als Sättigungsbeilage zum Schreiben dieser Kolumne gekauft. Das Salzgebäck war eine gute Idee, die Nüsschen eine schlechte. Normalerweise lasse ich die Nüsschen weg, aber diesmal dachte ich mir: Heute wird gelebt. Ein Gedanke, der umso schneller verblasst, je tauber mir die Zunge wegen der Nussallergie wird, dich ich wegen meiner emotionalen Aufgeladenheit vergessen hatte.

Noch mehr fantastische Neuigkeiten

Aber anders als Tom, sehe ich keinen Grund, Ihnen davon zu erzählen, nur weil es mein Highlight der Woche war. Bei mir muss niemand durch etwas durch müssen. Das ist für mich auch ein Servicegedanke. Toms Podcast ist nämlich, wie diese Kolumne auch, für den Empfänger gedacht, nicht für den Sender, da müssen persönliche Bedürfnisse hinten anstehen. Das gilt übrigens auch für Bill, denn der behauptet nach der Selbstbeweihräucherung dreist: "Es gibt noch andere fantastische Neuigkeiten" und erzählt dann: "Mein Pool hat endlich Wasser."

Nur zur Einordnung: "Russland zieht sich aus der Ukraine zurück", "Klimakrise so gut wie gestoppt" oder auch "So sehen die Frisuren der Ehrlich Brothers nicht mehr aus" – das sind fantastische Neuigkeiten. Aber nicht, dass der Pool eines Superreichen im von Waldbränden und Dürre geplagten Kalifornien endlich Wasser hat. An dieser Stelle würde ich mit Bill und Tom doch gerne noch einmal über Alkoholkonsum am frühen Morgen sprechen.

Empfehlungen der Redaktion

Aber Bill und Tom sind in ihrem Nachrichteneifer gar nicht mehr zu bremsen, und so berichten die beiden Brüder noch, dass sie Kinder und Teenager eher duzen als siezen würden, dass es Leute gibt, die Nacktwandern betreiben, dass Tom und Toms Frau, sind die Kinder aus dem Haus, dort gerne ebenfalls nackt herumlaufen und dass sich Patricia Blanco in einer Trash-TV-Show vor laufender Kamera von einem Promi-Kollegen die Nasenhaare hat trimmen lassen. Und schon klingt Toms Konzert-Geschichte gar nicht mehr so uninteressant.