Borussia Dortmund kauft sich mit Andriy Yarmolenko keinen reinen Dembélé-Nachfolger. Sondern einen Angreifer, der auch Pierre-Emerick Aubameyang ersetzen könnte.

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Die ukrainische Flügelzange ist jetzt im Pott vereint. Also fast vereint. Yevhen Konoplyanka unternimmt ja derzeit beim FC Schalke 04 einen recht vielversprechenden Neuanfang und schon in wenigen Tagen wird ihm sein kongenialer Partner aus der Nationalmannschaft ins Ruhrgebiet folgen.

Mit dem Kauf von Andriy Yarmolenko hat Borussia Dortmund eine jahrelange Jagd nun doch noch erfolgreich abgeschlossen. 2015 und 2016 sollen die Verhandlungen schon recht weit, Yarmolenko einmal sogar schon in Dortmund zur Häuserbesichtigung gewesen sein. Dynamo Kiews Präsident und Gönner Ihor Surkis erwies sich aber als unüberwindbarer Verhandlungspartner für den BVB.

Es halten sich die Gerüchte, dass Dynamo wegen Surkis' eingefrorener Bankkonten derzeit mit finanziellen Problemen zu kämpfen habe. Vielleicht bekam der BVB deshalb so geräuschlos den Zuschlag.

Transfer lange geplant

25 Millionen Euro soll Yarmolenko jetzt kosten. Das klingt erstmal nach einer Menge Geld. Yarmolenko ist damit nach Andre Schürrle, Henrikh Mkhitaryan und Marcio Amoroso der viertteuerste Zugang der Dortmunder Vereinsgeschichte.

Andererseits sind 25 Millionen Euro in diesen verrückten Zeiten ein recht moderater Kaufpreis und vor dem Hintergrund der Dortmunder Rekordeinnahmen aus dem Dembélé-Transfer fast schon eine Kleinigkeit.

Andriy Yarmolenko ist ein sehr spezieller Spieler. Fast ein Jahrzehnt hat er jetzt bei seinem Heimatklub Dynamo Kiew gespielt, hat allen Verlockungen des Westens widerstanden.

Für Dynamo hat Yarmolenko 339 Pflichtspiele absolviert und dabei 226 Scorerpunkte gesammelt (137 Tore, 89 Assists).

"Er ist ein Spieler, den wir schon seit langer Zeit verfolgen und der sowohl auf Vereinsebene als auch in Diensten der ukrainischen Nationalmannschaft für Fußball auf Topniveau steht", sagt Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc.

Der hatte den Transfer zusammen mit Chefscout Sven Mislintat von langer Hand vorbereitet, sodass am Ende alles ganz schnell und reibungslos über die Bühne gehen konnte.

Vergleiche mit Robben

Yarmolenkos Profil ist vollständig: Der Ukrainer ist schnell, wendig und bei 1,89 Metern Körpergröße trotzdem robust. Er spielt mal auf dem Flügel, mal im Zentrum. Am besten aufgehoben scheint er aber auf der Position des Rechtsaußen - so wie Dembélé. Das war es dann aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten, ein echter Dembélé-Ersatz ist Yarmolenko nicht.

Dafür ist sein Spiel nicht filigran genug, nicht ganz so versiert im Dribbling. Yarmolenko lebt eher von seiner Wucht und Dynamik, er ist ein zielstrebiger Spieler, schnörkellos und kalt im Abschluss. Und er ist nach knapp zehn Jahren im Profifußball ungeheuer erfahren. In der Ukraine wird er gerne mit Arjen Robben verglichen - wegen des "Robben-Moves", wenn Yarmolenk als Linksfuß von der rechten Außenbahn in die Mitte schneidet, um dann abzuschließen.

Ein Aubameyang-Ersatz?

Die Borussia hat sich eine Mischung aus Dembélé und Piere-Emerick Aubameyang eingekauft.

Spätestens nach dem Abgang von Adrian Ramos im letzten Winter fehlte Dortmund ein kantiger Keilstürmer, der in gewissen Spielsituationen an der Seite oder anstelle von Aubameyang hätte stürmen können.

Jetzt ist dieser Ersatz endlich da - wobei die Sache mit dem "Ersatz" noch bis Donnerstag auf zweierlei Arten interpretiert werden könnte.

Erst wenn das Transferfenster in der Bundesliga endlich schließt und Aubameyang dann immer noch Spieler des BVB ist, wäre Yarmolenko ein Ersatz im Sinne von Ergänzung zu Aubameyang.

Alle anderen Szenarien, die die Borussia zuletzt brüsk von sich wieß, würden eine andere Lesart bedeuten. Aber dass der Gabuner so unvermittelt doch noch einen Abgang macht, scheint momentan fast ausgeschlossen.

Zusammen mit Christian Pulisic, der in vielen seiner Qualitäten an Dembélé erinnert, hat der BVB den Abgang des Franzosen halb intern und halb extern kompensiert und dank Yarmolenkos Stärken sogar noch einen zusätzlichen Mittelstürmer dazu gewonnen.

Gedrängel um die Plätze

Trainer Peter Bosz bieten sich deshalb noch mehr Alternativen.

Was auf lange Sicht unweigerlich auch zu harten Personalentscheidungen führen wird. Der BVB ist in der Offensive nicht nur qualitativ überdurchschnittlich besetzt, sondern auch quantitativ.

Shinji Kagawa, Gonzalo Castro, Alexander Isak, Maximilian Philipp und Mario Götze kämpfen derzeit schon um die begrenzten Plätze. Auch Emre Mor ist immer noch Teil des Kaders, der Türke hat noch keinen passenden neuen Klub gefunden.

Und im Wartestand befinden sich Hochkaräter wie Andre Schürrle und Marco Reus.

Aubameyang ist gesetzt, Pulisic ist seiner derzeitigen Verfassung auch. Vielleicht erkämpft sich Götze diesen Status nach und nach ebenfalls wieder zurück. Alle anderen sind Teilzeitarbeiter. Auch Yarmolenko wird sich erstmal beweisen müssen.

In der Ukraine war die heimische Liga eine Zwei-Team-Veranstaltung, der Titel wurde zwischen Dynamo und dem ewigen Rivalen Schachtjor Donezk vergeben.

Dazu kamen die politischen Wirrungen und die Reduzierung der Liga von 16 auf zwölf Teams.

Yarmolenko wird sich an das gehobene Niveau der Bundesliga gewöhnen.

In Bosz‘ 4-3-3-System jedenfalls ist für einen Spieler mit seinen Qualitäten eine Planstelle als Mittelstürmer-Flügelstürmer-Hybrid zu vergeben. Andriy Yarmolenko muss jetzt nur noch zugreifen.

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