Präsident Reinhold Lunow will offenbar BVB-Boss Hans-Joachim Watzke stürzen. Das hat Konsequenzen. Nun droht dem BVB ein Schicksal wie 1860, Hertha und Schalke.

Pit Gottschalk
Eine Kolumne
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Man darf nicht dem Glauben erliegen, dass Paris Saint-Germain zu einem Klub auf Armenrecht geschrumpft ist. 700 Mio. Euro investierte der Katar-Fonds in den vergangenen zwei Jahren in seinen Klub, damit Trainer Luis Enrique die Champions League 2025 gewinnen konnte.

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Die Namen seiner aktuellen PSG-Profis klingen nicht mehr ganz so prominent wie einst Messi, Neymar oder Mbappé, aber das Erscheinungsbild ist eine optische Täuschung.

"Der gefeierte Teenager Désiré Doué hat 50 Millionen gekostet, der im Winter schnell nachverpflichtete Chwitscha Kwarazchelia 70 Millionen", notierte der Sport-Informationsdienst (SID) nach dem Finaltriumph über Inter Mailand (5:0) und zeigte mit dem Finger auf den PSG-Präsidenten, der das Kleingeld aus Katar locker macht: "In Person von Nasser Al-Khelaifi steht Paris Saint-Germain für das Schlechte im Fußball."

BVB-Präsident Lunow will Watzke rausdrängen

Moneten und Machenschaften im internationalen Fußball begegnet man am besten mit Management. Borussia Dortmund zum Beispiel hat keinen Ölstaat im Kreuz, der den Laden durchfinanziert und Financial Fairplay austrickst.

Trotzdem kam der BVB mit seinen branchenüblichen Bordmitteln genau so oft ins Champions-League-Finale wie Nasser Al-Khelaifi in seinen jetzt 14 Jahren bei Paris Saint-Germain: zweimal.

Das ist eine Leistung, die man manchmal vergisst, wenn Borussia Dortmund Trainer verschleißt, Formdellen schönredet oder Meisterschaften vergeigt. In zwei Jahrzehnten hat Geschäftsführer Hans-Joachim "Aki" Watzke seinen BVB wetterfest aufgestellt - einen Verein mit Leidenschaft, der Leiden schafft, und kein Konstrukt. Man versteht deshalb nicht ganz, was BVB-Präsident Reinhold Lunow gerade treibt.

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BVB-Präsident braucht Fußballkenntnisse

Lunow will Watzke aus dem Verein drängen. Abgemacht war, dass Watzke aus der Geschäftsführung ausscheidet und im Spätherbst BVB-Präsident wird. Nun die Kehrtwende: Lunow will sein Amt doch nicht für Watzke räumen und kündigte seine erneute Kandidatur an.

Der Wortbruch könnte zwangsläufig dazu führen, dass Watzke mit seinen 66 Jahren Schluss beim BVB macht. Er, der das Geschäft im Verein, beim DFB und bei der Uefa wie kein zweiter Sportfunktionär in Deutschland kennt.

Lunow dagegen ist Mediziner und Klinikchef, was sicherlich ehrenvolle Berufe sind, jedoch keine, um einen Multimillionen-Fußballverein zu führen und gegen Scheich-Klubs aufzustellen.

Da braucht ein Präsident Fußballkenntnisse, um beispielsweise die Geschäftsführung auszusuchen, Kader-Feedback zu geben, Strategie-Fragen zu klären. Noch nie in seinen vielen BVB-Jahren ist Lunow mit relevanten Gedanken zur Bundesliga aufgefallen.

Watzke bietet ausreichend Angriffsfläche

Darin liegt ein großes Risiko. Auch bei 1860 München, Hertha BSC oder Schalke 04 rüttelten Besserwisser an der bewährten Hierarchie. Man muss nur auf die Tabellen schauen, wohin der Irrweg führte: in die Zweit- und Drittklassigkeit.

Ja, Watzke bietet ausreichend Angriffsfläche, einiges muss man kritisch sehen. Aber in welchem Verein ist das nicht so? Und wie viele Vereine erreichten dennoch zehnmal in Folge die Champions League?

Wenn Lunow mit seinem Ego-Trip durchkommt und den verabredeten geschmeidigen Generationswechsel an der Vereinsspitze gefährdet, stehen Borussia Dortmund unruhige Zeiten bevor.

Dann geht es nicht mehr darum, ob man Paris Saint-Germain oder Manchester City den Einzug ins Europapokal-Endspiel streitig macht oder den Bayern die Stirn bietet. Dann geht es darum, überhaupt noch die Qualifikation zur Champions League zu schaffen.

Über den Autor

  • Pit Gottschalk ist Journalist, Buchautor und ehemaliger Chefredakteur von SPORT1. Seinen kostenlosen Fußball-Newsletter Fever Pit'ch erhalten Sie hier.
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