Das Bundeskartellamt hat zwar nichts gegen die 50+1-Regel an sich der Profifußball wird dennoch zu Nachbesserungen aufgefordert. Im Fokus stehen Bayer Leverkusen und der VfL Wolfsburg sowie RB Leipzig und Hannover 96.

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Kompromiss oder Klagen: Der deutsche Profifußball muss seine Grabenkämpfe beenden und sich zusammenraufen, wenn die 50+1-Regel Bestand haben soll. Obwohl das Bundeskartellamt "keine grundlegenden Bedenken" gegen die sogenannte Investorensperre sieht, hat die Behörde der Deutschen Fußball Liga (DFL) drei Aufgaben ins Stammbuch geschrieben, die reichlich Zündstoff bergen. Die unterschiedlichen Lager innerhalb der 36 Erst- und Zweitligisten sind zu einem Konsens verdammt, wenn sie juristische Auseinandersetzungen verhindern wollen.

Das Kartellamt kommt bei seiner am Montag veröffentlichten "vorläufigen kartellrechtlichen Bewertung" zum Schluss, dass der Fußball in drei Bereichen kräftig nachjustieren muss. Mit Blick auf die Ausnahmeklubs Bayer Leverkusen und VfL Wolfsburg, die Mitgliederproblematik bei RB Leipzig sowie hinsichtlich der Auseinandersetzung um klubinterne Weisungen (Hannover 96/Martin Kind) sollte die DFL neue Regelungen schaffen. Immerhin räumte das Amt ein, dass aufgrund der "wirtschaftlichen und sportlichen Bedeutung" ein "längerer Übergangszeitraum" für die Umsetzung gerechtfertigt sei.

Das DFL-Präsidium will sich dennoch so rasch wie möglich mit der Thematik beschäftigen, um einen Kompromissvorschlag zu erarbeiten. Das dürfte allerdings schwierig werden. In der Vergangenheit standen sich die Lager oftmals unversöhnlich gegenüber das weiß auch 50+1-Verfechter Hans-Joachim Watzke.

"Die 50+1-Regel ist elementarer Bestandteil des deutschen Fußballs. Das DFL-Präsidium wird sich weiter für den Schutz und den Fortbestand der Regel einsetzen", ließ sich der DFL-Präsidiumssprecher zitieren. "Klar ist: Der gesamte Ligaverband DFL e.V. wird Lösungen finden müssen, um die Regelung gemeinschaftlich abzusichern und zu stärken."

Fan-Organisation "Unsere Kurve" begrüßt Mitteilung des Bundeskartellamts

Applaus kam derweil von den Fans, die Organisation "Unsere Kurve" begrüßte in einer Mitteilung die Bewertung durch das Bundeskartellamt. Die Veröffentlichung untermauere die "Mitbestimmungsrechte der Mitglieder und Fans", der Spruch "Fußball gehört den Fans" sei kein leerer Slogan, sondern "Grundprinzip des deutschen Fußballs". Nun sei die DFL am Zug.

Am Handlungsbedarf gibt es nun wenigstens keine Zweifel mehr: Leverkusen (Mehrheit Bayer AG) und Wolfsburg (Mehrheit VW) brauchen ein anderes Konstrukt, um die Ungleichheit in Relation zu den anderen Klubs zu beenden. Leipzig muss garantieren, dass stimmberechtigte Mitglieder problemlos in den Verein eintreten dürfen. Und die DFL ist aufgefordert, dass Weisungen der Klubs an ihre Vertreter bei Abstimmungen umgesetzt werden.

"Die DFL muss unseres Erachtens für einheitliche Wettbewerbsbedingungen sorgen und die 50+1-Regel deshalb diskriminierungsfrei und konsequent anwenden. Maßgeblich wird erstens sein, dass die DFL bei allen Vereinen der Bundesliga und 2. Bundesliga gleichermaßen für offenen Zugang zur Mitgliedschaft und damit für die Mitbestimmung der Fans sorgt", sagte Kartellamts-Präsident Andreas Mundt. "Zweitens sollte die DFL sicherstellen, dass die Wertungen der 50+1-Regel auch bei ihren eigenen Abstimmungen beachtet werden. Drittens muss die DFL bei der vorgeschlagenen Änderung der Bestandsschutzregeln für die vormaligen Förderklubs nachbessern, denn die europäische Rechtsprechung legt hier jetzt einen strengen Standard an."

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Nachbesserungen könnten "auf verschiedene Art und Weise" erfolgen

Die DFL, Vereine und Investoren können Stellung nehmen. Das Kartellamt will die Empfehlungen im Anschluss finalisieren und das Verfahren dann einstellen. "Die 50+1-Regel erfüllt aktuell bei der weit überwiegenden Zahl der Klubs der Bundesliga und 2. Bundesliga das Gemeinwohlziel, breiten Bevölkerungsschichten mitbestimmende Partizipationsmöglichkeiten zu verschaffen", ließ die Behörde wissen. Die Nachbesserungen könnten "auf verschiedene Art und Weise" erfolgen.

Im Kern besagt die 50+1-Regel, dass der Mutterverein immer die Mehrheit bei einer ausgegliederten Profiabteilung halten muss. Das ganze Verfahren geht zurück auf eine Initiative des DFL-Präsidiums vom Juli 2018. Das Gremium hatte damals das Kartellamt angerufen, um kartellrechtliche Bedenken prüfen zu lassen. Im März 2023 hat die DFL zudem umfangreiche Verpflichtungszusagen vorgelegt, um 50+1 weiter zu stärken und eine abschließende Bewertung zu ermöglichen.

Das Kartellamt hatte unter dem Eindruck der neuen europäischen Rechtsprechung geprüft. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im Dezember 2023 ein Urteil zur Super League und zum Kartellrecht im Fußball gefällt. Damals hat der EuGH erstmals festgelegt, dass eine Ausnahme vom Kartellrecht nur für "sportverbandliche Regelungen" infrage kommt, die "nicht aus sich heraus besonders wettbewerbsschädlich sind". (SID/bearbeitet von lh)