Der Transfer ist perfekt: Im besten Fußballeralter verlässt Leroy Sané den FC Bayern, um sich Galatasaray Istanbul anzuschließen. Zumindest aus sportlicher Sicht ein Rückschritt, der auch Auswirkungen auf die WM 2026 haben könnte.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Michael Schleicher sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Die Bilder hatten etwas von einem Fiebertraum: Da steigt Bayern-Star Leroy Sané in der Nacht auf Donnerstag am Atatürk-Flughafen in Istabul aus seinem Privatjet – mit einem breiten Grinsen und einem gelb-roten Schal von Galatasaray Istanbul um den Hals. Trotz der späten Ankunft jubelten dem 29-Jährigen Hunderte Fans vor Ort zu, Sané löste innerhalb kürzester Zeit einen regelrechten Hype in der türkischen Metropole aus. Der Klub, bei dem Sané am Donnerstagnachmittag einen Dreijahresvertrag unterschrieben hat, streamte die Ankunft des deutschen Nationalspielers sogar live im Internet.

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Sané-Mania in Istanbul

Die Nachricht, dass Sané das Vertragsangebot des FC Bayern ablehnt, kam am Mittwochvormittag nicht mehr wirklich überraschend. Zu festgefahren war der Vertragspoker inzwischen. Dass Sané dann aber in in die türkische Süper Lig und nicht etwa in die englische Premier League wechselt, ist zweifelsohne eine Überraschung und ein Coup für den Rekordmeister der Türkei.

Bei seiner Ankunft in Istanbul gab Sané, der in München eher als wortkarg und zurückhaltend galt, freudig Auskunft über seinen Wechsel und die Gründe dafür. "Es gab viele Angebote. Aber Galatasaray als Ganzes hat mich sehr beeindruckt. Ich war sehr beeindruckt von der Atmosphäre, von der Größe des Klubs, davon, wie sehr sie mich wollten, wie viel Interesse sie an mir gezeigt haben. Deshalb bin ich bei Galatasaray", sagte Sané in die Dutzenden Mikrofone, die ihm von den Pressevertretern unter die Nase gehalten wurden.

Leroy Sané in Istanbul
Sané wurde bei seiner Ankunft in Istanbul von Hunderten Fans frenetisch gefeiert. © IMAGO/Anadolu Agency/Adem Kutucu

Sané bekommt lukrativen Dreijahresvertrag bei Galatasaray

Was Sané, der sich am Donnerstagmittag via Social Media offiziell von den Bayern-Fans verabschiedete, verständlicherweise verschwieg: Auch das Finanzielle dürfte ein nicht unwesentlicher Grund für seine Wechselentscheidung gewesen sein. Bei Galatasaray soll er Sky zufolge 15 Millionen Euro Jahresgehalt verdienen – netto versteht sich. Hinzu kommt ein millionenschwerer Unterschriftsbonus.

Am Geld scheiterte zuletzt auch die Verlängerung in München. Die Bosse um Sportvorstand Max Eberl sollen ihr Angebot zuletzt nochmal verbessert haben, indem sie die Verteilung des Gehalts umschichteten. Laut Galatasaray-Angaben erhält Sané ein garantiertes Nettogehalt von neun Millionen Euro pro Saison sowie einen Nettotreuebonus von 3 Millionen Euro pro Saison.

Die hohen Erwartungen konnte Sané in München nie erfüllen

Rückblick aufs Jahr 2020: Im damaligen Sommer wechselte Sané von Manchester City nach München – auch in der bayerischen Landeshauptstadt löste der Transfer einen Hype und eine Euphoriewelle unter den Bayern-Fans aus. Denn: Die Bundesliga war um einen echten Superstar reicher. Rund 50 Millionen Euro zahlte der deutsche Rekordmeister an Manchester City, für die "Skyblues" spielte er zuvor vier Jahre lang.

Mit hohen Erwartungen wurde Sané nach München geholt. Fünf Jahre später ist das Kapitel Leroy Sané beim FC Bayern beendet und es lässt sich festhalten: Die hohen Erwartungen konnte der mittlerweile 29-Jährige zu selten erfüllen. Für besonders kritische Beobachter sogar vielleicht nie.

In 220 Pflichtspielen für den FC Bayern erzielte Sané 61 Tore, 55 weitere Treffer bereitete er vor. Sein großes Problem, und das eigentlich in jeder Saison: fehlende Konstanz. Mal glänzte der Flügel-Star mit feinen Dribblings und sehenswerten Abschlüssen, jedoch nur für wenige Spiele. Über längere Zeit konnte Sané nie überzeugen, in jeder Spielzeit hatte er mindestens einen längeren Durchhänger, meistens waren es eher mehr.

Leroy Sané bei der Meisterfeier
Ein letztes Servus: Sané bei seiner letzten Meisterfeier auf dem Rathausbalkon in München. © IMAGO/Frank Hoermann/SVEN SIMON

Hinzu kam Sanés Mentalität, zumindest in der Außenbetrachtung. Denn häufig zeigte er sich auf dem Platz motivations- und lustlos. Ein Makel, den er zumindest gegen Ende seiner Bayern-Zeit korrigieren konnte, als er häufig auch mit nach hinten arbeitete und Bälle durch konsequentes Pressing wiedererkämpfen konnte.

Zuletzt wechselte Sané seinen Berater

Dennoch: Kaum einem anderen Spieler (beim FC Bayern) wurde in den vergangenen Jahren ein so hohes Potenzial wie Sané bescheinigt. Doch der 29-Jährige enttäuschte wiederholt, das schier unendlich wirkende Potenzial des DFB-Stars blieb zu häufig unausgeschöpft.

Zuletzt nahm die Beziehung zwischen Sané und dem FC Bayern eher unschöne Züge an. Monatelang zog sich der Poker um einen neuen Vertrag hin, Höhepunkt war Sanés Wechsel zur Berateragentur von Pini Zahavi - nur Stunden nachdem Sportvorstand Eberl die Vertragsverlängerung Sanes schon als so gut wie durch verkündet hatte. Der "geldgierige Piranha", wie ihn Uli Hoeneß, einst bezeichnet hatte, hat seinem neuen Star-Klienten nun zu einem besonders lukrativen Vertrag verholfen. Aus sportlicher Sicht ist der Wechsel in die Türkei jedoch ein massiver Rückschritt.

Denn vom deutschen Rekordmeister, der Saison für Saison hohe Ambitionen in der Champions League hat, wechselt Sané jetzt in die türkische Liga, die im internationalen Vergleich eher nur Mitläufer als Vorreiter ist. Gemunkelt wird, dass sich Sané einen Wechsel nach London gewünscht hätte. Ein Transfer in die Premier League kam allerdings nicht zustande, wohl auch aufgrund der finanziellen Forderungen des Spielers.

Ist für Sané jetzt möglicherweise sogar die WM 2026 in Gefahr?

Ein finanzieller Sprung, ein sportlicher Abstieg – so dürften spitzzüngige Kritiker den Wechsel von Sané zu Galatasaray bezeichnen. Ein Wechsel, der möglicherweise auch Auswirkungen auf die Weltmeisterschaft 2026 in Nordamerika haben könnte.

Denn in der Süper Lig bewegt sich der Flügelspieler nicht mehr wirklich im Sichtfeld von Bundestrainer Julian Nagelsmann, der mittlerweile bekannt dafür ist, bei seiner Kaderbesetzung vor allem aufs Leistungsprinzip zu bauen. Sané muss künftig regelmäßig mit starken Leistungen auf sich aufmerksam machen, um auch weiterhin Bestandteil des DFB-Teams sein zu können. Doch dafür braucht es vor allem eins: Konstanz. Und daran mangelt es dem manchmal so brilliant aufspielenden Sané wie wohl kaum einen anderen Spieler. Ob es in Istanbul in Sachen Konstanz anders laufen wird, darf zumindest bezweifelt werden.

Mit dem Wechsel könnte sich Sané also verzockt haben, zumindest aus sportlicher Sicht. Denn im besten Fußballeralter spielt der Ex-Bayern-Star künftig in einer eher bedeutungslosen Liga, bei einem Verein, der im Kampf um die Champions League nur wenig zu melden hat. Im schlechtesten Fall steht damit auch die WM-Teilnahme im kommenden Sommer auf der Kippe.

All das ist natürlich bisher nur Spekulation. Dennoch stellt sich angesichts der Umstände die Frage: Kann viel Geld all das im schlimmsten Fall aufwiegen? Die Antwort darauf kennt nur Sané selbst.

Leroy Sané wechselt zu Galatasaray Istanbul – ein nachvollziehbarer Schritt?
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