Das plötzliche Ende des geplanten Einstiegs eines externen Investors wirft ein paar grundsätzliche Fragen auf - auch nach den Führungsfiguren beim Dachverband und deren Zukunft.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Stefan Rommel sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Am Mittwoch, als plötzlich alles ganz schnell ging und doch sehr abrupt endete, war es wieder einmal an Hans-Joachim Watzke, die Scherben aufzukehren. Der oberste Funktionär des deutschen Fußballs richtete sich mit einem offiziellen Statement an die Öffentlichkeit – kurz nachdem er bündig und prägnant das Ende der Investoren-Suche der Deutschen Fußball Liga (DFL) verkündet hatte.

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"Der Deal ist tot", unterrichtete Watzke nach der Sitzung in der DFL-Zentrale in Frankfurt die anwesenden Journalisten. Es sei der Eindruck entstanden, die Mehrheit der Klubs der ersten und zweiten Liga stünde nicht mehr hinter dem Beschluss und es könnte womöglich zu einer Zerreißprobe kommen.

Die massiven Proteste der aktiven Fanszene in Deutschland - übrigens auch in Ligen unterhalb der Bundesliga und der zweiten Liga - hatte zuletzt immer noch mehr Klubs dazu bewegt, für eine neue Abstimmung zu plädieren. Der Druck auf das Gremium erhöhte sich so stark, dass die Entscheidung letztlich wohl alternativlos war.

Watzke: "Müssen jetzt einfach mal ganz neu anfangen"

Das Ergebnis ist, dass es kein Ergebnis gibt. Zumindest nicht für die Verfechter des Investoren-Deals. Stattdessen stehen einige immer noch drängende Fragen im Raum. Unter anderem jene, ob das nun eine endgültige Entscheidung sein kann oder der Dachverband in der Zukunft noch einmal einen ähnlichen Vorstoß wird wagen können oder wollen.

"Dieses Thema mit einem Partner, der sich an einer Tochtergesellschaft beteiligt oder so, das werden wir nicht weiter verfolgen", sagte Watzke in Bezug auf den Einstieg eines externen Geldgebers: "Wir müssen jetzt einfach mal ganz neu anfangen."

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Was aber nicht automatisch bedeutet, dass das auch in (naher) Zukunft noch so bleiben muss. "Eins ist natürlich klar: Die allermeisten werden schon sehen, dass wir irgendwie was machen müssen, wenn wir uns im Ausland als Bundesliga auch ein bisschen besser präsentieren wollen oder besser vermarkten wollen", ließ Watzke noch verlautbaren und damit eine Hintertüre offen.

Nächste Schlappe für Watzke

Watzke ist Sprecher des DFL-Präsidiums und so etwas wie das markanteste Gesicht der gescheiterten Kampagne. Und nun um eine Niederlage reicher. Als DFB-Vizepräsident hatte er die mit großen Hoffnungen gestartete "Task Force" noch annähernd an ihr Ziel gebracht, nur ein paar Monate hielt der Zusammenschluss führender und unter anderem von Watzke ausgewählter Granden des deutschen Fußballs.

Danach geriet Watzke schwer in Bedrängnis, als er sich zwar ausgesprochen populistisch, aber offenbar wenig kenntnisreich über die Reform der deutschen Nachwuchsausbildung und ihrer Förderstrukturen ausließ.

Nun also die nächste herbe Klatsche für eine der treibenden Kräfte an der Umsetzung des Investoren-Einstiegs bei der DFL, der ja bereits im vergangenen Mai schon einmal gescheitert war. Und sich einreiht in die Liste von Watzkes Leuchtturmprojekten, die zuletzt erstaunlich oft floppten.

Die Hoffnungen bleiben vorerst unerfüllt

Eine der vielen Erkenntnisse des verhinderten Einstiegs einer sogenannten "Private Equity"-Firma dürfte sein, dass es nicht mehr nur die Gremien oder deren führende Köpfe sind, die die Entscheidungen im deutschen Fußball treffen. Ob transparent oder in den viel zitierten Hinterzimmer-Deals. Vielmehr haben eine enge Gemeinschaft - in diesem Fall die aktiven Fanszenen in Deutschland - und deren Haltung auch ein großes Wort mitzureden.

Was wiederum für die Protagonisten der Verbände kein besonders erquickliches Fazit ist. Weder für Watzke, noch für die beiden eher im Hintergrund arbeitenden Geschäftsführern der DFL GmbH.

Steffen Merkel und Marc Lenz wurden erst zum 1. Juli 2023 zu Geschäftsführern der DFL bestellt. Schon damals hielten sich die Gerüchte, dass keiner von beiden die erste Wahl für einen der beiden Posten gewesen sein soll. Merkel und Lenz arbeiten zwar seit Jahren in unterschiedlichen Feldern und Funktionen für die DFL, eine Vita im Profigeschäft kann aber keiner von beiden aufweisen.

Schnell wurde die Bewertung des Duos darauf reduziert, ob der DFL unter ihrer Anleitung der Investoren-Deal gelingt oder nicht. Mir einem für Merkel und Lenz ebenfalls niederschmetternden Ergebnis. Dabei hatte Watzke damals noch große Hoffnungen an Merkel und Lenz geknüpft.

"Ich bin fest davon überzeugt, dass ihre frische, kreative Denkweise - gepaart mit ihrer jahrelangen, externen und hauseigenen Erfahrung und Expertise - eine sehr gute Voraussetzung darstellt, um die aktuellen Herausforderungen erfolgreich anzugehen."

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Merkel und Lenz bleiben im Hintergrund

"Zwei Seifert-Klone" hat die "Frankfurter Rundschau" die Doppelspitze mal genannt. Weil beide früher als Unternehmensberater tätig waren und keinen klassischen Klub-Stallgeruch aus einem der eingegliederten Vereine mitbrachten. Dafür jede Menge Expertise aus anderen Bereichen.

Merkel kümmert sich seither federführend um das zentrale Thema der Medienrechte, darunter fällt auch die Vorbereitung des Konzepts zur Ausschreibung der nationalen Medienrechte ab der Saison 2025/26, die in ein paar Wochen ansteht - und von der sich die DFL und alle Klubs veritable Umsätze erhoffen.

Lenz hat neben globalen sportpolitischen Themen zuletzt zahlreiche Strategieprojekte mit wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Relevanz betreut. Beiden ist gemein, dass sie anders als ihr Vorgänger Christian Seifert nicht in einer Boom-Phase des deutschen Fußballs an ihre Ämter gelangt sind. Sondern sie von Anfang an die schwierige wie undankbare Aufgabe hatten, alle an einen Tisch zu bringen und einen Konsens zu gestalten. Der offenbar nicht zu gestalten ist.

Der ehemalige Nachteil könnte sich nun aber noch als kleiner Vorteil erweisen. Die Arbeit im Hintergrund hat Merkel und Lenz nicht besonders in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, die meisten Fußball-Fans in Deutschland dürften die beiden bei einem Stadionbesuch gar nicht erkennen.

Das Gesicht des Scheiterns bleiben Hans-Joachim Watzke und Martin Kind von Hannover 96. Der hatte am Montagabend noch in der ARD-Sendung "Hart aber fair" verzweifelt versucht zu retten, was nicht mehr zu retten war. Steffen Merkel und Marc Lenz blieben auch da im Hintergrund. Und vielleicht war das eine ganz vernünftige Entscheidung.

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