Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft startet mit einem Sieg in die Europameisterschaft: Mit 2:0 setzte sich das Team von Bundestrainer Christian Wück zum Auftakt gegen Polen durch, doch die Partie brachte auch einen Wermutstropfen mit sich.

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Der Auftakt in die Mission EM-Sieg ist geglückt: Die DFB-Frauen gewannen zum Auftakt gegen Polen souverän mit 2:0 (0:0) und schoben sich damit vorübergehend an die Tabellenspitze der Gruppe C. Schweden hatte im frühen Spiel gegen Dänemark mit 1:0 gewonnen. Jule Brand und Lea Schüller schossen die Tore.

Anfangs tat sich die deutsche Mannschaft schwer, doch die Offensivqualitäten des Teams von Bundestrainer Christian Wück setzten sich letztlich gegen hartnäckig kämpfende Polinnen um Topstürmerin Ewa Pajor durch. Am Dienstag geht es im zweiten Gruppenspiel gegen Dänemark weiter (21 Uhr).

Was vom Spiel hängen bleibt: Zäher Auftakt, Deutschland trifft doppelt

Die ersten Minuten brauchte die deutsche Mannschaft, um in die Partie zu kommen. Der Spielablauf war fahrig, beide Teams standen kompakt im Mittelfeld. Die erste schöne Offensivaktion ging von Klara Bühl aus, die vom linken Flügel aus in die Mitte flankte (8.), gleich danach hatte Bayerns Flügelspielerin die erste richtige Torgelegenheit – sie schoss knapp rechts vorbei (8.) Es entwickelte sich im weiteren Verlauf eine muntere Partie, in der die Polinnen gut mithielten, die Deutschen aber mehr offensive Chancen hatten.

Doch die deutsche Mannschaft wurde abrupt aus der Bahn geworfen, als Giulia Gwinn nach einem Zweikampf mit der Polin Ewa Pajor ausgewechselt werden musste (40.). Von dem Ausfall ließ sich die DFB-Elf nur kurz verunsichern. Für die Erlösung aus deutscher Sicht sorgte Jule Brand mit ihrem Tor von der Sechzehnergrenze in den Winkel (51.). Kurz darauf legte Lea Schüller per Kopfball nach (66.). In der Folge wurde Polen wieder stärker, der Torabschluss glückte aber nicht.

Die Stars des Spiels: Jule Brand erlöst die DFB-Frauen

Es waren Minuten der Unsicherheit, die sich für die Mannschaft von Bundestrainer Christian Wück nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Giulia Gwinn ergaben. Leicht instabil gingen die Spielerinnen in die Pause, kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit setzte sie dann das Statement: Jule Brand sorgte mit einem schönen Abschluss kurz vor dem Sechzehnmeterraum für das 1:0. Der Ball segelt perfekt ins linke obere Eck, unhaltbar für Torfrau Kinga Szemik (52.).

Auch am zweiten deutschen Tor hatte Brand großen Anteil durch ihre präzise Flanke von der rechten Seite, die Stürmerin Lea Schüller genau traf. Die 27-Jährige musste am zweiten Pfosten stehend nur noch einköpfen (66.). Sehenswert waren außerdem die Offensivaktionen von Flügelstürmerin Klara Bühl.

Die Szene des Spiels: Schockmoment für die DFB-Frauen

Man mochte kaum hinsehen, als man Giulia Gwinn nach einem Zweikampf mit Ewa Pajor auf dem Rasen liegen sah, schmerzverzerrt. Sie hielt sich das Knie, musste behandelt werden (37.). Nachdem sie kurz weiterspielte, lag die Kapitänin wieder auf dem Boden – es konnte nicht weitergehen für sie. Unter Tränen verließ das Gesicht der deutschen Mannschaft das Feld. Carlotta Wamser übernahm die Rechtsverteidigerposition.

Gwinn
Giulia Gwinn wurde unter Tränen vom Platz geführt. © IMAGO/Sven Simon/IMAGO/Frank Hoermann / SVEN SIMON

Im Vorfeld der Europameisterschaft war Gwinn es, die auf nahezu allen Werbeplakaten der DFB-Frauen zu sehen war, über die am meisten berichtet wurde – sie ist das Aushängeschild der neuen deutschen Frauen-Nationalmannschaft. Schon zwei Kreuzbandrisse erlitt Gwinn in ihrer bisherigen Karriere. Aktuell warte man das MRT ab, teilte der Deutsche Fußballbund (DFB) noch während des Spiels mit. Ohne Gwinn wirkte das Team zunächst harmlos, fing sich aber mit Jule Brands Führungstor.

Die Lehren des Spiels:

1. Deutschlands Offensivpower hat viel Potenzial

Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase im Kybunpark in St. Gallen rollte das Offensivbollwerk des DFB los. Die Elf von Christian Wück biss sich in der gegnerischen Hälfte und im Strafraum fest und präsentierte sich vielseitig. Mittelstürmerin Lea Schüller probierte es aus nächster Nähe (19.), kurz darauf kam ihre Mannschaftskollegin vom FC Bayern, Linda Dallmann, gefährlich nah vor den Kasten (19.). Jule Brands Schuss nach sehenswertem Dribbling parierte Polens Keeperin Szemik (24.).

Auch das Gegenpressing, mit dem die Mannschaft in der Vergangenheit immer wieder Schwierigkeiten hatte, funktioniert erstaunlich gut. Einzig und entscheidend die Effizienz fehlte – in der ersten Halbzeit komplett, in der zweiten Halbzeit vergab Sjoeke Nüsken beispielsweise eine hundertprozentige Chance per Kopf aus nächster Nähe (62.). Ausbaufähig.

2. Die DFB-Frauen sind defensiv leicht(er) zu knacken

Die Polinnen hingegen standen nicht nur defensiv kompakt und ließen kaum Räume zu, sie erkannten auch erstaunlich früh und gut die Räume, die die DFB-Frauen vor allem im Abwehrverhalten entstehen ließen. Dadurch dass Deutschland dauerhaft so hoch stand, genügte einige Male ein Pass in eine Schnittstelle. So kam erst Natalia Padilla-Bidas frei vor das Tor von Ann-Katrin Berger, Innenverteidigerin Janina Minge klärte den Nachschuss auf der Linie (25.).

Kurze Zeit später zog die ehemalige Wolfsburger Stürmerin Ewa Pajor allein vor Berger stehend ab, doch sie schoss knapp über den Kasten (31.). In der zweiten Hälfte ließen die polnischen Chancen nach, Gefahr vor dem eigenen Tor konnte immer wieder entstehen, ab Mitte der zweiten Halbzeit wieder vermehrt.

3. Wücks Bayern-Achse ist spielentscheidend

Vom deutschen Meister und DFB-Pokalsieger FC Bayern München hat der Bundestrainer die meisten Spielerinnen in den EM-Kader berufen. In der Startelf standen vier Bayern-Akteurinnen, die alle gleichermaßen wichtig für die Partie waren. Vor allem Flügelstürmerin Klara Bühl ließ permanent ihr ihre Schnelligkeit, ihre feine Ballbehandlung und ihre Torgefahr aufblitzen. Sie wagte immer wieder mutige Aktionen über den Flügel vor das Tor und bediente gleichermaßen ihre Kolleginnen in der Zentrale.

Hier standen Linda Dallmann, die unter Wück ein Überraschungscomeback in der Startelf feierte, und Lea Schüller. Dallmann blieb zunächst blass, sorgte später aber permanent für Unruhe und schloss mehrmals selbst ab. Schüller legte mit einem Treffer gegen Polen vor – die Torjägerkanone wird ihr Ziel bei der EM sein. Der Ausfall der vierten Bayern-Spielerin, Giulia Gwinn, für das Turnier wäre in jedem Fall eine Hiobsbotschaft.