Vor dem Derby gegen Stadtrivale Espanyol gibt Titelverteidiger FC Barcelona in der spanischen Liga ein trostloses Bild ab. Die Katalanen haben nur zwei ihrer vergangenen fünf Partien gewonnen. Der Rückstand auf Erzrivale Real Madrid beträgt vier Spiele vor Saisonende vier Punkte. Das aber ist nur das tabellarische Problem.

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Fünf Jahre ist es her, dass der FC Barcelona mit begeisterndem Fußball verzückte, im Berliner Olympiastadion durch ein 3:1 über Juventus Turin die Champions League gewann und somit das zweite Triple der Vereinsgeschichte eintütete.

Vom damaligen Glanz ist wenig geblieben. In der Meisterschaft ist Erzrivale Real Madrid dem FC Barcelona bei noch vier ausstehenden Spielen um vier Punkte enteilt. Ein Sieg im Stadtderby über das Schlusslicht Espanyol ist für Kapitän Lionel Messi und seine Kollegen insofern Pflicht.

Allerdings hat die Mannschaft von Trainer Quique Setien ganz andere Probleme als die Ligatabelle. Seit Monaten schwelt der Streit zwischen Mannschaft und den Verantwortlichen. Gegenseitige Schuldzuweisungen sind an der Tagesordnung.

Superstar Antoine Griezmann ist außen vor

Im Zentrum der Kritik ist oftmals Star-Neuzugang Antoine Griezmann, der seine Qualitäten in Barcas Spiel noch nicht vollumfänglich einbinden konnte. So setzte Setien den Franzosen in den vergangenen beiden Spielen auf die Bank. Sogar gegen seinen Ex-Verein Atletico kam Griezmann erst in der 90. Minute in die Partie.

Vater Alain verfasste auf Instagram einen Wutpost: "Das erste, was man braucht, um um Entschuldigung bitten zu können, ist der Schlüssel zum Lkw, aber bei ihm (Setien, Anm. d. Red.) ist das nicht der Fall, weil er einfach nur Passagier ist."

Auch mit Superstar Messi soll sich Setien, der in Spanien als Sturkopf gilt, angelegt haben. "La Pulga" (der Floh; Anm. d. Red.) erzielte kürzlich seinen 700. Treffer – eine Marke, die zuvor nur Cristiano Ronaldo knacken konnte.

Lionel Messi schwächelt

Doch unter Setien schwächelt auch der Argentinier, so kommt er "nur" auf einen Toreschnitt von 0,63 pro Partie unter dem Barca-Coach. Lediglich in seiner Anfangszeit war dieser Wert mit 0,38 Toren pro Partie noch schwächer. Das berichtet die "Marca". Ansonsten lag Messi immer im Bereich zwischen 0,89 und 1,18 Toren pro Spiel. Insgesamt wirkt Barcas Spiel unter Setien nicht "Barca-like".

So ist es kein Wunder, dass der spanische Coach nach übereinstimmenden Medienberichten vor dem Aus stehen soll, nur Titel können ihn angeblich noch retten. Als Nachfolger wird bereits Klub-Legende Xavi Hernandez, momentan in Katar tätig, gehandelt.

Mit dem früheren Mittelfeldstar sind bei den Blaugrana die Hoffnungen auf einen Aufschwung eng verknüpft, doch auch Ex-Mittelfeld-Magier Xavi wird nur mit den momentanen Gegebenheiten arbeiten können.

Barcelona mit großen finanziellen Problemen

Denn den katalanischen Spitzenklub plagen enorme Finanzprobleme. Allein durch die Coronakrise fuhr der FC Barcelona Verluste in Höhe von 140 Millionen Euro ein, wie Vizepräsident Jordi Cardoner unlängst einräumte. Man brauche bis zu 70 Millionen Euro, um das Geschäftsjahr nicht mit einem Minus abzuschließen.

Dies gelang den Spaniern wohl auf den letzten Drücker, denn in einem dubiosen Deal verkauften sie am 30. Juni Mittelfeldspieler Arthur für 70 Millionen Euro an Juventus Turin und holten im Gegenzug Miralem Pjanic für 60 Millionen Euro von der alten Dame. Hintergrund des Deals ist ein buchhalterischer Trick.

So dürfen die Einnahmen für Arthur gleich gut geschrieben werden, während die Ablöse für Pjanic über die Dauer seines Vertrags abgeschrieben werden kann. Denn sportlich machte dieser Transfer wenig Sinn. So verkörperte der 23 Jahre alte Arthur die Zukunft der Katalanen, während Pjanic mit 30 Jahren wohl nur noch wenig Steigerungspotenzial hat.

Lionel Messi wohl mit horrendem Verdienst

Immer wieder wird auch der Name Neymar Jr. als mögliches Transferziel von Barcelona genannt, doch eine Rückkehr des Brasilianers wäre nur mit einem umfangreichen Tauschgeschäft möglich und würde den ohnehin schon ausgedünnten Barca-Kader weiter Substanz kosten.

Gleichzeitig hemmen auch Verträge mit horrenden Gehältern, wie beispielsweise jener von Messi den Spielraum. Der Argentinier hat noch Vertrag bis 2021 und soll angeblich an die 100 Millionen Euro pro Jahr verdienen. Aus Angst vor einem noch größeren Loch würde Barca wohl nur wenig Abstriche machen bei einer erneuten Verlängerung mit dem 33-Jährigen.

Präsidium haftet persönlich für Verluste

So bleiben Millioneninvestitionen im dreistelligen Bereich, wie sie beispielsweise für Neymar fällig wären, weiter Utopie. Zudem haften in Spanien zumeist auch die Präsidiumsmitglieder mit ihrem persönlichen Vermögen für eventuelle Verluste. Erst kürzlich hatte der Klub zudem einen 100-Millionen-Kredit aufgenommen, für den eine staatliche Organisation bürgt.

Es scheint, als wären die fetten Jahre beim FC Barcelona vorbei. Sowohl sportlich als auch finanziell droht dem erfolgsverwöhnten Klub der Absturz.

Nicht einmal der mögliche Heilsbringer Xavi könnte all diese Probleme auf einen Schlag lösen, sondern müsste auch mit der trüben Realität vorlieb nehmen.

Verwendete Quellen:

  • Spiegel: Das Prinzip Messi ist Teil des Problems
  • Sueddeutsche Zeitung: Barca kämpft gegen sich selbst
  • Spox.com: "Mes que un caos" beim FC Barcelona: Die Verjagung von Arthur als Sinnbild von Barcas Selbstentfremdung
  • Sport1.de: Griezmann-Zoff befeuert Setién-Kritik
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