Das zweite Nations-League-Halbfinale wird zum Spektakel. Europameister Spanien zerlegt Vize-Weltmeister Frankreich zeitweise - muss am Ende aber kurioserweise noch bangen.

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Spanien und Doppeltorschütze Lamine Yamal spielten lange wie im Rausch, Deutschland bekommt es deshalb im "Finale der Verlierer" der Nations League mit Frankreich um Superstar Kylian Mbappé zu tun. Der Vize-Weltmeister unterlag in einem atemraubenden Halbfinale, das Züge eines offenen Schlagabtauschs trug, dem Europameister 4:5 (0:2) und ist damit am Sonntag ebenfalls in Stuttgart Gegner der DFB-Auswahl im Spiel um Platz 3 (15.00 Uhr). Um den Titel spielt Spanien danach in München (21.00 Uhr/beide RTL und DAZN) gegen Portugal.

"Es war ein tolles Spiel. Am Ende war es nochmal ein bisschen knapp, aber wir haben es sehr gut gemacht", sagte Matchwinner Yamal: "Wir haben verdient gewonnen."

So oder so: Rehabilitieren muss sich die deutsche Mannschaft nach dem ernüchternden 1:2 gegen Portugal gegen eine Mannschaft der absoluten Weltklasse. Frankreich besaß in einem wahren Offensivspektakel selbst Großchancen in Hülle und Fülle, hatte aber neben dem eigenen Unvermögen das Pech, auf ein kaltschnäuzigeres Team mit einem kaum zu stoppenden Yamal und einem hervorragenden Torhüter Unai Simón zu treffen.

Nico Williams (22.) und Marino (25.) gelang zunächst ein schneller Doppelschlag für die Spanier. Yamal verwandelte nach der Pause einen an ihm verschuldeten Foulelfmeter (54.), eine Minute später erhöhte Pedri (55.), der 17 Jahre alte Yamal traf noch ein zweites Mal (65.). Davor und danach erzielten Mbappé (59./Foulelfmeter), Rayan Cherki (79.) und Randal Kolo Muani (90.+3) die Tore für die Franzosen, zudem unterlief Daniel Vivian (84.) ein Eigentor.

"Frankreich ist eine großartige Mannschaft. Sie lassen einen leiden, das ist normal. Aber wir sind sehr glücklich über den Sieg", sagte der stolze Doppeltorschütze Yamal bei RTVE.

Spanien - Frankreich
Der ungewöhnliche Endstand: 5:4. © dpa / Christian Charisius/dpa

Schweinsteiger: "Es war Offensivspektakel"

Auch Ex-Weltmeister Bastian Schweinsteiger war hellauf begeistert. "Für die Zuschauer war es unterhaltsam, es war ein Offensivspektakel. Die Franzosen haben immer weitergemacht. Das war ein unfassbar schöner Fußballabend, vielen Dank an beide Mannschaften", schwärmte Schweinsteiger in der ARD. Das teilweise dröge 1:2 der DFB-Elf gegen Portugal am Vorabend war dazu kein Vergleich.

Ein weiterer Sieg gegen Portugal würde Spaniens Schützlingen von Trainer Luis de la Fuente am Sonntag (21.00 Uhr) in München die Titelverteidigung bescheren und Europas Triple bestehend aus Nations League, EM und Nations League perfekt machen. "Wir sind sehr gute Mannschaften. Ich hoffe, den Pokal nach Spanien zurückzubringen", sagte Yamal.

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Mehr als einer der beiden Ehrentreffer war Kylian Mbappé nicht vergönnt. © dpa / Marijan Murat/dpa

Frankreichs Tore fallen spät

Nico Williams (22. Minute) und Mikel Merino (25.) trafen in einer temporeichen und hoch unterhaltsamen Partie schon früh für die Spanier. Nach der Pause legten der glänzende Doppeltorschütze Yamal (54., Foulelfmeter/67.) und Pedri (55.) in der ausverkauften Stuttgarter Arena nach.

Für die Franzosen trafen Kylian Mbappé ebenfalls per Foulelfmeter (59.) und der eingewechselte Rayan Cherki (79.). Ein Eigentor von Spaniens Daniel Vivian (84.) und ein ganz spätes Tor von Randal Kolo Muani (90.+3) waren die Schlusspunkte des denkwürdigen Neun-Tore-Spektakels, das am Ende fast noch gekippt wäre.

Fan-Wut gegen Cucurella noch nicht verflogen

Spaniens Außenverteidiger Marc Cucurella, der wegen eines ungeahndeten Handspiels beim deutschen EM-Viertelfinal-Aus vor gut einem Jahr im Mittelpunkt stand, wurde von Teilen der Zuschauer lautstark ausgebuht.

Die Partie begann flott. Spanien hatte zunächst mehr Ballbesitz, Frankreich die besseren Chancen. Mal fehlte es der hochgelobten Offensive der Équipe Tricolore um Mbappé, den früheren Dortmunder Ousmane Dembélé, Désiré Doué und Michael Olise vom deutschen Rekordmeister FC Bayern München aber an Präzision, mal an Glück - und in Summe lange Zeit an Effizienz.

Spaniens Torhüter Unai Simón war mehrfach zur Stelle. Bei einem Schuss von Théo Hernández ans Lattenkreuz hätte allerdings auch der Kapitän zwischen den Pfosten der Iberer nichts mehr ausrichten können (12.).

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Hatten Spaß gegen Frankreich: Dean Huijsen und Nico Williams © dpa / Marijan Murat/dpa

Merino trifft und tanzt wieder in Stuttgart

Und Spaniens Offensive um Yamal? Der 17-Jährige vom FC Barcelona ließ seine große technische Klasse mehrfach aufblitzen. Zumindest für die ersten Tore sorgten aber noch andere Helden der Europameisterschaft vom Sommer 2024.

Mikel Oyarzabal, Siegtorschütze beim damaligen 2:1-Finalsieg gegen England, bereitete die ersten beiden Treffer der Spanier vor. Erst bediente er Williams, der den Ball unter das Tordach hämmerte. Dann hob er die Kugel sehenswert in den Lauf von Merino, der mit einem platzierten Flachschuss auf 2:0 stellte.

Merino und Stuttgart? Da war doch was. Schon beim Sieg gegen Deutschland im EM-Thriller des Vorjahres hatte der frühere Dortmunder getroffen - zur Entscheidung in der Verlängerung. Genau wie damals jubelte er auch diesmal mit einem Tänzchen um die Eckfahne. Und exakt den gleichen Jubel hatte auch sein Vater Ángel in Stuttgart schon mal gezeigt - nach einem Tor vor 34 Jahren.

Yamal per Elfmeter und mit der Spitze

Nach dem Seitenwechsel kam es zunächst knüppeldick für die Franzosen. Erst verwandelte Yamal einen von Adrien Rabiot verursachten Strafstoß, dann traf Pedri nach einem feinen Spielzug und mit einem herrlichen Lupfer zum 4:0. Es waren Tore, die an die famosen Zeiten der gekrönten Generation um Xavi Hernández und Andrés Iniesta erinnerten.

Mbappé traf nach einem Foul von Pedro Porro zwar ebenfalls per Elfmeter. Nur kurz später musste das Team des nach der WM 2026 scheidenden Trainers Didier Deschamps aber schon den nächsten Nackenschlag hinnehmen. Yamal traf mit der Spitze und schnürte den Doppelpack.

Cherki belohnte Frankreichs Moral mit einem weiteren Treffer. Nach einem Eigentor des eingewechselten Vivian wurde es sogar noch mal spannend. Kolo Muani verkürzte in der Nachspielzeit zum 4:5, doch zum Ausgleich reichte es nicht mehr. Am Ende feierten wieder mal die Spanier. (SID/dpa/bearbeitet von cgo)