Nach Interventionen des VAR bekommt Borussia Dortmund einen Elfmeter zugesprochen, während dem FC Bayern wegen Handspiels ein Tor aberkannt wird und er später einen Strafstoß hinnehmen muss. Diese Entscheidungen sind richtig, auch sonsten klappt die Kooperation der Unparteiischen mit ihren Video-Assistenten beim vielerorts dramatischen Saisonfinale gut.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Alex Feuerherdt sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Wann gibt es das schon mal, dass es am finalen Bundesliga-Spieltag einer Saison in allen Partien zumindest für jeweils eine Mannschaft noch um sehr viel geht – die Meisterschaft, die Qualifikation für einen Europapokal-Wettbewerb oder den Klassenerhalt beziehungsweise die Relegation? Nur selten kommt eine solche Konstellation vor.

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Diesmal aber war es so, was auch für die Unparteiischen eine besondere Herausforderung darstellte. Nach dem Schlusspfiff in den neun Stadien lässt sich sagen: Die Schiedsrichter haben sie gut gemeistert, sie standen nirgendwo im Mittelpunkt der Debatte – auch weil die Kooperation mit den Video-Assistenten reibungslos funktionierte.

Die Begegnung zwischen Borussia Dortmund und dem 1. FSV Mainz 05 (2:2) leitete Marco Fritz, der den BVB damit schon zum vierten Mal in den letzten elf Saisonspielen pfiff. Eine solche Häufung ist außergewöhnlich und unüblich, aber natürlich kein Zufall: Fritz gehört nicht nur zu den erfahrensten und besten deutschen Referees, sondern auch zu den derzeit formstärksten.

Seine jüngsten Einsätze bei den brisanten Partien der Schwarz-Gelben auf Schalke (2:2) und beim FC Bayern München (2:4) brachte er problemlos über die Bühne, beim deutlichen 6:0-Sieg der Dortmunder gegen den VfL Wolfsburg am 31. Spieltag hatte er erst recht keine Mühe.

Warum der BVB keinen zweiten Elfmeter zugesprochen bekam

In der Begegnung des BVB gegen Mainz war der 45-Jährige ebenfalls kaum einmal ein Thema. Das lag diesmal auch daran, dass VAR Pascal Müller zu Recht eingriff, nachdem der Mainzer Dominik Kohr in der 17. Minute im eigenen Strafraum Raphael Guerreiro durch einen Tritt gegen dessen rechte Ferse zu Fall gebracht hatte, Fritz jedoch weiterspielen hatte lassen.

Das On-Field-Review, zu dem Müller seinem Kollegen auf dem Feld geraten hatte, dauerte nicht lange, danach entschied der Referee richtigerweise auf Strafstoß für Borussia Dortmund. Doch Sebastien Haller vergab beim Stand von 0:1 die Chance, den Ausgleichstreffer zu erzielen.

Kurz darauf forderten die Westfalen einen weiteren Elfmeter, als wiederum Guerreiro im Anschluss an eine Flanke nach einem Zweikampf mit Aaron im Mainzer Strafraum zu Boden ging. Marco Fritz ließ jedoch erneut weiterspielen, und diesmal blieb eine Intervention aus dem Kölner Video-Assist-Center aus.

Das war nachvollziehbar: Es gab zwar einen Impuls von Aaron mit angelegtem Arm und der Körperseite gegen den Rücken von Guerreiro, als dieser den halbhohen Ball annahm. Doch ein Stoßen lag hier nicht vor, und ob man den Kontakt als verbotenes Rempeln bewertet oder noch als erlaubt harten Körpereinsatz, ist letztlich eine Frage des Ermessens.

Die VAR-Eingriffe gegen den FC Bayern waren ebenfalls korrekt

Es war eine Situation, in der letztlich zwei Entscheidungen denkbar waren, also auch ein erneuter Elfmeterpfiff. Klar falsch wäre weder die eine noch die andere Entscheidung gewesen, ein Eingriff des VAR war somit nicht nötig. Einen ernsthaften Versuch, den Ball zu erreichen, unternahm Aaron in dieser Szene zwar nicht.

Auf der anderen Seite sah der Impuls gegen Guerreiros Rücken je nach Kameraeinstellung aber auch nicht unbedingt danach aus, als wäre er klar ausschlaggebend dafür gewesen, dass der Dortmunder fiel. Hinzu kam, dass Marco Fritz bei der Zweikampfbewertung generell keine besonders kleinliche Linie verfolgte. Insofern passte es, auch hier nicht zu pfeifen.

In der Partie des 1. FC Köln gegen den FC Bayern München (1:2) schaltete sich derweil ebenfalls der VAR ein: Zunächst empfahl Christian Dingert seinem Kollegen Sven Jablonski kurz vor der Pause ein On-Field-Review, nachdem Leroy Sané zu Beginn des Angriffs, den er selbst mit dem vermeintlichen 0:2 abschloss, den Ball verbotenerweise mit dem abgespreizten Unterarm gespielt hatte. Eine berechtigte Intervention, die dazu führte, dass der Treffer für ungültig erklärt wurde.

Korrekt war auch Dingerts Einschreiten in der 79. Minute, nachdem Jablonski ein ebenfalls strafbares Handspiel von Serge Gnabry außerhalb des Bayern-Strafraums verortet hatte. Die Bilder zeigten jedoch, dass der Kontakt innerhalb des Strafraums geschehen war. Deshalb gab es nach der Überprüfung einen Strafstoß.

Richtige Entscheidungen auch im Abstiegskampf

Auch im Abstiegskampf gab es keine Klagen über die Unparteiischen, die von den VAR gut unterstützt wurden. So etwa in Bochum, wo der Klassenerhalt des VfL durch den Sieg gegen Bayer 04 Leverkusen (3:0) zweifellos dadurch begünstigt wurde, dass Amine Adli sich schon nach sechs Minuten zu einem Nachtreten gegen Dominique Heintz hinreißen ließ.

Eine Tätlichkeit, die Schiedsrichter Tobias Welz auf dem Feld zunächst nicht als solche wahrnahm und bewertete – er zeigte Adli lediglich die Gelbe Karte –, bevor VAR Benjamin Brand eingriff und ein On-Field-Review empfahl. Daraufhin gab es berechtigterweise den sehr frühen Feldverweis für den Leverkusener, dessen Team in Unterzahl gegen entschlossene Bochumer klar verlor.

Im Spiel des VfB Stuttgart gegen die TSG 1899 Hoffenheim (1:1) lief Schiedsrichter Robert Schröder ebenfalls einmal in die Review-Area. Dort schaute er sich den Zweikampf in der 80. Minute zwischen Tiago Tomás und Robert Skov vor dem Ausgleichstor für die Gastgeber, das der Stuttgarter Angreifer erzielt hatte, noch einmal an.

Skov war zu Boden gegangen, als Tiago Tomás kreuzen wollte, doch der Kontakt im Fußbereich war dem Torschützen nicht anzulasten, und es lag auch kein Haltevergehen vor. Dass Referee Schröder nach ausgiebigem Betrachten der Bilder bei seiner Entscheidung blieb, den Treffer zu geben, war deshalb korrekt.

Guter Abschluss für Referees und VAR

Auch die VAR-Eingriffe in den Begegnungen 1. FC Union Berlin – SV Werder Bremen (1:0) und Borussia Mönchengladbach – FC Augsburg (2:0) samt anschließender Entscheidungsänderungen waren berechtigt.

In Berlin hatte Schiedsrichter Patrick Ittrich nach einem Zweikampf zwischen Lee Buchanan und dem Berliner Janik Haberer im Bremer Strafraum zunächst auf Strafstoß für Union entschieden, doch Buchanan hatte klar den Ball gespielt. Deshalb korrigierte der Referee seine Entscheidung und sprach den Berlinern einen Eckstoß zu.

In Mönchengladbach foulte Robert Gumny den Gladbacher Marcus Thuram auf dessen Weg zum Tor, aber nicht im Strafraum, wie Referee Matthias Jöllenbeck es zunächst wahrgenommen hatte, sondern knapp außerhalb. Deshalb gab es statt des Elfmeters schließlich nur einen Freistoß – dafür jedoch statt der Gelben Karte die Rote. Denn "Notbremsen" führen außerhalb des Strafraums auch dann zu einem Feldverweis, wenn der betreffende Spieler versucht hat, den Ball zu spielen.

Wenn über die Unparteiischen und ihre Video-Assistenten nach einem Spieltag kaum gesprochen wird, ist das in aller Regel ein gutes Zeichen. Erst recht, wenn es sich dabei um das Saisonfinale handelt, bei dem Entscheidungen eine ganz besondere Tragweite haben können.

An diesem letzten Spieltag der Saison 2022/23, der so viel Dramatik zu bieten hatte, waren die Schiedsrichter und VAR nirgendwo ein größeres Thema. Auch ihre wichtigen Entscheidungen passten, nötigenfalls griffen die Video-Assistenten ein. So war es in dieser Saison nicht immer, aber mit diesem Abschluss der Spielzeit können die Referees zweifellos zufrieden sein.

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