Die schwedische Nationalmannschaft blamiert sich abermals in der WM-Qualifikation, die Endrunde im kommenden Sommer ist in weite Ferne gerückt. Die Fans sind wütend, die Presse entsetzt – und der Verband zieht Konsequenzen.

Die schwedische Fußball-Nationalmannschaft spielt eine desaströse WM-Qualifikation. Nach vier von sechs Spielen stehen die Skandinavier mit einem mickrigen Pünktchen auf dem letzten Tabellenplatz. Der Rückstand auf den Kosovo auf Platz zwei, der für die Playoffs reichen würde, beträgt bereits sechs Punkte.

Zuletzt erlebte "Tre Kronor" eine Länderspielpause zum Vergessen. Nach der 0:2-Niederlage gegen die Schweiz am vergangenen Freitag setzte es am Montagabend eine besonders bittere Pleite. Denn gegen den Kosovo, gegen die Schweden eigentlich klarer Außenseiter, gab es ein 0:1-Heimdebakel in Göteborg.

Gyökeres und Isak enttäuschen komplett

Vom schwedischen Super-Sturm, bestehend aus den Premier-League-Stars Viktor Gyökeres und Alexander Isak, war gegen den Kosovo wie schon gegen die "Nati" so gut wie nichts zu sehen. Die Skandinavier präsentieren sich in dieser WM-Qualifikation vor allem in der Offensive erschreckend schwach. Die einzigen Tore gab es zum Auftakt beim 2:2 gegen Slowenien zu bejubeln.

Die Lage in der Quali-Gruppe B nach vier Spielen:

  • 1. Schweiz: 9:0 Tore, 10 Punkte
  • 2. Kosovo: 3:4 Tore, 7 Punkte
  • 3. Slowenien: 2:5 Tore, 3 Punkte
  • 4. Schweden: 2:7 Tore, 1 Punkt

Schwedens Ex-Nationalspieler Jonas Olsson, der mittlerweile als Experte für den TV-Sender Viaplay tätig ist, war fassungslos: "Es ist so offensichtlich, dass das Team in Bezug auf Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl komplett kaputt ist", sagte er laut "Sport1".

"Ich lebe nun seit 40 Jahren mit schwedischem Fußball – und wir waren niemals schlechter", sagte der führende schwedische Fußballkenner Erik Niva im WM-Quali-Podcast der Boulevardzeitung "Aftonbladet".

Schwedische Presse zerlegt die Nationalmannschaft

Die schwedischen Fans bedachten den enttäuschenden Auftritt ihrer Mannschaft mit Pfiffen, manche Anhänger schossen mit ihrer Kritik an Trainer Jon Dahl Tomasson aber deutlich übers Ziel hinaus. So war im Ullevi-Stadion unter anderem ein Geschmacklos-Plakat mit der Aufschrift "JDT raus, dänischer Bastard" zu sehen.

Manche frustrierte Fans gingen in den sozialen Medien sogar so weit, dem Dänen Absicht bei der Demontage des eigentlich mit Talent und Qualität bestückten schwedischen Teams zu unterstellen. Der 49 Jahre alte Tomasson ist der erste ausländische Nationaltrainer Schwedens seit Einführung des Postens 1962.

Das geschmacklose Banner der schwedischen Fans
Das geschmacklose Banner der schwedischen Fans. © IMAGO/Bildbyran/MATHIAS BERGELD

Tomasson als Schweden-Trainer entlassen

Oder vielmehr war. Denn einen Tag nach der Niederlage gab der schwedische Fußballverband SvFF die sofortige Trennung von Tomasson bekannt. Man habe beschlossen, den 49-Jährigen aufgrund der schlechten Ergebnisse in der Qualifikation mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben zu entbinden. Die Suche nach einem Nachfolger soll demnach sofort beginnen.

Die Presse reagierte nach dem Debakel gegen den Kosovo entsetzt. Das "Aftonbladet" beschrieb die Niederlage als "neues donnerndes Fiasko" und "totale Schande". Dem "Expressen" zufolge ist die aktuelle Quali und der Zusammenbruch gegen den Kosovo sogar das "größte Fiasko der Geschichte".

Bereits kurz nach der Niederlage deutete sich an, dass die Zeit des ehemaligen Stuttgart-Profis Tomasson (2005 - 2007) als Coach der schwedischen Nationalmannschaft schnell zu Ende gehen könnte. "Es wird nur über den Trainer diskutiert", erklärte RTL-Experte Lothar Matthäus am Montag, der klarstellte: "Ich gehe auch davon aus, dass das heute sein letztes Spiel war." Den Angriff aus Gyökeres und Isak bezeichnete Deutschlands Rekordnationalspieler als "unterirdisch".

"Das war ein schreckliches Ergebnis heute. Das tötet uns. Wir lassen einfache Tore zu und wir haben auch vergessen, wie man Tore schießt", sagte Tomasson nach dem Spiel. Eine gute Erklärung dafür habe er nicht. Er glaube jedoch weiterhin, dass seine Spielideen die richtigen für das Team seien. Das sieht der schwedische Verband nun offenbar anders.

Es könnte das letzte Spiel von Schweden-Trainer Jon Dahl Tomasson gewesen sein
Jon Dahl Tomasson ist nicht länger Trainer der schwedischen Nationalmannschaft. © IMAGO/Björn Larsson Rosvall/TT

In der Mannschaft bröckelte der Rückhalt zuletzt längst. So hatte Stammtorhüter Robin Olsen schon vor zwei Wochen verkündet, nicht mehr für die Nationalelf auflaufen zu wollen – wegen Tomasson. "Jon ist ein Anführer, unter dem ich nicht arbeiten möchte", sagte er.

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Zwei Spiele bleiben in der Quali noch – und theoretisch hat Schweden auch abgesehen davon noch gute Chancen, sich für die WM-Endrunde in den USA, Kanada und Mexiko im kommenden Sommer zu qualifizieren. Der Grund: Die Schweden gewannen ihre Gruppe in der Nations League und können deshalb noch auf die Playoffs im Frühjahr hoffen. Voraussetzung ist, dass genug höher platzierte Gruppensieger des neuen Wettbewerbs entweder direkt für die WM qualifiziert sind oder als Zweiter bereits eines der insgesamt 16 Playoff-Tickets sicher haben.

Verwendete Quellen