Marina Krauss war Laura Dahlmeiers Seilpartnerin bei dem tödlichen Unglück in Pakistan. Nun äußert sie sich erstmals zu dem Unfall.

Marina Krauss wollte gemeinsam mit Laura Dahlmeier den Laila Peak besteigen, doch die beiden entschieden, ihre Tour noch vor Erreichen des Gipfels abzubrechen. Auf dem Rückweg kam es schließlich zu dem tödlichen Steinschlag, der Laura Dahlmeier ihr Leben kostete, wie Krauss in einer Presserunde in der Stadt Skardu erklärte. Sie äußert sich damit erstmals zu dem Unfall.

"Wir waren im Abstieg. Wir waren an der dritten Abseilstelle. Ich war schon unten und habe alles vorbereitet, Laura ist nachgekommen. Und dann ging der Steinschlag los", beschreibt Krauss den Moment des Unglücks. "Ich habe beobachtet, wie Laura ein riesengroßer Stein getroffen hat und wie sie gegen die Wand geschleudert wurde. Und von dem Moment an hat sie sich auch nicht mehr bewegt und für mich war es auch nicht möglich, da sicher hinzukommen. Für mich war klar, die einzige Möglichkeit ihr noch zu helfen, ist, den Helikopter zu rufen."

Thomas Huber und Marina Krauss beim Pressetermin am Donnerstag
Thomas Huber und Marina Krauss beim Pressetermin am Donnerstag. © AFP/MANZOOR BALTI

Rein technisch seien sich beide sicher gewesen, die Tour auf jeden Fall drauf zu haben, erklärt Krauss zudem. "Wir wussten, dass es laut der Wettervorhersage, und wenn wir in der Nacht starten, alles machbar ist. Wir haben uns aber, bevor wir den Gipfel erreicht haben, entschieden, umzudrehen. Wenn wir eine halbe Stunde früher gewesen wären, wären wir auch sicher heruntergekommen."

Dahlmeiers Leichnam wird vorerst nicht geborgen

Entgegen zunächst anderslautender Berichte haben sich die pakistanischen Behörden inzwischen entschieden, Dahlmeiers Leichnam nicht zu bergen. Man wolle damit dem Wunsch Dahlmeiers entsprechen, teilten die Behörden gegenüber der dpa mit. Tatsächlich hätten die Bergretter für die Bergung wohl immense Risiken eingehen müssen.

Der US-amerikanische Bergsteiger Jackson Marvell hatte noch vor der Entscheidung der Behörden gegenüber der Agentur AFP erklärt: "Die Bergung von Lauras Leichnam wird möglich sein, aber sie ist sowohl zu Fuß als auch mit einem Helikopter mit unglaublichen Risiken verbunden".

Marvell war neben dem deutschen Thomas Huber sowie dem erfahrenen Bergsteiger und Expeditionsleiter Alan Rousseau aus Frankreich und Tad McRea aus den USA an der ersten vergeblichen Rettungsaktion für die verunglückte Dahlmeier am Laila Peak beteiligt gewesen. Der Berg habe sich, so Marvell weiter, "in den letzten 48 Stunden erheblich verändert, es gibt jeden Tag erhebliche Steinschläge. Und selbst mit einer langen Leine an einem Helikopter gibt es immer noch viele Steinbrocken, die die Wand hinunterfallen."

Marvell: "Ich habe ihren Körper entdeckt"

Er sei mit Rousseau in einem Helikopter "um den Berg herumgeflogen. Ich habe ihren Körper entdeckt. Und ich beobachtete, dass es keinerlei Lebenszeichen gab. Sie lebte nicht mehr", erzählte Marvell. Zuvor hätten er und Rousseau einen Anruf erhalten, "dass zwei Frauen auf dem Laila Peak einen Unfall hatten. Als wir dann Thomas und Tad trafen, fanden wir heraus, wer sie waren."

Eine Bergung war nicht möglich. Das Management von Dahlmeier hatte am Mittwoch daher mitgeteilt, dass es Dahlmeiers ausdrücklicher und auch niedergeschriebener Wille gewesen sei, dass in einem Fall wie diesem, "niemand sein Leben riskieren darf, um sie zu bergen. Ihr Wunsch war es, ihren Leichnam in diesem Fall am Berg zurückzulassen."

"Als wir die Nachricht (...) erhielten, packten wir sofort unsere Rucksäcke", schrieb der an der Rettung beteiligte Huber. Unter anderem mit Expeditionsleiter Alan Rousseau und dem US-Amerikaner Jackson Marvell hatte er versucht, den Ort des Unglücks zu erreichen. Doch das Wetter und drohender Steinschlag verhinderten die Bergung. "Nach einem mehrmaligen Überflug am Layla Peak wussten wir, dass Laura zu ihrem letzten Gipfel aufgestiegen war."

"Dein Zelt bleibt jetzt leer, aber deine Energie strahlt in diesen Bergen bis hin zur Ewigkeit. All der Schmerz über das Erlebte ist kaum in Worte zu fassen", schrieb der 57-Jährige am Donnerstag in einer emotionalen Abschiedsnachricht auf Instagram.

Huber: "Laura lebte ihren Traum bis zuletzt"

Trotz der Tragödie fand Huber auch tröstende Worte. "So tragisch alles ist, Laura lebte ihren Traum bis zuletzt, zu jeder Sekunde und sie war und ist immer noch ein Vorbild dafür, dass das Leben ein unfassbares Geschenk ist, das mit Liebe, Leidenschaft und Feuer erfüllt werden soll, alles andere wäre tragisch", schrieb er: "Danke Laura für alle Momente, die wir zusammen erleben durften. Wir alle werden vieles vermissen, dein Lachen, deine Energie, das "Hai mi lecks am Arsch" aus deinem Mund..."

Am Samstag will Huber erneut aufbrechen. Er habe sich überlegt, wie es jetzt weitergehen solle, "aber du, Laura, gabst mir schon die Antwort", schrieb er. Deswegen gehe es für ihn am Samstag wieder ins Choktoi-Tal, um den Weg weiterzugehen "den auch Laura gegangen wäre".

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Die ehemalige Weltklasse-Biathletin Dahlmeier hatte 2018 in Pyeongchang Olympiagold im Sprint und in der Verfolgung gewonnen, zudem holte sie sieben WM-Titel. 2019 beendete sie im Alter von 25 Jahren ihre Karriere. (sid/bearbeitet von ska)

Teaserbild: © AFP/MANZOOR BALTI