"In Diana hat sie anfangs so etwas wie die 'junge Margaret' gesehen, gewissermaßen ihr Alter Ego": Warum Prinzessin Margaret dennoch mit Diana gebrochen hat und warum Prinz Harry nicht jammern sollte, erklärt Margaret-Biografin Karin Feuerstein-Praßer im Interview.

Mehr News zum Thema Adel

Um Prinzessin Margaret (1930-2002), die jüngere Schwester von Queen Elizabeth II., ranken sich einige Mythen. Wie die Geschichte, wonach es der Prinzessin von Krone, Politik und Gesellschaft unmöglich gemacht wurde, den geschiedenen Peter Townsend zu heiraten, ohne ihr Gesicht zu verlieren.

"Die Palast-Rebellin" von Karin Feuerstein-Praßer ist am 2. Mai erschienen.
"Die Palast-Rebellin" von Karin Feuerstein-Praßer erschien am 2. Mai. © Piper Verlag

Vermutlich "waren ihre Gefühle im Laufe der langen Trennungszeit schlicht abgekühlt", schreibt Historikerin Karin Feuerstein-Praßer in ihrer Margaret-Biografie "Die Palast-Rebellin" (Piper) über die Entscheidung der Prinzessin, Townsend am Ende doch nicht zu heiraten. Im Interview mit spot on news erklärt die Autorin zudem, wie nahe sich Margaret und Prinzessin Diana einst standen und wie sie den Zustand der britischen Monarchie beurteilt.

Frau Feuerstein-Praßer, mit "Die Palast-Rebellin" haben Sie eine Biografie über Prinzessin Margaret verfasst. Was hat Sie an der Lebensgeschichte der Queen-Schwester besonders gereizt?

Karin Feuerstein-Praßer: Schon in meiner Kindheit habe ich irgendwie mitbekommen, dass mit dieser Prinzessin eine seltsame Mischung aus Glamour, Tragik und allerlei Skandalen verbunden war. Das hat mich ziemlich fasziniert. Als ich dann älter wurde, ist Margaret zwar aus den Schlagzeilen verschwunden, doch irgendwann hat es mich gereizt ihrer geheimnisvollen Aura auf die Spur zu kommen. Was war sie für ein Mensch? Warum hat sie es nicht geschafft, sich eine sinnvolle Aufgabe zu suchen? Warum ist sie einfach nicht glücklich geworden?

Gab es etwas, dass Sie bei der Recherche zu Ihrem Buch überrascht hat?

Überrascht hat mich, dass Margaret gleichsam zwei Seelen in ihrer Brust hatte. Auf der einen Seite gab sie sich als unkonventionelle "Palast-Rebellin", die höfische Konventionen abstreifte und sich gern mit Menschen aus Künstlerkreisen und dem Showbusiness umgab. Auch sie selbst hatte durchaus eine "künstlerische Ader" und war, wie ihre Erzieherin meinte, eigentlich "für die Bühne geboren". Andererseits war es für Margaret stets sehr wichtig, ein Mitglied des englischen Königshauses zu sein. Als solches hielt sie sich für etwas Besonderes, bestand stets auf respektvollem Umgang, lehnte allzu Vertrauliches ab und konnte oder wollte den Menschen nicht auf "Augenhöhe" begegnen. Diese Diskrepanz konnte sie nicht überwinden.

Margarets erste ernste Beziehung mit Peter Townsend wurde zuletzt auch in der Serie "The Crown" fiktional in Szene gesetzt. Die Geschichte, wonach es der Prinzessin unmöglich gemacht wurde, den geschiedenen Mann zu heiraten, ohne ihr Gesicht zu verlieren, stimmt aber wohl nicht ganz, wie Sie schreiben. Würden Sie Townsend dennoch als die wichtigste Liebe in Margarets Leben bezeichnen?

Das ist schwer zu sagen. Aber nach der Trennung von Peter Townsend hat Margaret, wenngleich von zahllosen Verehrern umschwärmt, nie die wahre Liebe gefunden. Ich glaube, Townsend wäre zumindest der ruhende Pol in Margarets unstetem Leben gewesen, ein zuverlässiger Partner und eine Schulter zum Anlehnen. Aber vielleicht wäre er ihr auf Dauer zu langweilig geworden?

In Diana hat sie anfangs so etwas wie die "junge Margaret" gesehen, gewissermaßen ihr Alter Ego.

Feuerstein-Praßer über Prinzessin Margaret

Feuerstein-Praßer: "Queen Mum hatte viel Verständnis für ihre lebenslustige Tochter"

Die Beziehung zwischen Queen Elizabeth II., Prinzessin Margaret und Queen Mum soll sehr eng gewesen sein. Wie standen die Königin und die gemeinsame Mutter zu dem ausschweifenden Lebensstil von Margaret mit reichlich Zigaretten, Alkohol und Männergeschichten?

Darüber ist natürlich nichts nach außen gedrungen. Was Queen Mum betrifft, so war sie ja selbst dem einen oder anderen Gläschen Gin nicht abgeneigt. Zigaretten und Alkohol waren damals ohnehin gesellschaftlich viel akzeptierter als heute. Außerdem glaube ich, Queen Mum hatte insgeheim viel Verständnis für ihre lebenslustige Tochter. Vielleicht hätte sie als junge Frau ja auch mal gerne "über die Stränge geschlagen".

Für die Queen war es wohl in erster Linie wichtig, dass das Königshaus keinen Schaden nahm. Anfangs hat Margaret mit ihrer unkonventionellen Art sehr viel frischen Wind in den Palast gebracht, sie galt als "volksnah" und modern. Und man muss sagen: Selbst nach ein paar Drinks hatte sich Margaret stets unter Kontrolle und ist gegenüber dem Königshaus nie illoyal gewesen. Deswegen hat Elisabeth II. das "Laster" ihrer Schwester wohl auch schulterzuckend hingenommen. Ändern konnte sie ohnehin nichts.

Lesen Sie auch

So war das Verhältnis zwischen Prinzessin Margaret und Diana

Zu den anderen Mitgliedern der Königsfamilie hatte Margaret "keine sonderlich gute Beziehung", erklären Sie in "Die Palast-Rebellin". Nur Diana stand ihr anfangs nahe. Was verband die beiden Frauen?

Prinzessin Margaret und Prinzessin Diana
Prinzessin Diana und Prinzessin Margaret standen sich einst sehr nah. © picture alliance / empics/Empics, picture-alliance / dpa/PA Hanson

In Diana hat sie anfangs so etwas wie die "junge Margaret" gesehen, gewissermaßen ihr Alter Ego. Auch Diana interessierte sich für Mode und Musik und besaß ganz ähnliche "Starqualitäten". Margaret erkannte, dass das durchaus von Vorteil für das etwas steife und antiquierte Königshaus sein konnte. Deswegen hat sie Diana "unter ihre Fittiche" genommen. Doch dann verstieß die Jüngere gegen das ungeschriebene Gesetz "Never complain, never explain" und fügte den Royals mit ihren intimen Enthüllungen enormen Schaden zu. Das war für Margaret der Grund, mit Diana zu brechen.

Sie zitieren aus einem "Guardian"-Nachruf, wonach das Leben von Margaret und Diana "immer nur um die eine Frage" kreiste: "Wozu genau ist eine Prinzessin eigentlich gut?" Hat sich das in der heutigen Zeit, mit einer neuen Generation von Prinzessinnen, geändert?

Ich denke, diese Frage stellt sich immer noch. Inzwischen ist es eher verpönt, wenn sich eine Prinzessin vor allem selbst inszeniert, statt sich in den Dienst des Königshauses zu stellen. Man erwartet von ihr, dass sie die Monarchie auf sympathische Weise repräsentiert und auf die Menschen zugeht - dabei jedoch immer eine gewisse Distanz wahrt. Das ist ein Spagat, den Kate z.B. recht gut meistert. Aber ehrlich gesagt, kommen andere Länder ja auch ohne Prinzessinnen ganz gut klar.

Als bei Prinzessin Margaret 1985 in einer Operation ein Teil der Lunge entfernt werden musste, war offiziell von Krebs keine Rede. Wie beurteilen Sie den offeneren Umgang mit den Krebsdiagnosen von König Charles und Prinzessin Kate?

Diese Offenheit macht sie einfach menschlich, und schließlich sind die Royals ja Menschen wie wir alle. Zudem nimmt ein offener Umgang mit der Diagnose allen möglichen Spekulationen den Wind aus den Segeln, und bei Kate wurde ja anfangs sehr viel spekuliert.

Feuerstein-Praßer über Prinz Harry: "Was soll das Gejammer?"

Dass Zweitgeborene Probleme haben, Ihren Platz zu finden, bewies auch Prinz Harry in den vergangenen Jahren, seine Autobiografie betitelte er mit "Spare". Welche Parallelen sehen Sie zwischen Harry und Margaret?

Als die kleine Margaret mitbekam, dass ihre Schwester eines Tages Königin werden würde, reagierte sie ganz spontan: "Du Arme!" Tatsächlich sind die Zweitgeborenen ja viel weniger in ein höfisches Korsett eingebunden und genießen mehr Freiheiten. Zudem haben sie die Möglichkeit, etwas aus ihren Begabungen zu machen und ein zumindest teilweise selbstbestimmtes Leben zu führen. Also, was soll das Gejammer?

Hat es Sie überrascht, dass Harrys Ehefrau, Herzogin Meghan, hinter den Palastmauern und in der königlichen Familie nicht zurechtkam?

Eher nicht. Schließlich gelten bei den Royals ganz andere "Spielregeln" als in bürgerlichen Kreisen. Die gehen ihnen von Kindheit an gewissermaßen in Fleisch und Blut über. Wer von außen kommt, muss das alles erst mühsam lernen und braucht jede Menge Selbstdisziplin. Man muss schlicht und einfach bereit sein, sich in den Dienst des Königshauses zu stellen und seine persönlichen Befindlichkeiten nicht so wichtig zu nehmen. Das ist natürlich umso schwerer, wenn man aus dem Showbusiness kommt, wo Selbstdarstellung gewissermaßen Programm ist.

Wie sehen Sie die Zukunft der britischen Monarchie?

Nun, die Frage ist: Was fasziniert die Menschen an der Monarchie, einem eigentlich anachronistischen Modell aus dem Mittelalter mit merkwürdigen Zeremonien und Ritualen? Ich glaube, allein mit dem Verstand lässt sich das nicht erklären. Doch wessen Herz schlägt schon höher, wenn - wie bei uns in Deutschland - ganz vernünftig von "Verfassungspatriotismus" die Rede ist? Die Royals hingegen sind leibhaftige Identifikationsfiguren, die ein Land repräsentieren. Man kann sich mit ihnen freuen und mit ihnen leiden. Sie sind was "fürs Herz". Nachdem inzwischen nicht nur Charles und Camilla, sondern auch und vor allem die jungen Royals hohe Sympathiewerte erreichen, sehe ich die britische Monarchie in absehbarer Zukunft nicht in Gefahr.

(hub/spot)  © 1&1 Mail & Media/spot on news