Immer weniger Filme werden in Hollywood realisiert. Für Schauspieler, Kameraleute, für viele Filmschaffende in Los Angeles wird es schwieriger, von ihrem Beruf zu leben. US-Präsident Donald Trump möchte das Problem mit Zöllen lösen. Doch diese Idee kann nach hinten losgehen.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Oliver Jensen sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Los Angeles gilt als die Filmmetropole schlechthin. Insbesondere der Stadtteil Hollywood steht für Stars, Glamour und Reichtum. Dort entstehen die Filme, die ein weltweites Publikum begeistern. So lautet zumindest ein weit verbreiteter Glaube. Tatsächlich allerdings steckt Hollywood in einer Krise. Die Anzahl der Filmproduktionen, die von dort stammen, nimmt stetig ab.

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Laut einem Bericht des Branchen-Dienstes "Horizont" sind die Film- und TV-Produktionen im Großraum Los Angeles im ersten Quartal um 22 Prozent zurückgegangen. Im Jahr 2024 wurde in der Region so wenig gedreht wie zuletzt 2020, als die Produktionen wegen der Covid-Pandemie fast vollständig zum Erliegen kamen.

Hollywood-Stars mit Millionen-Gagen sind die Ausnahme

Die Weltstars aus Hollywood bekommen davon wenig zu spüren. Sie kassieren noch immer Top-Gagen. Dwayne Johnson war im Jahr 2024 laut "Forbes" der bestverdienende Schauspieler und kassierte circa 88 Millionen US-Dollar. Dahinter folgen Ryan Reynolds (85 Millionen) und Kevin Hart (81 Millionen).

Doch diese Berühmtheiten, die pro Film zweistellige Millionenbeträge kassieren, machen nur einen kleinen Teil von Hollywood aus. Vielmehr leben dort Schauspieler, Kameraleute, Tontechniker et cetera, die auf eine beständig gute Auftragslage angewiesen sind. Ansonsten ist der Lebensunterhalt kaum finanzierbar. "Das Leben in Los Angeles ist wirklich sehr teuer. Für eine Ein-Zimmer-Wohnung zahlt man im Monat rund 2000 Dollar Miete", sagte die in L.A. lebende deutsche Schauspielerin Karola Raimond gegenüber dem Schauspieler-Magazin "ca:stmag".

Laut "backstage.com" können nur etwa zwei Prozent aller Schauspieler in Los Angeles von der Schauspielerei leben, ohne einem Nebenjob nachzugehen. Bei der Crew hinter der Kamera ist die Arbeitsmarktsituation nicht ganz so dramatisch. Aber selbst Kameraleute können nicht immer durchgängig mit ihrem Beruf den Lebensunterhalt bestreiten.

Umso schlimmer ist es für die Beteiligten, dass in Hollywood immer weniger produziert wird. Die Soundstages (ein schalldichter Raum für die Filmproduktion) in Los Angeles waren im vergangenen Jahr nur noch zu 60 Prozent ausgelastet. In den Jahren vor der Pandemie war eine Auslastung von mehr als 90 Prozent die Regel.

Viele Hollywood-Produktionen werden im Ausland gedreht

Zeitweise wurde der Rückgang der Filmproduktionen durch den Serien-Boom der Streamer wie Netflix oder Prime Video kompensiert. Doch selbst das scheint nicht mehr zu funktionieren. Beispiel Netflix: Die Zahl der US-Serien mit Drehbuch sank vom Jahre 2022 auf 2023 von 633 Produktionen auf 481 Produktionen.

Insgesamt gingen laut dem Forschungsunternehmen ProdPro die Ausgaben für die Film- und Fernsehproduktion in den USA zwischen 2021 und 2024 um 28 Prozent zurück. Andere Länder wie Kanada, Australien und das Vereinigte Königreich hingegen verzeichnen laut "Bloomberg.com" einen Anstieg.

Selbst viele vermeintliche Hollywood-Großproduktionen stammen oftmals nicht aus Nordamerika. Drei Beispiele: "Jurassic World" wurde in Thailand gedreht, "Wicked" in Großbritannien, und die in Los Angeles spielende Serie "Blade Runner 2099" stammt größtenteils aus Tschechien.

Steueranreize locken US-Produktionen nach Großbritannien & Co.

Dass heutzutage so viele US-Produktionen im Ausland gedreht werden, hat zwei Gründe: attraktive Steueranreize und niedrigere Produktionskosten. Großbritannien hat beispielsweise 2007 ein Modell eingeführt, bei dem sich Produktionen mehr als ein Viertel ihrer Ausgaben vor Ort als Steuererstattung zurückholen können. In Österreich lassen sich seit Anfang 2023 bis zu 35 Prozent der im Land investierten Mittel refundieren.

Dem US-Präsidenten Donald Trump ist dies ein Dorn im Auge. Sein Lösungsansatz sind – wie so oft – Zölle. "Die Filmindustrie in Amerika stirbt rasant. Andere Länder bieten vielfältige Anreize, um unsere Filmemacher und Studios aus den USA abzuwerben. Hollywood und viele andere Regionen in den USA werden ruiniert", schrieb er auf seiner Social-Media-Plattform "Truth Social".

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Laut seinem Post ermächtigt Trump das "Handelsministerium und den Handelsbeauftragten der Vereinigten Staaten, unverzüglich einen 100-prozentigen Zoll auf alle im Ausland produzierten Filme in unserem Land einzuführen". Er beendete den Post mit der Botschaft: "Wir wollen wieder Filme made in America!"

Streamer müssen 30 Prozent in Europa produzieren

Allerdings ist nicht klar, wie die Zollpolitik überhaupt funktionieren könnte. Viele Filme werden weltweit realisiert. Nicht nur Dreharbeiten finden teilweise im Ausland statt, sondern zum Beispiel auch die Nachbearbeitung. Nicht zuletzt die Streamer bekämen Probleme. Seit Herbst 2018 müssen laut einer EU-Richtlinie mindestens 30 Prozent der Inhalte bei Videostreamingdiensten aus Europa stammen. Anderenfalls drohen Sanktionen.

Branchen-Insider betrachten die Idee von Trump daher skeptisch. Die Analysten vom Finanzunternehmen Barclays schrieben am Montag in einer Mitteilung an die Anleger: "Wenn dies in großem Umfang eingesetzt wird, könnte es am Ende genau der Branche schaden, der es helfen soll, vor allem wenn man bedenkt, dass die USA dreimal so viele Inhalte exportieren wie sie importieren."

Zoll-Idee von Trump "ergibt keinen Sinn"

Unterhaltungsanwalt Jonathan Handel etwa sagt, dass Trump offenbar nicht verstehe, wie die Filmbranche funktioniert. "Es ergibt keinen Sinn", erklärte er gegenüber der Nachrichtenagentur AFP und brachte ein Beispiel: "Wenn der Stunt darin besteht, dass Tom Cruise auf den Eiffelturm klettert, was sollen wir dann machen – auf der Nachbildung des Eiffelturms in Las Vegas drehen?" Dies sei "einfach unsinnig".

Und auch in den betreffenden Ländern, in denen viele Hollywood-Filme gedreht werden, ist das Unverständnis groß. So zum Beispiel in Neuseeland, wo aufgrund der besonderen Landschaft die Trilogien "Der Herr der Ringe" und "Der Hobbit" realisiert wurden. Irene Gardine, die Präsidentin der neuseeländischen Filmproduzentenvereinigung Spada, bezeichnete das Vorhaben von Trump als "eine Schande. Wir freuen uns, wenn amerikanische Produktionen hier arbeiten".

Es bleibt wohl nur die Hoffnung, dass Trump seine Zoll-Idee noch einmal überdenkt.

Verwendete Quellen: