Mallorca, Oktoberfest, Schlagerparty – dass Mottos zum "Fernsehgarten" gehören, ist bekannt, dass sie oft genug ein bisschen langweilig sind, auch. An diesem Sonntagnachmittag entschied man sich aber für ein viel spannenderes, weil ungewöhnlicheres Motto: Frauen. Warum? Das verrät Moderatorin Andrea Kiewel nicht, es ist am Ende aber auch völlig egal.
In der Regel eröffnet der Off-Sprecher nach dem immer gleichen Ritual eine "Fernsehgarten"-Ausgabe. Er nennt die Uhrzeit, holt
Denn dort, wo normalerweise um kurz vor 12 Uhr am Sonntag im ZDF der Mainzer Lerchenberg zu sehen ist, blickt man diesmal ins "heute"-Studio, wo Moderatorin
"Kiwi meets Sally"
Den ersten dieser ausschließlich weiblichen Gäste bringt Andrea Kiewel dann, als es wirklich zum Mainzer Lerchenberg geht, gleich mit auf die Bühne: Back-Youtuberin
Warum sie so spontan eingesetzt wurde, erklärt Özcan nicht, aber das gilt auch für das Motto der Show. "Girlpower" hat es das ZDF genannt und damit die wohl ausgelutschteste Worthülse genommen, die man nur finden konnte. Andrea Kiewel erklärt indes noch einmal, wie man sich die Umsetzung dieses Mottos vorgestellt hat: "Alle vor den Kameras und vor den Mikrofonen sind weiblich", verrät Kiewel und auch hier bleibt der Zuschauer ohne Erklärung zurück, warum man nur weibliche Gäste eingeladen hat.
Fairerweise muss man sagen, dass diese Intransparenz für jedes Motto des "Fernsehgartens" gilt, aber es ist doch etwas anderes, ob man eine Mallorca-Ausgabe macht oder ob man eine rein weibliche Show macht. Denn während es bei der Mallorca-Folge nur um Remmidemmi geht, könnte man hinter der Nur-Frauen-Ausgabe ja eine Botschaft vermuten. Irgendetwas, das man damit aussagen will, etwas, das über "Mädels-Nachmittag" hinausgeht.
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Ente gegen Schwimmer, Kiewel gegen die Aufmerksamkeit
Auf eine Erklärung wird man aber, so viel sei verraten, die ganzen zwei Stunden lang vergeblich warten, es wird gehandelt, nicht erklärt: Sarah Engels, Loi, Inka Bause, ALINA,
Zum Beispiel bei der Fußballnationalmannschaft der Frauen. "Wir haben gute Neuigkeiten" verkündet da Sally Özcan zu Beginn, ehe Andrea Kiewel anfängt, zu grölen: "2:0, 2:0, 2:0, 2:0 …" Was die Moderatorin damit meint, ist der 2:0-Sieg der DFB-Frauen bei deren Auftaktspiel gegen Polen bei der Europameisterschaft in der Schweiz. Einen Sieg, der zu diesem Zeitpunkt schon zwei Tage her ist, als "Neuigkeit" zu verkaufen, ist dann schon ein bisschen sehr gewagt. Aktueller wird es da, als Kiewel später zu ZDF-Reporterin Katja Streso nach Zürich schaltet.
Man plaudert ein bisschen über die schwere Verletzung von Nationalspielerin Giulia Gwinn und über den Zustand der Mannschaft, doch so richtig zu interessieren scheint das Andrea Kiewel nicht. Zumindest ist ihre Aufmerksamkeit nicht völlig bei dem, was Streso erzählt. "Katja du musst dich einmal umdrehen. Jetzt kämpft die Ente gegen den Schwimmer", lässt sich Kiewel mitten im Gespräch vom Geschehen auf dem See hinter Streso ablenken. Aber das ist nur eine Randnotiz, viel wichtiger ist, dass man zum Motto der Show überhaupt die Aufmerksamkeit auf die DFB-Fußballerinnen gelenkt hat und nicht etwa auf die gleichzeitig stattfindende Klub-WM der Männer.
Wer kann einen Korbleger?
Noch deutlich unaktueller sind die anderen sportlichen Gäste, denn Kiewel hat sich mit Elisa Mevius und Marie Reichert zwei Spielerinnen der deutschen 3x3-Basketball-Nationalmannschaft eingeladen, die im Sommer 2024 olympisches Gold in Paris geholt haben. Die Fragerei von Kiewel und Özcan ist dabei so interessant oder uninteressant wie eines dieser Spielfeldrandinterviews und dass die beiden, wie sie selbst gestehen, eine ausgewiesene Basketball-Ahnungslosigkeit besitzen, merkt man ihren Aussagen und Fragen leider auch an.
"Ganz groß im Kommen ist zum Beispiel Pilates", teilt Kiewel ihr Wissen aus den 1990ern und fragt dann auf dem Spielfeld allen Ernstes die Basketball-Olympiasiegerinnen: "Kann jemand dieses, was hast du gesagt, Korbleger?" Das hätte man mit fünf Minuten Vorbereitung ein bisschen eleganter lösen und sich über Basketball-Grundlagen schlaumachen können. Aber: Als Özcan und Kiewel von den Basketballerinnen "etwas Cooles" am Ball fordern, machen die genau das und zaubern einen kleinen Spielzug aufs Feld.
Noch "cooler" ist dann das, was Alina Tornau zeigt. Die junge Frau betreibt Ninja-Sport, überwindet also Hindernisse mit Sprung-, Griff- und Haltekraft und hat sich für diesen Nachmittag bei Kiewel vorgenommen, sich nur mit Armen und Händen eine Feuerwehrleiter hoch zu hangeln. Dass sie das nicht in der vorgegebenen Zeit schafft, ist dabei völlig wurscht, dass die Regie durch die Überziehung in die Bredouille gerät, ob man lieber Tornau feiert oder zur wartenden Claudia Jung geht, leider nicht. Denn so bleiben für Tornau am Ende ihres Triumphs nur noch ein paar Sekunden.
Männer braucht man nicht mal zum Vergleich
Ja, Andrea Kiewel hat an diesem Sonntag den "Fernsehgarten" für die Frauen freigeräumt. Dass das nicht immer alles reibungslos gelaufen ist – schwamm drüber. Vielleicht hätte man Özcan früher Bescheid geben, vielleicht hätte sich Kiewel besser vorbereiten und vielleicht hätte man das Klettern von Tornau und die Zeitkollision besser planen können, mag sein. Vielleicht hätte man für diese rein feminine Ausgabe sich auch ein besseres Motto-Schlagwort als "Girlpower" aussuchen können und vielleicht hätte man auch erklären können, warum man sich überhaupt für eine reine Frauen-Show entschieden hat.
Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht reicht es genauso wie bei der Mallorca-Ausgabe, dass man es einfach macht. Dass man einmal nur Frauen Sichtbarkeit im Fernsehen verschafft, ganz ohne männlichen Einfluss. Dazu passt, dass man nicht dem viel zu häufigen Reflex unterliegt und bei dem, was all die Frauen dort gezeigt haben, keinen Vergleich zu Männern zieht. Männer finden bei dieser "Fernsehgarten"-Ausgabe maximal hinter der Kamera statt und das einzige Mal, als sie doch vor die Kamera dürfen, holen sich zwei junge Männer eine kurze Niederlage gegen Tischfußballweltmeisterin Linh Tran ab.
Doch auch in dieser einzigen "männlichen" Szene kommt man ohne Vergleich aus. An diesem Sonntag geht es nicht, wie so oft, darum, dass man zeigen will, dass Frauen etwas genauso gut können wie Männer, sondern dass sie etwas gut können. Und deshalb gewinnt Tran auch nicht, "obwohl" sie eine Frau ist, sondern weil sie richtig gut kickern kann. Das macht die Show am Sonntag zu einem angenehmen, interessanten, lehrreichen, unterhaltsamen und völlig entspannten Nachmittag und vielleicht ist das ja am Ende die gesuchte Erklärung für all das.