Wenn aus lang irgendwann langweilig wird: In der jüngsten Ausgabe von "Schlag den Star" geben Katja Burkard und vor allem Olivia Jones zwar alles, um den Abend irgendwie unterhaltsam zu gestalten. Bei über fünf Stunden Sendezeit kommt aber selbst Dragqueen Jones an ihre Grenzen. Und Katja Burkard entgeht ganz knapp einem Unfall.

Christian Vock
Eine Kritik
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Retro ist im Trend. Mal wieder. Eigentlich war Retro das schon immer, was wiederum die Frage aufwirft, ob es dann überhaupt ein Trend sein kann. Sagen wir also einfach: Gerade reitet man wieder eine Retro-Welle, diesmal im Fernsehen. Vor kurzem feierte nämlich "TV total" ebenso eine Wiederauferstehung wie die Zocker-Show "Geh aufs Ganze!". Wenige Tage vor holte das ZDF zumindest erst einmal für eine Ausgabe "Wetten, dass..?" zurück.

Die Reaktion auf diese Retro-Welle war gar nicht mal so schlecht, vor allem "Wetten, dass..?" rief bei Generationen Erinnerungen an Abende im Schlafanzug mit Kakao und Schnittchen wach, als man dabei zu sah, wie Thomas Gottschalk seinem Ruf als Überziehungskönig gerecht wurde. Am Samstagabend nun setzte ProSieben mit der neuen Ausgabe von "Schlag den Star" diesem Trend eine Show entgegen, die nur begrenzt mit "retro" zu tun hat.

Denn retro ist bei "Schlag den Star" eigentlich nur das Spielkonzept, schließlich gibt es die Show bereits seit zwölf Jahren, rechnet man die Vorgänger-Show "Schlag den Raab" dazu, schon seit 15 Jahren. Und die Überziehungen lassen zwar Thomas Gottschalk wie einen Pünktlichkeitsfanatiker erscheinen, sind aber auch nicht retro, sondern von Anfang an Teil des Showkonzepts.

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Olivia Jones und Katja Burkard bei "Schlag den Star"

Auch die beiden Kandidatinnen wollen am Samstagabend nicht so recht in die Retro-Welle passen, eher schon in eine Sind-immer-noch-da-Welle. Denn Katja Burkard moderiert bereits seit Mitte der 1990er Jahre bei RTL und Travestiekünstler Oliver Knöbel alias Olivia Jones ist ebenfalls seit ein paar Jahrzehnten weder von der Reeperbahn noch aus dem Fernsehen wegzudenken.

Dementsprechend wird das "Schlag den Star"-Duell der beiden mit einem "Dragqueen gegen TV-Legende" angekündigt, wobei nur eine der Aussagen stimmt. Denn auch wenn Kommentator Ron Ringguth feststellt: "Man geht ja immer so ein bisschen inflationär mit dem Begriff ‚Legende‘ um, aber, ich glaub, diesmal haben wir es wirklich mit zwei Leuten zu tun, die auf ihren Gebieten Legenden sind", treibt er die Legenden-Inflation mit genau solchen Sätzen nur weiter in die Höhe.

Denn nur, weil jemand 25 Jahre lang seinen Job macht, macht ihn das nicht gleich zur Legende. Aber im Fernsehen gelten offenbar andere Gesetze als für den Rest der Erwerbstätigen und da reicht eine gewisse Konstanz im Lebenslauf offenbar, um als Legende zu gelten. Aber so richtig schlimm war Ringguths Übertreibung dann auch wieder nicht, zumindest reiht sie sich nahtlos in das Sprüchefeuerwerk ein, das Olivia Jones an diesem Abend abbrannte.

Katja Burkard: "Das war jetzt wirklich knapp, du Irre"

"Intelligenz war mir ja immer so ein bisschen unheimlich, aber deswegen, Katja, bist du mir so sympathisch", frotzelt Jones bereits im Starteinspieler und sollte mit dieser Sprücheklopferei bis zum Ende nicht aufhören. "Es ist das erste Mal, dass zwei Dragqueens im deutschen Fernsehen gegeneinander antreten", lästert Olivia Jones nur wenige Minuten später. Und als Moderator Elton Burkards Mann noch ein paar Minuten später nach dessen Rolle im Haushalt befragt und dieser antwortet: "Ich hab’ ja auch einen Ess-Tick", kalauert Jones sarkastisch in Anspielung auf Burkards Lispeln: "Katja auch."

Das klingt erst einmal ziemlich fies, aber erstens nimmt Katja Burkard Jones’ Witze den ganzen Abend über mit sehr viel Humor und zweitens können solche schnoddrigen Sprüche einem Abend, der sich weit über fünf Stunden ziehen wird, nur guttun. Schließlich gab es schon genügend "Schlag den Star"-Ausgaben, die die Definition von zäh an ihre Grenzen gebracht haben.

Jones’ showerprobtes Mundwerk ist aber nicht das einzige Unterhaltungselement an diesem Abend. Wenn die beiden etwa mit einer Prismenbrille auf der Nase, die sie alles spiegelverkehrt sehen lässt, ein Kinderpuzzle lösen müssen, dann hat das sehr viel Situationskomik. Und ein bisschen Dramatik kommt in die Show, als Jones bei einem Wettrennen mit einem Ziesel, einer Art fahrendem Fernsehsessel auf Gummiraupen, um ein Haar versehentlich Burkard umfährt. Die reagiert sichtlich erschrocken: "Das war jetzt wirklich knapp, du Irre!"

"Schlag den Star": Katja Burkard gewinnt Röhren-Golf und 100.000 Euro

Und so hangeln sich Jones und Burkard mit viel Humor und noch mehr Glück durch die Spiele. Sie müssen mit Heißklebepistolen und Holzstäbchen eine Brücke bauen, Tiere in Gebärdensprache erraten, mit Baggern einen Würfelturm bauen, eine Runde Shuffleboard und natürlich einen ganzen Stapel Quiz spielen. Das ist zwar of lustig, spannend und auch mal chaotisch, aber vor allem eines: viel zu lang.

Denn obwohl Katja Burkard die Show gerne noch vor Mitternacht gewonnen hätte, zieht sich das Ganze bis weit nach 1 Uhr. Es hätte dieser Ausgabe im Besonderen und der Show im Allgemeinen sicher nicht geschadet, hätte man auf die letzten 5 der 15 Spiele verzichtet. Dann hätte man zwar nicht mehr gesehen, wie Jones und Burkard auf die Torwand schießen oder mit Gymnastikreifen hantieren, aber hier kann jeder für sich entscheiden, wie verkraftbar das für das eigene Leben ist.

So aber wird aus lang irgendwann langweilig und es dauert bis 1:22 Uhr bis Elton mit "Drehrohr" das erste Matchball-Spiel ausruft. Durch ein drehendes Rohr müssen Jones und Burkard dabei sechs verschiedene Behälter mit jeweils einem Golfball füllen. Elf Minuten später, um 1:33 Uhr, ist es dann endlich so weit und Katja Burkard locht ihren sechsten Golfball ein und darf zur Belohnung 100.000 Euro mit nach Hause nehmen.

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