Gelsenkirchen - Von der "besten 2. Bundesliga aller Zeiten" wird diesmal wohl niemand sprechen, wenn ab Freitag der Ball wieder rollt. Zu groß ist die Lücke, die die beiden Fußball-Schwergewichte Hamburger SV und 1. FC Köln nach ihrem Aufstieg ins Oberhaus hinterlassen.

Doch dank Hertha BSC, dem FC Schalke 04, dem 1. FC Kaiserslautern, dem 1. FC Nürnberg und weiteren Ex-Meistern gibt es immer noch genügend Zuschauer-Magneten. Zudem macht gerade die neue Ausgeglichenheit die zweite Liga so reizvoll und spannend.

Wer aufsteigt? Das ist angesichts des breiten Feldes ambitionierter Teams fast wie Lotto spielen. Bevor Schalke und Hertha mit einem Spitzenspiel am Freitag (20.30 Uhr/Sat.1 und Sky) die Saison eröffnen, ein Überblick über die Kandidaten:

Hertha BSC: Rückkehr in Sichtweite

Nach einer holprigen Saison nimmt Hertha BSC im dritten Anlauf erneut Kurs auf die Bundesliga. Trainer Stefan Leitl hat mit Neu-Kapitän Fabian Reese einen schillernden Unterschiedsspieler in seinen Reihen, der auch die Fans mitreißt. Ergänzt durch kluge Transfers wie Dawid Kownacki und Maurice Krattenmacher scheint die Alte Dame wieder gefestigt und hungrig. Erfahrung, junge Dynamik und der oft zitierte Berliner Weg könnten diesmal zum Erfolg führen.

Fortuna Düsseldorf: Der Fast-Aufsteiger

Fortuna Düsseldorf zählt seit Jahren zum erweiterten Kreis der Aufstiegskandidaten – scheiterte jedoch regelmäßig knapp. Auch in dieser Saison sieht es personell vielversprechend aus. Trotz der Abgänge von Isak Johannesson und Dawid Kownacki bleibt die Achse des Teams weitgehend erhalten. Der ehrgeizige Coach Daniel Thioune weiß, wie man eine Mannschaft entwickelt.

Trainingsauftakt Fortuna Düsseldorf
Schafft Fortuna Düsseldorf endlich den letzten Schritt? © dpa / Federico Gambarini/dpa

Hannover 96: Frischer Wind, altes Ziel

Ein neuer Trainer, 16 neue Spieler - doch das Ziel bleibt: endlich aufsteigen. Christian Titz steht als neuer Mann an der Seitenlinie unter Druck. Hannovers mächtiger Vorstandschef Martin Kind hatte die Rückkehr in die Bundesliga eingefordert. Titz muss aber erst einmal seine Mannschaft finden. Den 16 neuen Spielern stehen 17 Abgänge gegenüber. Mit dem 2:0 gegen den Serie-A-Club Cagliari Calcio deutete sich an, dass Hannover zu den Aufstiegsanwärtern zählt.

1. FC Kaiserslautern: Mit Lieberknecht zum Durchbruch?

Der Betzenberg lebt wieder – nicht nur emotional, sondern auch sportlich. Torsten Lieberknecht hat übernommen und bringt genau die Erfahrung mit, die es für einen Aufstieg braucht. Mit Mahir Emreli und Ivan Prtajin wurde die Offensive nach dem Abgang von Ragnar Ache neu aufgestellt. Der FCK ist nicht der lauteste Kandidat im Aufstiegsrennen, aber definitiv einer, der bis zum Schluss dabei sein kann. Über 30.000 verkaufte Dauerkarten zeugen von der Euphorie.

VfL Bochum: Routine und Reife als Trumpf

Der Abstieg in die 2. Liga schmerzte, doch der VfL Bochum hat sich schnell neu sortiert. Mit Dieter Hecking steht ein erfahrener Mann an der Seitenlinie, der das Team stabilisiert hat. Neben etlichen Abgängen kehrt in Kevin Vogt nicht nur ein echter Leader zurück, sondern auch Bundesliga-Erfahrung pur. Talentierte Leihspieler wie Leandro Morgalla und Francis Onyeka könnten die richtige Mischung aus Frische und Cleverness ins Spiel bringen.

Holstein Kiel: Rückkehr mit Rückenwind?

Nach einem kurzen Gastspiel in der Bundesliga ist Holstein Kiel zurück im Unterhaus. Frust herrscht aber nicht - im Gegenteil. Trainer Marcel Rapp hat ein verjüngtes und ausgewogener besetztes Team. Vom Aufstieg redet er nicht. Wenn die Kieler defensiv stabiler als in der Bundesliga stehen, könnte es aber ein kurzer Ausflug in Liga zwei werden. Zumindest für das erste Tabellendrittel sollte es reichen.

Fußball: 2. Bundesliga, Training 1. FC Kaiserslautern
Kaiserslauterns neuer Trainer Torsten Lieberknecht bringt viel Erfahrung mit, die es für einen Aufstieg braucht. © dpa / Uwe Anspach/dpa

FC Schalke 04: Neustart mit Pressing-Power

Nach einer Saison zum Vergessen will Schalke unter Miron Muslic neu angreifen. Der neue Trainer fordert einen radikalen Stilwechsel: Weg vom Zögerlichen, hin zum aggressiven Powerfußball. Dass man in Moussa Sylla einen der schnellsten und treffsichersten Angreifer der 2. Bundesliga hat, dürfte helfen. Ob die Umstellung auf Muslics Vollgas-Fußball schnell fruchtet, ist offen. Das Umfeld ist voller Euphorie, wie der "Schalke-Tach" mit rund 80.000 Fans vor dem Saisonstart zeigte.

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Außenseiter mit Ambitionen

Die 2. Liga bleibt wie so oft unberechenbar. Teams wie Nürnberg oder der SC Paderborn, der zuletzt lange oben mitmischte, haben zwar nicht den größten Hype um sich herum, punkten aber mit Kontinuität. Auch die SV Elversberg darf man nach dem Scheitern in der Relegation trotz namhafter Konkurrenz nicht völlig abschreiben. Doch wie der SCP, der im Sommer Erfolgstrainer Lukas Kwasniok verlor, müssen auch die Saarländer nach dem Abschied von Horst Steffen eine neue Ära einläuten.

Die Neulinge: Dresden und Bielefeld

Mit Dynamo Dresden und DFB-Pokalfinalist Arminia Bielefeld kehren zwei traditionsreiche Clubs zurück ins Unterhaus. Für beide dürfte zunächst der Klassenerhalt im Vordergrund stehen – auch wenn das Fan-Umfeld sicherlich von mehr träumt.  © Deutsche Presse-Agentur