Thomas Müllers Arbeitsvertrag beim FC Bayern läuft mit Ende der Klub-WM aus. Der Weltmeister von 2014 muss dann entscheiden, wie er weitermachen will. Karriereende oder Trainerschein, Top-Klub in Europa oder US-Abenteuer in Los Angeles? Da lohnt ein Blick auf Inter Miami.

Pit Gottschalk
Eine Kolumne
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Die Nachricht wabert seit Tagen bei der Klub-WM: Thomas Müller und die US-Profiliga MLS – da geht doch was! Das Gerücht, dass der ausgemusterte Bayern-Star Kandidat beim FC Los Angeles sein könnte (nicht zu verwechseln mit Los Angeles Galaxy), kam vom Ami-Klub selbst.

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Trainer Steven Cherundolo befeuerte die Spekulation in aller Öffentlichkeit bei "Bild": "Wer denkt, in LA geht es nur ums Wetter und Show, der irrt sich gewaltig. Wir wollen Titel gewinnen. Und Müller weiß, wie das geht." Aber was will Thomas Müller vom FC Hollywood im echten Hollywood?

Wie geht es mit Thomas Müller weiter?

Möglichkeiten hat er genug, sobald seine letzte Mission bei der Klub-WM beendet ist. Sein Vertrag beim FC Bayern endet mit dem Abpfiff. Und dann: Karriereende oder Trainerschein, Top-Klub in Europa oder sogar das US-Abenteuer in Los Angeles?

Argumentationshilfe liefert ausgerechnet ein Ex-Profi, dem man zu gerne ein einfaches Gemüt unterstellt hat: David Beckham. Von der englischen Stil-Ikone kann Thomas Müller nur lernen, wie gewinnbringend das Dollar-Land wirklich sein kann.

David Beckham: Von Real Madrid zur MLS

Beckham hatte 2007 die Schnauze voll von den Galaktischen bei Real Madrid und drängte in die damals klamme Major League Soccer (MLS). Er kappte sein eigenes Jahresgehalt um 70 Prozent auf 6,5 Millionen US-Dollar und heuerte in Kalifornien an.

Die öffentliche Meinung fällte schnell ein Urteil: Der Wechsel ist aus Karriere-Sicht Selbstmord. Beckham war damals ja erst 31 und noch immer voll im Saft. Warum Amerika und kein Top-Klub in Europa? Der geniale Rechtsfuß ging trotzdem zu Los Angeles Galaxy.

David Beckham
David Beckham bei seiner offiziellen Vorstellung als neuer LA-Galaxy-Spieler. © IMAGO/Andy Johnstone, pacificcoastnews/Avalon

Er handelte einen Vertrag aus, wie ihn die Fußballwelt vorher und nachher nie mehr gesehen hat. Er bekam nicht nur Anteile an allen Umsätzen bei Trikots, Fanartikeln und Sponsoren. Der geniale Trick steckte im scheinbar Kleingedruckten.

Beckham machte von einer ungewöhnlichen Klausel Gebrauch

David Beckham bekam das Recht auf einen eigenen MLS-Klub – für einen festgeschriebenen Preis von 25 Millionen Dollar. Die Option konnte er nicht sofort, aber irgendwann einlösen. Die Frage war eher: Was sollte er überhaupt mit der Klausel anfangen?

Die MLS war damals in einem desolaten Zustand. Seit der Neuausrichtung in den 90ern war das Interesse in Richtung Belanglosigkeit gerutscht. Baseball, Basketball, American Football, Eishockey – alles war den Amerikanern wichtiger als dieses "Soccer", wie sie Fußball nennen.

Beckham-Mania in Los Angeles

Dann kam Beckham nach Los Angeles. Galaxy spürte die Wirkung seiner Ankunft sofort: Über Nacht waren 11.000 Dauerkarten vertickt. Zum ersten Heimspiel kamen 66.000 Zuschauer statt wie gewöhnlich 12.000. Die Sponsoren standen plötzlich Schlange.

David Beckham gründete den US-Klub Inter Miami
David Beckham gründete den US-Klub Inter Miami. © IMAGO/Icon Sportswire/IMAGO/Ric Tapia/Icon Sportswire

Und Beckham kassierte immer mit. Auf 50 Millionen Dollar türmte sich die Jahresgage angeblich. Real Madrid hätte da niemals mithalten können. Als er Los Angeles nach fünf Jahren verließ, hatte er außerdem zwei Meistertitel gewonnen. Sein Ruf: Plötzlich galt er als Marketing-Genie.

Er kickte noch ein bisschen in Mailand und Paris und drehte dann das richtig große Ding in den USA: 2014 zog er die unterschätzte Option in seinem Vertrag – und erfand Inter Miami: den Klub, wo heute Lionel Messi spielt und der heute an der Klub-WM teilnehmen darf.

Beckham holte Superstar Messi nach Miami

Sechs Jahre dauerte seinerzeit die Aufbauarbeit, ehe 2020 das erste Pflichtspiel stattfand. Längst war die MLS wieder zum Leben erweckt. Weil Messi nicht nach Saudi-Arabien oder zurück nach Barcelona wollte, sondern zu Beckham nach Miami, explodierte die Inter-Euphorie.

Die Ticketpreise verzehnfachten sich, Social Media wuchs um 500 Prozent. Aus den 25 Millionen Dollar Investment ist längst ein Milliarden-Business geworden: Auf eine Milliarde Dollar wird der Beckham-Klub inzwischen taxiert. Das ist der Wahnsinn.

Thomas Müller muss kein Rechengenie sein, um aus diesen Zahlen herauszulesen: Amerika ist das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Ob er das wirklich will? Zumindest wäre die Bayern-Bindung ungebrochen: Los Angeles FC ist ein offizieller Partnerklub seines FC Bayern.

Verwendet Quellen

Über den Autor

  • Pit Gottschalk ist Journalist, Buchautor und ehemaliger Chefredakteur von SPORT1. Seinen kostenlosen Fußball-Newsletter Fever Pit'ch erhalten Sie hier.
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