2026 findet die Fußball-WM in den USA statt. Doch angesichts der verschärften Einreisebestimmungen ist ein Ausflug für ausländische Fußballfans nicht ungefährlich, warnen Experten und Menschenrechtsorganisationen. Wie gefährlich – das hängt von Nationalität, Hautfarbe und Social-Media-Profil ab.
Im Juni 2026 startet die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer. Gleich drei Gastgeberländer organisieren das gigantische Sportereignis: Kanada, Mexiko und die USA. Mannschaften aus 48 Ländern werden um den Pokal kämpfen. Der Weltfußballverband Fifa rechnet mit Millionen Besuchern aus der ganzen Welt.
Bei den Szenen, die sich derzeit in den USA abspielen, vergeht dem einen oder anderen aber die Reiselust. Unter Präsident
Fälle häufen sich, in denen Personen aus Kanada, Großbritannien oder Deutschland entweder nicht einreisen dürfen oder wochenlang in Abschiebehaft geraten. Ein Szenario, das auch Fußballfans treffen könnte, warnt Politikwissenschaftler Scott Watson von der Universität im kanadischen Victoria.
WM 2026 in den USA: Was Besucher beachten müssen
Die Sicherheit von Touristen, die zur Fußball-WM in die USA reisen, hängt Watson zufolge stark von ihrer Herkunft ab. Sprich: Die Bürgerinnen und Bürger bestimmter Staaten sind einem viel größeren Risiko ausgesetzt als andere. Watson geht davon aus, dass manche Sportfans erst gar keinen Fuß auf US-Boden setzen dürfen. Menschen aus Ländern, die für die USA ein Einreise-Visum brauchen, könnten aufgrund ihrer politischen oder religiösen Ansichten von den Einwanderungsbehörden zuvor "aussortiert" werden.
Für deutsche Touristen sieht er es nicht ganz so kritisch. Das Risiko einer Inhaftierung sei "vermutlich recht gering, wenn auch nicht gleich null", sagt er auf Anfrage unserer Redaktion. Deutsche Staatsbürger können sich 90 Tage lang ohne Visum in den USA aufhalten. Überschreiten sie die Frist, begeben sie sich auf dünnes Eis. Watson rät allen WM-Besuchern, so viele persönliche Daten wie möglich von ihrem Telefon zu entfernen oder ein Wegwerfhandy mitzunehmen, das keine privaten Daten enthält. Es gebe Berichte über Einwanderungsbeamte, die Zugriff auf das Telefon und die sozialen Medien von Touristen verlangen. Der USA-Experte stuft das als reales Risiko ein.
Amnesty International warnt: Queere WM-Besucher in den USA besonders gefährdet
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sieht die Lage bedrohlicher. Auf Anfrage unserer Redaktion stellt Lisa Salza klar: "Die Einreise und der Aufenthalt in den USA sind für Fans nicht sicher." Sie ist Expertin für Sport und Menschenrechte in der Schweiz.
Salza warnt Fußballfans vor willkürlichen Festnahmen, rechtswidrigen Eingriffen in ihre Privatsphäre und Behördengewalt. Eine besonders verletzliche Gruppe sind aus ihrer Sicht Angehörige der queeren Community. "Trans* Menschen, die sich einer Geschlechtsangleichung unterzogen haben, werden keine Visa ausgestellt, auch andere queere Menschen sind aufgrund der von der US-Regierung ausgehenden Hetze gegen sie nicht sicher", glaubt die Expertin von Amnesty International. Sie müssten sich auf "rassistisch oder homophob motivierte verbale und physische Übergriffe" einstellen.
Aber auch Personen, die sich auf Social Media kritisch gegenüber der Trump-Regierung geäußert haben, sind Salza zufolge betroffen. Manchmal werde eine Einreise auch völlig willkürlich verweigert – teilweise mit Behördengewalt und Inhaftierung.
Als Beispiel nennt Salza den Fall einer Schweizerin, die trotz gültigen Visums von den Einreisebehörden in Ketten gelegt und in Haft genommen wurde. Darüber berichtete unter anderem der "Tagesanzeiger". Ausländische Behörden haben daraufhin in den vergangenen Wochen ihre Reisehinweise für die USA verschärft. Auch wer ohne Probleme in die USA gelangt, könnte vor Ort Gefahren ausgesetzt sein.
WM 2026: USA-Experte sieht erhöhtes Risiko für Proteste und Terroranschläge
Vor allem Menschen, die Opfer von Rassismus werden können, und queere Fans sind laut Salza einem erhöhten Risiko ausgesetzt, von den Behörden vor Ort diskriminierend behandelt zu werden oder verbale und physische Gewalt zu erfahren. "Für Fans, die an einem Protest teilnehmen oder unversehens hineingeraten, besteht ein beträchtliches Risiko, dass sie inhaftiert und unwillkürlich abgeschoben oder Opfer von Gewalt werden", führt sie aus.
Zum Hintergrund: In den vergangenen Wochen fanden landesweit Proteste gegen Trumps Migrationspolitik statt. Dabei kam es auch zu Ausschreitungen. Im Fokus steht das Vorgehen der Einwanderungs- und Zollbehörde (kurz: ICE). Sie verhaftet Menschen auf der Straße, an Arbeitsplätzen, in landwirtschaftlichen Betrieben und Hotels. Kritiker sprechen von Razzien und illegalen Deportationen.
Politikwissenschaftler Watson geht von einem erhöhten Risiko für Proteste und Terroranschläge bei der WM aus. Als Grund nennt er auch die aktuellen geopolitischen Spannungen weltweit, insbesondere im Nahen Osten. Die USA haben sich jüngst unter Trump direkt in den Krieg zwischen Israel und Iran eingemischt. Dazu komme die große Bekanntheit des Sportevents. "Es wird ein hohes Maß an Sicherheitspersonal und verstärkte Kontrolle geben", sagt der Politikwissenschaftler.
"Die USA wollen offensichtlich ein weniger weltoffenes Land sein. Man sollte ihnen diesen Wunsch erfüllen und bis auf weiteres von US-Reisen absehen."
USA-Experte Thomas Greven warnt vor einem "Willkürhandeln der Behörden". Er ist Privatdozent für Politikwissenschaft am Kennedy-Institut der Freien Universität Berlin. Im Gespräch mit unserer Redaktion sieht er die derzeitige Entwicklung der Vereinigten Staaten unter Trump kritisch. "Die USA wollen – jedenfalls auf der Ebene der Bundesregierung – offensichtlich ein weniger weltoffenes Land sein. Man sollte ihnen diesen Wunsch erfüllen und bis auf weiteres von US-Reisen absehen", rät er. In den USA sei mit politischer Gewalt und staatlicher Repression zu rechnen. Greven schließt nicht aus, dass davon auch die Austragungsorte betroffen sein werden.
Auch die "Sport & Rights Alliance" spricht von enormen Risiken für WM-Touristen in den USA. In ihrem Bericht fordert die Nichtregierungsorganisation von der Fifa sofortige und nachweisbare Schritte, um die Menschenrechte aller an der Fußball-Weltmeisterschaft beteiligten Personen zu schützen.
Als mögliche Maßnahme nennt Amnesty-Vertreterin Salza die Einrichtung eines "wirksamen, transparenten und unabhängigen Beschwerdemechanismus" für Menschen, die vor, während und nach dem Turnier eine Menschenrechtsverletzung erfahren.
Infantino verspricht "beste Show auf dem Planeten"
Unsere Redaktion hat die Fifa mit den von Amnesty International genannten Risiken für die WM 2026 konfrontiert und um ein Statement gebeten. Eine Antwort blieb bis zum Erscheinen des Artikels aus.
Im März versprach Fifa-Präsident Gianni Infantino: "Wir werden die beste Show jemals auf diesem Planeten erschaffen." Dafür sei es wichtig, "dass sich jeder, der nach Amerika reist, sicher und willkommen fühlt". Eigenen Angaben zufolge verpflichtet sich die Fifa, ihre Verantwortung zur Einhaltung der Menschenrechte bei all ihren Tätigkeiten und Beziehungen wahrzunehmen.
Über die Gesprächspartner
- Scott Watson lehrt als Professor an der University of Victoria, Kanada. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Konstruktion von Sicherheitsbedrohungen und die Bedingungen für "nationale" Unsicherheit, insbesondere im Bereich der Migration.
- Lisa Salza ist Verantwortliche für Sport und Menschenrechte bei der Menschenrechtsorganisation Amnesty International in der Schweiz.
- Thomas Greven ist Privatdozent für Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin, assoziiertes Mitglied des International Center for Development and Decent Work (ICDD) der Universität Kassel und unabhängiger Vortragender, politischer Berater und Analyst.
Verwendete Quellen
- Schriftliche Stellungnahmen von Watson, Salza und Greven
- tagesanzeiger.ch: Schweizerin wird an der US-Grenze trotz gültiger Papiere abgewiesen und inhaftiert
- sportandrightsalliance.org: World Cup: A Year Out, Growing Attacks on Rights