Was für eine Promiwoche im besten VIP-Deutschland aller Zeiten! Fashion Week in Berlin - und das bedeutet gemeinhin: Die Hauptstadt erlebt ein Schaulaufen der Schönen und Reichen und Prominenten, gegen das die Oscar-Verleihung wie die Pommesbuden-Awards in Ostbevern wirken.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Marie von den Benken dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Modewoche an der Spree, das ist, als hätten GNTM-Finale, Miss-Germany-Wahl, die "Vogue"-Volontärin des Jahres 1998, "Promi Shopping Queen" und das Sommerfest von "Bunte" ein uneheliches Kind, das von Harald Glööckler und Marina Hoermanseder großgezogen wurde und dann mit 15 von zu Hause abhaut, um eine Boygroup mit Kilian Kerner, Apache 207, Riccardo Simonetti, Kai Havertz und Jan Köppen zu gründen.

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Jan Köppen jetzt übrigens nicht, weil er so exzellent singen könnte (im Gegensatz beispielsweise zu Riccardo Simonetti, der mit seiner engelsgleichen Stimme als Axl Rose der Kinderbuchautoren gilt), sondern weil er allein mit dem Portfolio an design-asketischen Oberhemden, das er der Nation bislang im Rahmen seiner Moderationstätigkeit für das Dschungelcamp präsentiert hat, etwa 32 Fashion Weeks im Alleingang bestreiten könnte, ohne dass es irgendwem auffallen würde. Und der inzwischen weitestgehend aus 22-jährigen Tik-Tokerinnen bestehenden Mode-Journaille schon erst recht nicht.

Egal, wen Du magst, ich Marc Cain

Traditionell die hochkarätigste Armada internationaler Superstars bietet mal wieder, das war erwartbarer als die Torlosigkeit von Julian Brandt bei der FIFA Club WM, das Bodelshausener Haute-Couture-Haus Marc Cain. Gut, Bodelshausen ist nicht Paris und Frauke Ludowig ist nicht Kim Kardashian, aber dafür sieht die Mode von Marc Cain nicht aus, als wäre sie von einem farbenblinden Achtjährigen entworfen worden, der sich mit Energy-Drinks und LSD in eine Art Fashion-Rausch selbsthyperventiliert hat - und Ludowig war nie mit Kanye West verheiratet. Insgesamt also fraglos ein Punktsieg für den Damenausstatter aus der südlichsten Gemeinde im Landkreis Tübingen, der für die Modewelt dieselbe Bedeutung hat wie Lothar Matthäus für die Raketenforschung.

Marc Cain lädt die besonders Schönen, besonders Reichen und besonders Berühmten stets in eine neue, üblicherweise ziemlich spektakuläre Location in Berlin ein, um dort seine neuste Kollektion debütieren zu lassen. Diese Saison fiel die Wahl auf den von Ieoh Ming Pei entworfenen Pei-Bau im Deutschen Historischen Museum. Der in Guangzhou geborene Gebäudeplaner gilt als Marc Cain der Architektur und war bereits für die Pyramide über dem Pariser Louvre oder den "Bank of China"-Tower in Hongkong verantwortlich. Wer sich ein bisschen mit Bauwerken auskennt oder mal ein Bild der besagten Objekte gesehen hat, weiß: Für Ieoh Ming Pei ist Glas in etwa so wichtig wie Stoff für Marc Cain. Also jetzt Stoff im Sinne von Textilfaser, nicht im Sinne von Lindsay Lohan.

Viel Glas, das weiß jeder, da muss man kein Nobelpreisträger sein, geht üblicherweise mit viel Licht einher. Jedenfalls, wenn die Sonne scheint. Was sie umfangreich tat in Berlin. Der erste Satz, den ich also höre, als ich meinen Platz in der Front Row einnehme, in der abseits von mir bei Marc Cain vorwiegend echte A-Promis sitzen, stammt von einem relativ bekannten Fotografen, der an dieser Stelle lieber nicht namentlich erwähnt werden möchte: "So eine Scheiße, denen scheint ja die Sonne direkt in die Fresse!"

101 Dalmatiner - Adoptiert von Sylvie Meis und Frauke Ludowig

Nach fast 20 Jahren Erfahrung in der Modebranche muss ich Marc Cain an dieser Stelle aber in Schutz nehmen. Jeder, der mal während einer Fashion Week hinter die Kulissen geschaut hat, weiß: Lieber Sonne in der Front Row als Schnee im Backstage. Hier schließt sich dann der Kreis zu Lindsay Lohan, die natürlich nicht in der Front Row sitzt. Stattdessen hat Marc Cains Promi-Nationaltrainer für dieses Défilé folgenden Celebrity-Kader berufen: Sylvie Meis, Candice Swanepoel, Leonie Hanne und Nele Würzbach, sowie die bereits erwähnte Frauke Ludowig nebst Tochter Nele.

Als besonderen Blickfang hat sich der Chefstylist von Marc Cain derweil einen besonderen Outfit-Coup erdacht: Sylvie Meis trägt einen schwarzen Rock mit weißen Punkten. Frauke Ludowig trägt dasselbe Muster als Hose, Nele Ludowig als Bluse. Warum, weiß keiner. Aber ich mag ja Promis, die etwas Geheimnisvolles umweht. Wotan Wilke Möhring zum Beispiel. Da weiß man nie: Wo hört der Vorname auf, wo geht der Nachname los.

Und damit auch wirklich jeder, nicht nur die dem Punkte-Trio direkt gegenübersitzende GNTM-Coverbeauftragte Kerstin Schneider oder Alfons Kaiser, quasi die Kerstin Schneider der FAZ, sondern auch alle Leserinnen der einschlägigen Fachpresse am Folgetag sehen können, dass Meis, Ludowig und Ludowig Junior aussahen, als hätten sich drei Schwestern um einen hypertrendigen Dreiteiler gestritten und am Ende schwesterlich aufgeteilt, platziert der Front-Row-CEO von Marc Cain die drei eiskalt direkt nebeneinander.

Blitzlichtgewitter garantiert, auch wenn sich der eine oder andere Kollege aus den Bildredaktionen bei Schnellsichtung der Marc-Cain-Promibildauslese vermutlich fragt, warum diese Amateur-Fotografen alle Schwarz-Weiß fotografiert haben. Nun, ich bin keine Lichtexpertin, aber mein Tipp lautet: Weil "denen scheint ja die Sonne direkt in die Fresse!".

Front Row, Row, Row a VIP-Boat, gently down the Mediastream

Die Front Row übrigens ist an jenem Abend tatsächlich die Sitzreihe, die am nächsten am Catwalk liegt. Catwalk, das hat wenig mit Katzen zu tun, jedenfalls wenn Selma May keines der Models darauf ist, sondern ist quasi die Center Stage eines jeden Laufmodeevents. Gut also: Marc Cain ist nicht Rammstein und verzichtet daher auf eine Row Zero. Ein weiterer Pluspunkt in der durchaus beachtlichen Fashion-Week-Trophäensammlung von Marc Cain.

Dort, in der Front Row, lachen alle A-Promis und ich die Sonne einfach weg. Auch bekleidungsseitig. Wie immer, wenn die Temperaturen 15 Grad übersteigen, kommt der Gründer des Hauses Marc Cain, Helmut Schlotterer, ohne Socken. Das passt aber gut, denn Ronan Keating kommt ohne Boyzone, Romee Strijd ohne Ehemann Laurens van Leeuwen, Candice Swanepoel ohne Victoria's-Secret-Engelsflügel und ich ohne BH. Wir alle verzichten auf liebgewonnene Details, Marc Cain bisweilen sogar auf ganze Legenden. Topmodel Céline Bethmann (gewann 2017 bei Heidi Klums Assessmentcenter für hochbegabte Runway-Novizinnen) jedenfalls fehlt unentschuldigt.

Besonders traurig ist das für Thomas Hayo, dem ich am Folgetag nach der Marcel-Ostertag-Show gemeinsam mit seinem Neffen Tim Hayo in die Arme laufe und der Céline Bethmann treffsicher "Sally Prayman" genannt hätte. Ein Treffen, das für mich erleichternd wirkt, denn Nachwuchsmodel und Rampenlicht-Anwärter Tim Hayo, quasi die männliche Céline Bethmann, hat seit November nichts mehr auf Instagram gepostet. Ich hatte mir folglich schon Sorgen gemacht.

Thomas Hayo und Moritz Rüdiger bei der Marcel-Ostertag-Fashion-Show auf der Berlin Fashion Week S/S 2026 in der Uber Eats Music Hall. © IMAGO/Future Image/Nicole Kubelka

Hayo & Hayo berichten mir exklusiv von ihrem Plan, nach der Fashion Week Richtung New York aufzubrechen, um dort das FIFA Klub WM Halbfinale Bayern München gegen Real Madrid zu sehen. Wie wir heute wissen, ein Unterfangen, das von ähnlichem Erfolg gekrönt ist wie Jimi Blue Ochsenknechts Versuch, eine Party mit 400 Premium-Champagnerflaschen zu feiern, später nicht zu bezahlen und dann damit durchzukommen. Im Viertelfinale hatte nämlich Paris St. Germain leider kein Foto für Bayern München. Das Halbfinale bliebt dem Rekordmeister somit verwehrt. Oder wie Giovanni Trapattoni, der Thomas Hayo der Fußballtrainer, sagen würde: "Coman hat gespielt wie eine Flasche leer!" Ein weiterer untrüglicher Beweis, dass Trapattoni so gut Ditalienisch (Deutsch-Italienisch) spricht wie Hayo Denglish.

Kerner, Ostertag & Reinke - Keine Unternehmensberatung

Aber auch einige andere Shows der Berliner Modewoche sorgen für ordentlich Lobeshymnen-Alarm im Promiblätterwald. Bei Marcel Ostertag beispielsweise tuschelt man durch die Front Row, Überraschungsgast der "Paradise"-Show des inzwischen auf einen Bauernhof in Bayern landgeflüchteten Ex-Wahlberliners wäre wohl Margot Robbie. Tatsächlich handelt es sich allerdings um Rebecca Kunikowski, laut der Datenbank "Filmmakers" ein deutsches Model mit polnischen Wurzeln. Also fast richtig. Neben mir in einer weiteren Front Row: Patrice Bouédibéla. Die Sky-Ikone befürchtet nach dem Verkauf seines Heimatsenders, im nächsten Moderatoren-Draft zu RTL zwangstransferiert zu werden. Als RTL-Kind kann ich allerdings sagen: So schlimm ist es da nicht, wenn man nicht gerade Stefan Raab ist.

Bei Kilian Kerner hingegen bleibt dem Starpublikum am Ende der Show der ansonsten oft euphorische Jubel totaler Zufriedenheit im Halse stecken. Der Berliner GNTM-Hausdesigner nutzt seine Plattform für eine unverhoffte, jedoch gleichsam wichtige Botschaft: Zum Final Walk der "DDR - Die gestohlenen Kinder"-Show laufen seine Models, darunter beide aktuellen GNTM-Sieger Daniela Djokic und Moritz Rüdiger, mit Familienmitgliedern verschwundener Kinder aus DDR-Zeiten über den Laufsteg in der nach Taxen benannten Großraumhalle am Spreeufer. FreeNow-Arena, glaube ich, oder so.

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Das Schicksal jener Kinder, die in der DDR zwangsadoptiert wurden oder einen vermeintlichen Kindstod starben, sind bis heute nicht aufgeklärt: "Ein Unrecht, das mich seit Jahren berührt. Unbeschreibliche Schicksale tausender Menschen, die bis heute ihre Trauer nicht überwinden können", sagt Kilian Kerner, der die Gesamtreichweite seiner Show prominent nutzte, um gemeinsam mit dem Verein "Die gestohlenen Kinder" mehr Aufmerksamkeit auf dieses Unrecht zu lenken.

Bei Danny Reinke, der während seiner "The Hunt"-Inszenierung unter anderem Katharina van der Sandt und (schon wieder) GNTM-Topabsolvent Moritz Rüdiger ein (veganes) Einhorn jagen ließ, wird die Inspirationsgabe in der Fashionbranche sichtbar. Kurz vor Start des Stylings sagt ein wichtiges Model ab, weil es lieber auf einer anderen Show läuft. Der von Lars Carna nehme ich an, diesem Designer für Bademoden- und Unterwäsche-Discounter.

Da für eine viele Monate vorbereitete Show wie der von Danny Reinke über mehrere Casting- und Anprobe-Zyklen jedes Outfit perfekt auf ein bestimmtes Model zugeschnitten wird, ist eine solche kurzfristige Absage nicht leicht zu kompensieren. Dem Jagdabend mit Einhornhintergrund merkt man davon allerdings nichts an. The Show Must Go On. So wie diese Kolumne. Auf die nächste Berliner Fashion Week müssen wir bis Anfang 2026 warten. Einen neuen Promiauflauf aus der VIP-Gourmetküche von den Benken gibt es schon nächsten Dienstag. Bis dann.