Im siebten Versuch hat der Hamburger SV die Rückkehr in die Bundesliga geschafft. Der Aufstieg sorgte für eine euphorische Stimmung und einen Platzsturm – und leider auch Schwerverletzte.

Mehr News zum Thema Fußball

Es war 22:25 Uhr, als der Abpfiff ertönte und die Fans auf den Platz stürmten. Der Stadionsprecher verkündete noch einmal den Endstand: "SSV Ulm 1, HSV 6, damit steht es fest. Der HSV spielt in der kommenden Saison in der 1. Fußball-Bundesliga." Spieler wie Davie Selke oder Ransford-Yeboah Königsdörffer waren da bereits von unzähligen Fans umgeben, hüpften und sangen mit ihnen vor Freude.

"Das war geil, einfach geil, mehr kann ich dazu nicht sagen", beschrieb Mittelfeldspieler Jonas Meffert im Gespräch mit unserer Redaktion diesen Moment. "Wir sind brutal glücklich und so froh, dass wir es endlich geschafft haben. Viele haben jahrelang dafür gekämpft. Es ist einfach unfassbar, wenn man diese Stimmung hier im Stadion sieht. Ich glaube, die erste Liga in Deutschland kann sich freuen, dass wir aufgestiegen sind."

Mehrere Verletzte bei Platzsturm

"Nie mehr 2. Liga", sangen die Spieler in den Katakomben und tanzten. Wenige Meter davon entfernt kochten die Emotionen über. Begeisterte Fans versuchten, in Richtung Kabinen vorzudringen. Ein Aufgebot von Polizisten konnte dies verhindern.

Insgesamt erreichte der Platzsturm, der im Fußball nach großen Erfolgen grundsätzlich nicht ungewöhnlich ist, ein unkontrolliertes Ausmaß. Wie die Feuerwehr am frühen Sonntagmorgen mitteilte, mussten 26 Menschen ins Krankenhaus gebracht werden. 19 von ihnen wurden schwer, einer sogar lebensbedrohlich verletzt. Dies war der bittere Abschluss eines Abends, der so besonders begonnen hatte.

Busspalier vor dem Stadion

Bereits lange vor dem Anpfiff war rund um das Volksparkstadion die Bedeutung des Spiels zu spüren. Als der Mannschaftsbus eintraf, sorgten Hunderte von Fans mit einem Busspalier für einen besonderen Empfang.

Wenige Minuten vor Anpfiff sangen die Fans wie üblich "Mein Hamburg lieb ich sehr" – diesmal allerdings lauter als sonst. "Heute ist ein Tag, um Geschichte zu schreiben - und heute ist unser Tag", schrie der Stadionsprecher, ehe er die Mannschaftsaufstellung verlas.

Sämtliche Vereinsgrößen der vergangenen Jahre hatten sich zu diesem besonderen Spiel angemeldet. Darunter Uli Stein, Manfred Kaltz, Jimmy Hartwig oder Jaroslav Drobny. Warum die Verbundenheit zum Verein so groß ist? "Das ist eine geile Stadt, ein geiler Verein, und die Leute sind der Wahnsinn", sagte Drobny.

Nervöser Spielbeginn, ein Gegentor – dann die Wende

Doch die Euphorie drumherum ging mit einer Nervosität auf dem Platz einher. Die Hamburger fanden schlecht ins Spiel. Der Gegentreffer zum 0:1 in der 7. Minute sorgte für einen kurzzeitigen Schockzustand im Volksparkstadion. Nur die mitgereisten Fans aus Ulm waren zu hören: "Auswärtssieg, Auswärtssieg."

Was in den Spielern des HSV in diesem Moment vorging? "Ehrlich gesagt hatten wir uns darauf eingestellt, dass es uns so treffen kann", sagte Verteidiger Daniel Elfadli im Gespräch mit unserer Redaktion. "Wir hatten das Motto 'Belive', dass wir immer daran glauben müssen. Egal wie das Spiel läuft, egal was passiert. Wir waren gut darauf vorbereitet. Daher hat uns das nicht aus dem Spiel gebracht."

Tatsächlich drehte der HSV danach richtig auf. Ein schneller Ausgleich von Ludovit Reis, ein gehaltener Elfmeter von Daniel Heuer Fernandes, ein Lupfer von Ransford Königsdörffer, ein Kopfball von Davie Selke. Noch vor der Halbzeit stand es 3:1 – und das Volksparkstadion kochte. Ein kurioses Eigentor der Ulmer zum 4:1 sorgte für die Vorentscheidung.

In der 54. Minute sangen die ersten Fans bereits: "Nie mehr 2. Liga" – und der Rest stimmte mit ein. Königsdörffer und Daniel Elfadli legten zum Endstand von 6:1 nach. Als bereits die 80. Minute lief, hatte auch Sportvorstand Stefan Kuntz keinen Zweifel mehr am Aufstieg und umarmte seinen Nebenmann, den Vorstand für Finanzen Dr. Eric Huwer. In ihren Gesichtern spiegelten sich Freude und Erleichterung wider.

Merlin Polzin: Vom Fan zum Aufstiegs-Trainer

Seitdem der Hamburger SV im Sommer 2018 erstmals aus der Bundesliga abgestiegen war, sind sie sechsmal knapp am Wiederaufstieg vorbeigeschrammt. Viermal beendeten sie eine Spielzeit auf Rang 4, zweimal verloren sie in der Relegation. Sieben Trainer scheiterten daran, den HSV zurück in die Bundesliga zu führen.

Merlin Polzin wurde im November zum Cheftrainer befördert, nachdem Steffen Baumgart aufgrund von Erfolgslosigkeit entlassen wurde. Das Besondere: Polzin ist gebürtiger Hamburger und stand früher selbst als Fan im Fanblock.

"Es ist immer schön, wenn ein Trainer oder Spieler einen echten Bezug zum Verein hat", sagte Vereinspräsident Marcell Jansen vor einem Monat im Interview mit unserer Redaktion. "Er war zuvor bereits lange Co-Trainer bei uns. In dieser Zeit hat er viel gelernt und vor allem erkannt, wo es Verbesserungspotenzial gibt. Oft entscheiden im Sport nur Nuancen zwischen Aufstieg und Nicht-Aufstieg."

Steigende Einnahmen durch TV-Gelder und Sponsoren

Die Rückkehr in die Bundesliga sorgt für steigende Einnahmen. Allein die TV-Gelder, die beim HSV in dieser Saison bei rund 15,5 Millionen Euro lagen, dürften sich etwa verdoppeln. Auch die Einnahmen durch Sponsoren, Logen oder Business Seats werden sich ordentlich erhöhen.

Laut einem Bericht der "Bild" dürfte der Umsatz um insgesamt rund 30 Millionen Euro steigen. Das Budget für den Kader soll von derzeit 23 Millionen Euro auf rund 40 Millionen Euro hochgeschraubt werden.

Allerdings wird der HSV selbst mit diesem Budget zu den finanzschwächsten Vereinen der Bundesliga zählen. Ob sie sich langfristig in der 1. Liga etablieren werden, kann niemand vorhersagen. Doch so weit wollte inmitten dieser euphorischen Stimmung auch niemand denken.

Quellen

Teaserbild: © picture alliance/dpa/Christian Charisius