Ein Sieg aus fünf Spielen, dazu schon zwölf Gegentore und Platz 16 in der Tabelle: Unter dem neuen Trainer Sandro Wagner läuft es für den FC Augsburg in der Bundesliga noch nicht rund. Wie und warum sich die Fuggerstädter im Sommer neu aufstellen wollten – und weshalb das noch nicht klappt.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Victoria Kunzmann sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Die Stimmung hätte gedrückter nicht sein können bei den Profis des FC Augsburg nach dem letzten Spiel gegen den 1. FC Heidenheim. Zum einen, weil ein Fan im Stadion verunglückte und mit einem Helikopter abtransportiert werden musste. Zum anderen, weil die Punkteausbeute schon wieder bei Null lag. 1:2 verloren die Schwaben am fünften Spieltag.

Drei Punkte, zwölf Gegentore – Platz 16 in der Bundesliga. Das hatte man sich vor Saisonstart in Augsburg anders vorgestellt, war Trainer Sandro Wagner doch ebenso euphorisch wie neugierig empfangen worden. Der ehemalige Co-Trainer der Nationalmannschaft unter Julian Nagelsmann sollte dem langjährigen Bundesliga-Mitläufer als Nachfolger von Jess Thorup ein neues Gesicht verleihen. Bisher ist es ein Verzweifeltes. Woran das liegt und was besser werden muss.

Die Neuaufstellung des FCA: Ein neues Offensivgesicht

Gründe für einen kompletten Neuanfang lagen nach der vergangenen Spielzeit kaum auf der Hand: Augsburg hatte die Saison auf Platz zwölf abgeschlossen mit 43 Punkten und einer beträchtlichen Anzahl an Siegen, vor allem in der Rückrunde nach starken Leistungen gegen Borussia Dortmund (1:0), Leipzig (0:0) oder Eintracht Frankfurt (0:0). Doch man wollte mehr.

"Der Ansatz des Vereins war im Sommer, zu zeigen, dass der FCA offensiver und mutiger spielen wird. Dazu gehören das Auftreten des Vereins und das, was sie auf dem Platz zeigen", sagt Florian Eisele, FCA-Reporter und Podcaster der "Augsburger Allgemeinen". Im Zuge dieses Plans habe man sich vom bisherigen Trainer und Sportdirektor getrennt – und neben Sandro Wagner mit Benjamin Weber einen neuen Sportdirektor geholt. Auch Kaderplaner Marc Lettau, Manuel Baum als Leiter Innovation und Julian Baumgartlinger als Leiter der Lizenzspielerabteilung sind neu.

Wagners Spielidee – und warum sie bisher scheitert

Der 37-jährige Wagner, der vor Augsburg nur eine Station als Cheftrainer bei der SpVgg Unterhaching innehatte, versuchte von Beginn an der Mannschaft einen offensiven Ansatz zu implementieren. Ein Plan, der nicht aufging: "Ein Problem von Sandro Wagner scheint es zu sein, dass er zu viele Ideen umsetzen will und vieles zu komplex ist. Viele Spieler scheinen ein bisschen überfordert zu sein", sagt Eisele. Wagner sprach in der Vorbereitung gar von "bewusster Überforderung" seiner Mannschaft.

Vor allem nach den beiden Niederlagen gegen Mainz 05 (1:4) und Heidenheim (1:2) wird deutlich, dass die Abstimmung zwischen den Mannschaftsteilen noch nicht funktioniert, die Spieler teilweise falsch laufen und pressen. Hinzu kommen "ungewöhnliche" Wagnisse des Trainers, wie Eisele es beschreibt, beispielsweise Elvis Rexhbecaj – normalerweise ein zentraler Mittelfeldspieler, den Wagner als Linksverteidiger einsetzte. Dass der Trainer seine Taktik umstellen werde, glaube er nicht. "Dafür wird er personelle Wechsel vornehmen, um den Konkurrenzkampf zu befeuern."

Hat Wagner den Mund zu voll genommen?

Mit Sätzen wie "Von der Qualität her sind wir genauso gut wie die Bayern" sorgte der Ex-Bayern-Stürmer gleich für Aufmerksamkeit bei seinem neuen Verein. Nach der deutlichen Pleite gegen Mainz sprach er von der "besten Trainingswoche", seit er bei den Schwaben sei – und verlor dann. Diese Aussagen würden ihm nun "auf die Füße" fallen, sagt Eisele, doch: "So ist er einfach. Er hat die große Klappe und auch dafür wurde er geholt."

Nicht alles an dieser polarisierenden Darstellung sei negativ, denn damit nehme er den Spielern einen gewissen Druck und lade ihn auf sich. Wenn man die Berichterstattung betrachtet, scheint es, "als habe Wagner gegen Freiburg allein gewonnen und zuletzt auch allein verloren." Das nehme die Spieler aus der Schusslinie. Und: Es gebe Spieler, "die seinetwegen geblieben sind. Man verspricht sich eine gewisse sportliche Qualität von ihm." Aber wie lange braucht Wagner noch, bis er sie zeigen kann?

Wie viel Zeit bekommt Wagner noch?

Am sechsten Spieltag empfängt Augsburg den Tabellenzwölften VfL Wolfsburg – ein erstes Entscheidungsspiel. Auf "taktische Finessen" käme es jetzt schon nicht mehr an, sagt Reporter Eisele. Schon gegen Heidenheim hatte der Trainer gefordert, zu den Grundtugenden zurückzukehren. "Auf den Einsatz kommt es an." Wagner wolle "mehr Explosivität, mehr Power" sehen. Auch Sportdirektor Weber sagt: "Der Druck von außen nimmt natürlich zu. Am Samstag müssen wir liefern", so zitiert ihn "Sport Bild". Man müsse "den Trend umkehren."

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Innerhalb des Vereins halte sich der Druck aber noch in Grenzen, sagt Eisele. "Ich glaube, dass Sandro Wagner sehr viel Zeit bekommen wird, da der FCA seine strukturelle Ausrichtung im Sommer geändert hat. Sandro Wagner ist das Gesicht des Umbruchs und der mutigen Herangehensweise."

Trotz aller Unruhe gibt sich Sandro Wagner weiterhin positiv – wie auch schon in den vergangenen Wochen. "Wir können mit einem guten Spiel wieder in die Spur kommen." Vielleicht ist dann endlich das neue Gesicht des FCA zu sehen.

Über den Gesprächspartner

  • Florian Eisele ist Sportreporter für den FC Augsburg bei der "Augsburger Allgemeinen". Für die Zeitung hostet er auch den Podcast "Viererkette", in dem es wöchentlich um alles Neue rund um den FC Augsburg geht.

Verwendete Quellen