Die Rassismus-Vorfälle bei zwei DFB-Pokalspielen am Sonntag rufen sogar die Fifa auf den Plan. Warum besonders einer der Fälle Sorgen bereiten muss.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Julian Münz sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Sportliche Überraschungen gab es im DFB-Pokal am Sonntag keine einzige. Für besonders viel Aufsehen sorgten stattdessen zwei unschöne Situationen, in denen schwarze Spieler rassistische Beleidigungen von Fans zu hören bekamen.

Da wäre zum einen das Spiel zwischen Regionalliga-Meister Lokomotive Leipzig und dem FC Schalke, das die Gäste nach Verlängerung mit 1:0 gewannen. Dort zeigte Schalkes Christopher Antwi-Adjei in der ersten Halbzeit eine rassistische Beleidigung beim Schiedsrichter an, woraufhin das Spiel für fünf Minuten unterbrochen wurde. Im parallel stattfindenden Spiel zwischen der RSV Eintracht gegen den 1. FC Kaiserslautern (0:7) wurde ein nicht benannter Auswechselspieler der Lauterer beim Aufwärmen beleidigt.

Es waren Vorfälle, die auch international für kein gutes Bild des deutschen Fußballs: "Bei zwei DFB-Pokalspielen in Deutschland gab es untragbare Vorfälle", ließ Fifa-Präsident Gianni Infantino am Montag ausrichten. Und: "Das Spieler-Gremium, das als Teil der 2024 vom Fifa-Rat beschlossenen fünf Aktionsbereiche im Kampf gegen Rassismus gegründet wurde, wird sich mit dem Deutschen Fußball-Bund in Verbindung setzen und diese Vorfälle weiterhin genau beobachten." Der DFB erklärte bereits, die Fälle zu untersuchen und Ermittlungen gegen die beiden Vereine einzuleiten.

Schnell war bei beiden Partien von Einzelpersonen die Rede, die für die negativen Schlagzeilen verantwortlich seien. Besonders der FC Schalke war mit dieser Beurteilung der Vorfälle in Leipzig alles andere als zufrieden. Und das kommt nicht von ungefähr: Denn die Reaktionen der Fans und Verantwortlichen nach den Vorfällen zeigten deutliche Unterschiede auf.

Lok Leipzig spielt Auspfeifen herunter

Noch in der Halbzeit äußerte sich Lok Leipzigs Pressesprecher Carsten Muschalle zu den Vorfällen gegenüber Sky. "Wir haben einen Mitarbeiter, der genau an der Stelle sitzt, wo der Spieler gestanden hat. Der hat nichts gehört. Auch der Linienrichter hat wohl nichts gehört", sagte Muschalle - zu diesem Zeitpunkt eine legitime Einschätzung. Problematischer war hingegen, wie der Pressesprecher der Leipziger eine viel leichter zu verifizierende Tatsache ein wenig herunterspielte.

Denn nachdem der Stadionsprecher in Leipzig darauf hingewiesen hatte, rassistische Beleidigungen gegen Spieler zu unterlassen, pfiff das Stadion Antwi-Adjei bei seinen Ballkontakten konsequent aus - als einzigen Spieler der Schalker. Es sei "nicht ganz unüblich, dass ein Spieler ausgepfiffen wird", sagte Muschalle dazu. Das stimmt zwar in der Theorie - jedoch waren die Hintergründe des Auspfeifens hier sehr konkret.

Dass es der Schalker gewesen war, der für die Durchsage verantwortlich war, war den Fans zu diesem Zeitpunkt nämlich wohl bewusst. Und der Grund für die Pfiffe deshalb relativ offensichtlich. Die Fans sendeten den Spielern auf dem Feld die Botschaft: Die Beschwerde ist das Problem, nicht der Rassismus.

Schalke-Trainer sieht keinen "Einzelfall"

Kein Wunder, dass Schalke-Trainer Miron Muslic nach dem Spiel vor allem über die Darstellung als Einzelfall sauer war. "Das ganze Stadion hat ein Gefühl gehabt, warum das Spiel unterbrochen ist. Das ganze Stadion hat gepfiffen", sagte Muslic in der Pressekonferenz nach der Partie. Dass es sich beim rassistischen Vorfall um einen Einzelfall handelte, wollte er deshalb explizit nicht stehenlassen.

Wie man es besser macht, zeigte der RSV Eintracht 1949 aus Stahnsdorf, der als brandenburgischer Pokalsieger erstmals in der Hauptrunde des DFB-Pokals spielte. Als der Stadionsprecher hier auf das Unterlassen von rassistischen Beleidigungen hinwies, klatschen Fans von beiden Klubs, zudem skandierten die Fanlager beider Seiten gegen Diskriminierung. Ein mutmaßlicher Täter soll laut einem Bericht der "Märkischen Allgemeinen Zeitung" des Stadions verwiesen worden sein. Auch relativierende Aussagen gab es bei den Stahnsdorfern nicht.

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Dementsprechend war es hier auch angebrachter, am Ende anders über den Vorfall zu sprechen. "Es ist nicht das Sinnbild, für das Stahnsdorf steht, und wie wir hier empfangen wurden", sagte Kaiserslauterns Trainer Torsten Lieberknecht nach der Partie: "Irgendein Vollidiot ist immer dabei."

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