Elisa Senß ist zwar die zweitkleinste Spielerin im deutschen EM-Kader, aber eine absolute Größe im Spiel der DFB-Frauen. Für den Bundestrainer "steht Elisa außer Frage". Gegen Spanien geht es für die giftige Sechserin nun gegen die beste Fußballerin der Welt.
"Aus meiner Sicht hat sie Fähigkeiten, die im Frauenfußball nur selten zu sehen sind. Von daher steht Elisa außer Frage". Das sagte
"Elisa hatte mit die meiste Einsatzzeit unter meiner Regie: Das allein ist schon Wertschätzung genug, um ihr zu zeigen, dass sie ein unheimlich wichtiger Bestandteil der Mannschaft ist", führte der sonst, zumindest im Umgang mit der Presse, eher kühle Franke euphorisch aus.
"Senß wird der Liebling der Nation"

Schon vor der EM in der Schweiz prophezeite ZDF-Expertin Kathrin Lehmann: "Senß wird der Liebling der Nation" und begründete dies im Gespräch mit "Watson" wie folgt: "Mit großer Willenskraft und Intelligenz hält sie die Defensive und die Offensive zusammen".
Gesagt, getan. Keine andere Fußballerin hat in den bisherigen vier EM-Partien so viele verschiedene Gegenspielerinnen im Zweikampf gefordert wie Senß (16). Keine andere EM-Teilnehmerin hat im defensiven Drittel des Feldes mehr Zweikämpfe gewonnen (elf).
Eine beinharte Abräumerin mit blütenweißer Schiri-Akte
Im deutschen Kader haben nur die Innenverteidigerinnen und die Torhüterin bislang mehr Pässe gespielt als die defensive Mittelfeldspielerin, die nach vorne den Takt vorgibt.

Nach dem Viertelfinale steht Senß im Daten-Portal "fbref" außerdem auf Platz eins der begangenen Fouls: 12-mal "senßte" sie ihre Gegnerinnen bereits um im bisherigen Turnierverlauf. Ihr disziplinarischer Rekord ist hingegen blütenweiß: In vier Einsätzen hat Senß noch keine Gelbe Karte bekommen.
Es hilft womöglich, dass die zierliche Frankfurterin ihren robusten Gegenspielerinnen wie Schwedens Stina Blackstenius oder Frankfreichs Sandy Baltimore optisch um mindestens zehn Zentimeter und zwanzig Kilo unterlegen ist.
Eine 1,61 Meter kleine Kampf-Fee, die "beißt" und "aggressiv und eklig" spielen kann
Im Augentest der Schiedsrichterinnen kommt die giftige Senß mit vielem durch, wofür andere Fußballerinnen wohl schnell verwarnt werden würden. So wie Senß' kongeniale Partnerin auf der Doppelsechs, Sjoeke Nüsken, die schon zweimal Gelb gesehen hat, obwohl sie laut "fbref" im gesamten Turnierverlauf erst sechs Fouls beging – bei Senß waren es doppelt so viele.
"Elisa ist eine unheimlich quirlige Spielerin, die einen sehr tiefen Körperschwerpunkt hat und gegen den Ball sehr aggressiv und eklig spielen kann", zitiert der "Kicker" Niko Arnautis, den Trainer der Frankfurter Eintracht, für die Senß seit 2024 spielt.
Senß' Silhouette und Statur gleicht eher der einer Bodenturnerin als einer klassischen Abräumerin. Und so schwebt Senß eben wie eine Kampf-Fee über den Fußballplatz: Kompromisslos in der Defensive, ballsicher im Passspiel, elfenhaft elegant im Spielaufbau. Dass sie es mit physisch überlegenen Gegnern aufnehmen kann, bewies sie übrigens schon zu Jugendzeiten, wo sie bis zur C-Jugend bei den Jungs mitspielte.
"Elisa hat gleich im ersten Training einen getunnelt – da war die Messe gelesen."
"Talentierte Mädchen kicken bei ihren männlichen Altersgenossen mit" heißt die Überschrift einer Lokalzeitung aus Niedersachsen, die schon 2013 über die damals 15 Jahre junge Senß berichtete. "Bei den C-Junioren des VfL Wildeshausen waren die Verhältnisse rasch geklärt: 'Elisa hat gleich im ersten Training einen getunnelt – da war die Messe gelesen', erzählt Co-Trainer Kai Schmale und lacht". So steht es in der Einleitung des Spielberichts, der die Teenagerin Senß als offensive Mittelfeldspielerin mit Torriecher, Technik und Überblick anpreist.
Senß' Gegenspielerin im EM-Halbfinale gegen Spanien: Aitana Bonmatí
Ihre Offensiv-Qualitäten ließ Senß unter anderem bei Olympia 2024 aufblitzen, als sie gegen Sambia einen technisch anspruchsvollen Ball einfach mal volley nahm und in die Maschen drosch. Die Zuschauer der ARD-"Sportschau" wählten den Sonntagsschuss damals zum Tor des Monats.
Im Halbfinale gegen Spanien kommt es nun vermutlich auf Senß' Kerngeschäft an: die Defensivarbeit. Ihre Gegenspielerin ist niemand Geringeres als Spaniens Ballzauberin Aitana Bonmatí, die 2024 und 2025 den Ballon d'Or Feminin für die weltbeste Fußballerin gewann.
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Ob Senß auch dieser Herausforderung gewachsen ist? Ja, findet ihre Frankfurt- und Deutschland-Kollegin Sophia Kleinherne: "Elisa ist sehr präsent, unfassbar zweikampfstark. Das mag man vielleicht aufgrund ihrer Körpergröße nicht glauben, aber sie beißt sich wirklich in jeden Zweikampf."
Verwendete Quellen:
- Watson.de: DFB-Frauen: ZDF-Expertin Lehmann schwärmt von Senß
- "fbref": UEFA Women's EURO 2025 - Defensive Actions
- Kicker-Sonderheft: Frauen-EM 2025
- WayBackMachine: Zeitungsartikel über VfL Wittekind Wildeshausen
- Sportschau.de: Gesetzt im DFB-Mittelfeld Elisa Senß - "Helferlein" mit Hang zu schönen Toren
- Sportschau.de: Tor des Monats Juli 2024 Senß' olympischer Volleyheber