Kurz nach der Uefa-Genehmigung für Ligaspiele im Ausland kritisieren Spieler von Barcelona und Milan die Entscheidung scharf. Während Fans und Profis protestieren, feiern die Ligabosse ihre historische Entscheidung.

Die Profis rebellieren, den Bossen geht es um die Kohle, die Fans sind stinksauer – die "Auswärtsspiele" von La Liga und der Serie A sorgen für massiven Ärger in Spanien und Italien.

Nachdem die Uefa Anfang der Woche widerwillig grünes Licht für Ligaspiele im Ausland gegeben hat, sprechen Spieler der betroffenen Klubs, AC Mailand und FC Barcelona, von Wettbewerbsverzerrung und finanziellen Deals, die wichtiger als die Spieler selbst seien. Besonders deutlich wurde der Niederländer Frenkie de Jong, der die Verlegung des Auswärtsspiels seines FC Barcelona nach Miami harsch kritisierte.

"Komplett verrückt": Profis kritisieren Auslandsspiele scharf

"Ich finde es nicht gut, dass wir dort spielen werden, ich bin damit nicht einverstanden", sagte der Profi vom spanischen Meister in einer Medienrunde im Trainingslager der niederländischen Nationalmannschaft. De Jong sieht durch das ausgelagerte Ligaspiel gegen den FC Villarreal am 20. Dezember ungleiche Bedingungen gegeben. "Das ist nicht fair für den Wettbewerb."

Frenkie de Jong
Frenkie de Jong sieht durch das ausgelagerte Ligaspiel gegen den FC Villarreal am 20. Dezember ungleiche Bedingungen gegeben. © IMAGO/DeFodi Images/Marcel van Dorst

Statt eines regulären Auswärtsspiels müsse Barca nun auf neutralem Boden antreten – Tausende Kilometer entfernt von Spanien. "Das gefällt mir nicht und ich halte es für die Spieler für nicht richtig", sagte er.

Auch aus Italien kommen ähnliche Töne: Milan-Profi Adrien Rabiot nannte die Entscheidung, das Spiel gegen Como im australischen Perth auszutragen, "komplett verrückt". Laut dem 30-Jährigen gehe es dabei nur ums Geld und die Sichtbarkeit der Liga – und viel weniger um die Spieler. "Es gibt das Gerede um Spielpläne und das Wohlergehen der Spieler, aber das erscheint echt absurd", fügte Rabiot hinzu und verwies auf den langen Flug an die australische Westküste und die Zeitumstellung. "Wir werden uns anpassen müssen, wie immer", sagte er.

Ligachefs schießen gegen die eigenen Stars

Um die Kritik an der ausufernden Kommerzialisierung zu ersticken, schießen die Macher der beiden Topligen sogar gegen die eigenen Stars – getreu dem Motto "Mund halten und kicken".

Italiens Ligachef Luigi De Siervo konterte Rabiots Kritik scharf: Fußballprofis, die Millionen verdienten, sollten "mehr Respekt zeigen" und ihren Arbeitgeber unterstützen. "Rabiot vergisst, wie alle Spieler, die Millionen von Euros verdienen, dass sie dafür bezahlt werden, eine Sache zu tun. Und das ist Fußballspielen", so De Siervo. Er verwies darauf, dass die amerikanische Football-Liga NFL und die nordamerikanische Basketball-Liga längst Spiele in Übersee veranstalten und auch die Rad-Großereignisse Tour de France und Giro d'Italia ins Ausland gehen.

Spaniens Ligaboss Javier Tebas äußerte immerhin Verständnis für die Kritik, feierte aber dennoch die Entscheidung. "Wir verstehen und respektieren die Bedenken, die diese Entscheidung hervorrufen, aber es ist wichtig, sie im Kontext zu sehen – es ist nur ein einziges Spiel von insgesamt 380 in dieser Saison", sagte Tebas: "Mit diesem Spiel machen wir einen historischen Schritt, der La Liga und den spanischen Fußball in eine neue Dimension katapultiert."

"Vollständige Ablehnung" von Fangruppen

Ähnlich wie die Spieler zeigen sich auch die Fans wenig begeistert: Schon vor der endgültigen Entscheidung der spanischen Liga hatten 18 Fangruppen ihre "vollständige Ablehnung" zum Ausdruck gebracht. Barcelonas Erzrivale Real Madrid sprach von einem "inakzeptablen Präzedenzfall". Barca-Präsident Joan Laporta zeigte sich dagegen "dankbar für die Gelegenheit, einem der wichtigsten strategischen Märkte des Vereins noch näher zu kommen".

Die Auswirkungen erreichen allerdings auch neue Dimensionen. So dürfen Villarreals Dauerkarteninhaber kostenlos zum Spiel anreisen. Fans, die den Weg (etwa 7.500 Kilometer Luftlinie) nicht auf sich nehmen wollen, erhalten einen Rabatt von 30 Prozent auf den Preis ihrer Dauerkarte.

Uefa hatte widerstrebend zugestimmt

Am Montag hatte die Europäische Fußball-Union (Uefa) "widerstrebend" und "ausnahmsweise" die Austragung der beiden Auslandsspiele genehmigt. Für die Bundesliga kommt ein solcher Schritt laut Hans-Joachim Watzke nicht infrage. "Solange ich bei der Liga in der Verantwortung stehe, wird es kein Pflichtspiel im Ausland geben", sagte der Präsidiumssprecher der Deutschen Fußball Liga (DFL): "Das ist nicht interpretationsfähig."

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DFL-Geschäftsführer Marc Lenz untermauerte diese Position. "Für uns ist das und keine Option", sagte Lenz im Podcast "Spielmacher von 360Media": "Es würde der Zentralvermarktung helfen, ist aber nicht unser Kern und entspricht nicht unserer gesellschaftlichen Verankerung." Grundsätzlich hat Lenz aber "Verständnis" für den Schritt. "Der Mehrwert, den ausländische Ligen sehen, ist nicht zu verneinen", äußerte Lenz. Die konkrete Mehreinnahme für die jeweilige Liga bezifferte Lenz auf einen zweistelligen Millionenbereich. (dpa/sid/bearbeitet von ali)