Auf nationaler Ebene gewinnt Paris Saint-Germain unter der Leitung von Thomas Tuchel Titel um Titel. In der Champions League blieb der große Erfolg bisher allerdings aus. Ist der Deutsche deswegen "gescheitert"?

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Nach seiner Zeit bei Borussia Dortmund unterschrieb Thomas Tuchel im Sommer 2018 einen Vertrag bei Paris Saint-Germain. Dort sollte der akribische Trainer schaffen, was Unai Emery, Laurent Blanc und Carlo Ancelotti vorher nicht gelungen war: den Titel in der Champions League gewinnen.

Im Sommer 2020 war PSG sehr nahe dran, stand im Endspiel - und unterlag dem FC Bayern. Doch nahe dran reicht Präsident Nasser Al-Khelaifi nicht.

Tuchel bei PSG: Nationale Dominanz

Sechs Titel konnte Thomas Tuchel seit seinem Amtsantritt in Paris gewinnen. In der Vorsaison waren es alleine vier nationale Titel. PSG ist der Branchenprimus in Frankreich, unter Tuchel ist der Abstand auf die Konkurrenz nur noch größer geworden.

Die Mannschaft spielt einen sehr anspruchsvollen Fußball und ist den Gegnern nicht nur individuell, sondern auch taktisch häufig überlegen.

In der Saison 2018/19 der Ligue 1 betrug der Vorsprung auf Vizemeister Lille am Ende 16 Punkte, dazu erzielte PSG sage und schreibe 105 Saisontore.

In der Vorsaison wurde die Liga abgebrochen, aber selbst mit einem Spiel weniger auf dem Konto ließ man Olympique Marseille nach 28 Spieltagen acht Punkte hinter sich. Niederlagen auf nationaler Ebene gibt es kaum. Und das, obwohl hier häufiger rotiert wird, weil der Fokus auf der Champions League liegt.

Der Faktor Champions League

In Tuchels Debütsaison ließ man in der Gruppenphase den FC Liverpool, die SSC Neapel und Roter Stern Belgrad hinter sich, musste aber schon im Achtelfinale gegen Manchester United den Kürzeren ziehen. In der Vorsaison gab es einen souveränen Gruppensieg vor Real Madrid, in der K.O.-Runde schlug PSG dann Borussia Dortmund, Atalanta und RB Leipzig, ehe das Finale verloren wurde.

Diese Mannschaft zeigte, dass sie europäische Topteams schlagen und sogar dominieren kann. Nur die letzten Prozente fehlten.

In der nun laufenden Saison blickten deswegen viele Experten gespannt auf PSG, zählten den Klub zu den Favoriten - eine Mannschaft mit Spielern wie Neymar, Kylian Mbappe oder Marco Verratti nicht zumindest zu den Kandidaten auf den Titel in der Königsklasse zu zählen, wäre auch vermessen.

Doch zwei der ersten drei Spiele wurden verloren. Das Aus in der Gruppe mit Manchester United und RB Leipzig droht. Die Personalsorgen waren ein Faktor, Ausreden wollen die Verantwortlichen aber nicht mehr hören.

Tuchel und die Verantwortlichen: Keine Liebesbeziehung

Ohnehin ist die Beziehung zwischen Thomas Tuchel und den Vereinsverantwortlichen in den mittlerweile mehr als zwei Jahren ein Thema für sich. Der Trainer wollte Innenverteidiger Thiago Silva halten, der Verein entschied sich anders. Auch Transferwünsche wurden kaum erfüllt, Tuchel musste öffentlichen Druck ausüben, damit der Kader überhaupt verstärkt wurde.

Wiederkehrende Spannungen zwischen dem Trainer und Sportdirektor Leonardo sorgen im Umkehrschluss aber auch für fehlende Rückendeckung. Leonardo deutete zuletzt zwar an, dass es nie den Gedanken gab, Tuchel zu entlassen. Aber eine frühzeitige Vertragsverlängerung wurde auch nicht in Aussicht gestellt.

"Beim Thema Trainer haben wir Zeit. Jetzt ist nicht der Moment, um die Dinge zu bewerten", teilte Leonardo zuletzt mit.

Die Zukunft von Tuchel liegt nicht zwingend bei PSG

Doch es wird die Phase in der Saison kommen, in der die Arbeit von Thomas Tuchel bewertet wird. Eine Entscheidung für die Zukunft muss getroffen werden. Abzuwarten bis die Champions League vorbei ist, ist keine Option. Denn die Trainersuche ist mit viel Aufwand verbunden und erfordert Zeit.

Genau dieser Faktor spricht eher dafür, dass die Zusammenarbeit zwischen PSG und Tuchel nach dieser Saison endet. Verlängert man früh und scheidet kurz danach in der Champions League aus, entstehen möglicherweise neue Spannungen. Und vollends überzeugt scheint man ohnehin nicht zu sein.

Sollte gar der K.o. in der Gruppenphase der Königsklasse erfolgen, wäre es realistisch, dass die Entscheidung für eine neuen Trainer schon relativ früh fällt. Massimiliano Allegri, Mauricio Pochettino, Marcelino Toral: Einige prominente Trainer sind gegenwärtig ohne Anstellung.

Ist Thomas Tuchel also an PSG gescheitert, sollten sich die Wege trennen? Mitnichten. Es gab Höhen und Tiefen, einige Enttäuschungen, aber auch viele Titel und eine Weiterentwicklung in der Champions League.

Eigentlich fehlte dort nur der letzte, entscheidende Schritt, um die Vision von Al-Khelaifi & Co. zu erfüllen. Der 47-Jährige wird sicher einen anderen Topklub finden. Die Frage ist nur, ob PSG einen Trainer findet, der die Mission zeitnah vollenden kann.

Verwendete Quellen:

  • Weltfussball.de: Trainerhistorie Paris Saint-Germain
  • UEFA.com: Tabellen Champions League
  • Transfermarkt.de: Thomas Tuchel Erfolge
  • Neunzigplus.de: Leonardo über Tuchel: "Nicht der Moment", um über Vertrag zu reden
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