Laura Siegemund bringt Aryna Sabalenka im Viertelfinale von Wimbledon in große Schwierigkeiten - für mehr reicht es dann aber leider nicht. Denn die Deutsche wird für ihren großen Kampf gegen die Favoritin nicht belohnt.

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Laura Siegemund nahm Aryna Sabalenka fair in den Arm, packte fix ihre Tasche und verschwand dann winkend vom tosenden Centre Court: Der Traum der 37-Jährigen vom sensationellen Halbfinaleinzug in Wimbledon ist trotz einer grandiosen Leistung und heroischem Kampf geplatzt.

Die Schwäbin hatte die Weltranglistenerste in einem Dreisatz-Krimi auf der größten Tennis-Bühne der Welt am Rande einer Niederlage, durch das 6:4, 2:6, 4:6 endete Siegemunds märchenhafte Reise im Südwestens Londons aber auf ganz bittere Weise. Nach einem Turnier für die Geschichtsbücher verabschiedet sich die Deutsche erhobenen Hauptes aus London.

"Um ehrlich zu sein, ich brauche Zeit, um runterzufahren. Sie hat mich so gepusht. Nach dem ersten Satz habe ich in meine Box geguckt und gedacht: 'Bucht die Tickets, wir verlassen diese schöne Stadt'", sagte Sabalenka im On-Court-Interview und fügte an: "Ich habe mich nur auf mich konzentriert. Ich wollte ihr nicht zeigen, dass ich genervt bin. Auch wenn ich es manchmal war."

Steffi Graf (7) und Angelique Kerber (1) bleiben damit die einzigen deutschen Frauen, die in der Ära des Profitennis (seit 1968) den Rasen-Klassiker gewinnen konnten. Siegemund darf sich trotz des Ausscheidens über 400.000 Pfund Preisgeld sowie 430 Punkte für die Weltrangliste freuen, die sie von Platz 104 um rund 50 Ränge klettern lassen. Dazu ist Siegemund Mitglied im elitären Last-8-Club von Wimbledon, der allen Viertelfinalteilnehmern unter anderem lebenslang Tickets garantiert.

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Becker: Siegemund hat "Geschichte geschrieben"

Schon vor dem schwierigen Duell mit Sabalenka habe Siegemund mit ihrem überraschenden Lauf "Geschichte geschrieben", hatte Ikone Boris Becker gesagt. Älter als Siegemund war keine Spielerin, die im All England Club in der Open Era erstmals das Viertelfinale erreichte.

Für den vollen Fokus auf das Einzel zog sie an der Church Road sogar in ihrem geliebten Doppel- und im Mixed-Wettbewerb zurück. Sie habe "nichts zu verlieren" und "darf der fröhliche Underdog" sein, hatte Siegemund vor der Partie gesagt, und gegen die Nummer eins der Welt startete sie perfekt ins Spiel. Sie erarbeitete sich mit zwei schönen Stopps und einem Passierball sofort Breakchancen - und nutzte die zweite mit einem Return-Winner zum 1:0.

Auch in der Folge blieb Siegemund mit ihrem variablen Spiel gefährlich, erst beim 0:3 im ersten Satz kam Sabalenka langsam in die Partie. Siegemund blieb aber cool, setzte weiter viele Stopps ein und nervte die fehleranfällige Belarussin damit massiv. Vor den Augen von US-Schauspielerin Jodie Foster sicherte sie sich nach 57 Minuten mit ihrem zweiten Satzball den Durchgang - und ballte die Faust.

Siegemund hielt lange gut dagegen

Sabalenka verschwand für einige Minuten in der Kabine und kam dann wie verwandelt wieder heraus. Siegemund hielt bis Mitte des zweiten Satzes gut dagegen, verlor gegen das druckvolle Spiel der Belarussin dann aber etwas den Faden - und musste erstmals im Turnier einen Satz abgeben.

Im entscheidenden Durchgang entwickelte sich ein Krimi, Sabalenka verlor mehr und mehr die Nerven. Beim Stand von 1:3 aus ihrer Sicht schlug sie mit dem Schläger wütend auf das Netz. Die Belarussin kämpfte sich trotzdem zurück und machte den Halbfinaleinzug perfekt.

Siegemund, die einst zehnmal in der Qualifikation für Grand Slams gescheitert war, bevor sie 2015 in Wimbledon ihr Hauptrunden-Debüt gab, war nach dem Aus von Eva Lys, Tatjana Maria und Ella Seidel die letzte Deutsche im Turnier - und kann trotz der dramatischen Niederlage aus London viel Positives mitnehmen. (sid/bearbeitet von jum)

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