Leon Goretzka war im Sommer 2024 beim FC Bayern München nicht mehr erwünscht, absolvierte daraufhin aber dennoch 40 Pflichtspiele. Doch wie sieht seine Zukunft aus? Sein Ex-Trainer Peter Neururer äußert sich im Gespräch mit unserer Redaktion deutlich.
Normalerweise wäre
In den ersten sechs Bundesligaspielen der Saison wurde Goretzka nur ein einziges Mal eingewechselt – und zwar eine Minute vor Spielende. Der Tiefpunkt: Am dritten Spieltag beim Auswärtsspiel gegen Holstein Kiel stand der 30-Jährige überhaupt nicht im Kader. Niemand hätte damals geahnt, dass Goretzka noch zu einem Leistungsträger des FC Bayern werden würde – doch genau so kam es. Er absolvierte 40 Pflichtspiele und stand 23 Mal in der Startelf.
"Die Art und Weise, wie der Verein ihn versucht hat zu verabschieden, passte eigentlich nicht zum FC Bayern."
Peter Neururer, der früher beim VfL Bochum der Trainer von Goretzka gewesen ist, wundert das nicht. "So wie ich Leon kennengelernt habe, ist er in jeder Funktion für eine Mannschaft wichtig – selbst wenn er nicht spielt. Die Art und Weise, wie der Verein ihn versucht hat zu verabschieden, passte eigentlich nicht zum FC Bayern. Aber wie Leon das unkommentiert ließ und dennoch seine Leistung gebracht hat, war grandios", sagt Neururer im Gespräch mit unserer Redaktion.
Viele andere Spieler hätten sich über die eigene Situation öffentlich beschwert. Goretzka tat dies nicht. "Er ist ein absoluter Vollprofi, gerade auch im Sozialverhalten", sagt Neururer. "Das kann sich ein Trainer nur erträumen. Selbst wenn er von seiner eigenen Situation gefrustet ist, lässt er das seine Mitspieler nicht spüren. Stattdessen bringt er sich voll ein. Er ist nicht nur fußballerisch eine Ausnahme, sondern auch menschlich, vom Intellekt und vom Auftreten her."

Goretzka gab zu: "Es war hart für mich"
Später gab Goretzka gegenüber dem "kicker" zu: "Der Sommer war schon hart für mich. Es hat eine Weile gedauert, um für mich einen Weg zu finden, damit umzugehen." Dass er weniger Torbeteiligungen (fünf Pflichtspieltore, zwei Vorlagen) als in den Jahren zuvor hatte, habe für ihn keine Aussagekraft. "Leider setzt man sich nicht immer in der Tiefe mit Taktiken auseinander und bewertet Spieler gerne nach Torchancen und Toren und nicht immer auch nach der Leistung über die vollen 90 Minuten."
Tatsächlich ist es bemerkenswert, dass sich seine Statistiken in der Bundesliga gegenüber der Vorsaison in nahezu allen relevanten Statistiken verbessert haben. Seine Passquote lag laut der Datenbank des "kicker" bei 91 Prozent. In der Vorsaison kamen 89 Prozent seiner Pässe beim Mitspieler an.
Auch seine Erfolgsquote bei den Zweikämpfen hat sich von 50 Prozent auf 57 Prozent verbessert. Seine Dribblings sind erheblich besser geworden. In der Spielzeit 2023/24 kam er auf 63 Prozent erfolgreiche Dribblings, in der zurückliegenden Saison auf starke 88 Prozent. Zudem hat er mehr Speed. Die höchste Geschwindigkeit, die bei Goretzka in der zurückliegenden Saison gemessen wurde, lag bei 34,4 km/h. In der Saison zuvor waren es 32,9 km/h.
Das Zusammenspiel mit Kimmich ist entscheidend
Laut Neururer bedeute das allerdings nicht, dass Goretzka in der Saison 2023/24 schlecht gespielt habe, was das Verhalten des FC Bayern im Sommer 2024 erklären würde. "Goretzka hat auf der Sechser-Position (defensives Mittelfeld, Anm.d.Red.) neben einem damals schwächelnden
"Er hatte sich total in den Dienst der Mannschaft gestellt, ohne an sich selber zu denken. Seine Statistiken waren damals nicht so gut. In der vergangenen Saison allerdings hat sich die Qualität von Kimmich auf seiner Position gesteigert. Daher wurden auch die Werte von Goretzka besser."
Dessen Qualitäten seien laut Neururer ohnehin unbestritten: "Leon ist wahnsinnig schnell, wahnsinnig laufstark und wahnsinnig spielintelligent. Er ist kein klassischer Sechser und kann im Mittelfeld auf jeder Position spielen. Sogar in der Innenverteidigung hat er teilweise schon gespielt und gute Leistungen gebracht."
Rückkehr in die Nationalmannschaft ist geglückt
Mittlerweile ist Goretzka sogar wieder ein fester Bestandteil der deutschen Nationalmannschaft. Im März wurde er nach einer 16-monatigen Abwesenheit für die Länderspiele in der Uefa Nations League nominiert und stand bei beiden Spielen gegen Italien in der Startelf. Auch für das bevorstehende Final Four der Nations League am 4. und 8. Juni befindet sich Goretzka im Aufgebot.
"Ich habe ohnehin nicht verstanden, warum er so lange nicht für die Nationalmannschaft nominiert wurde. Aber seine Rückkehr ist einfach die Konsequenz aus dem Verhalten und der Leistungsfähigkeit von Goretzka", sagt Neururer.
Doch wie sieht seine Zukunft aus? Der Vertrag von Goretzka in München endet im Sommer 2026. Die Konkurrenzsituation wird zukünftig nicht einfacher sein. Mit dem 19-jährigen Mittelfeldspieler Tom Bischof wechselt ein absolutes Top-Talent von der TSG Hoffenheim zum FC Bayern. Joshua Kimmich ist ohnehin gesetzt. Und der 21-jährige Aleksandar Pavlovic steht für die Zukunft des FC Bayern.
Zudem ist der flexibel einsetzbare Konrad Laimer im Mittelfeld ebenfalls eine Option. Und dann wäre da auch noch João Palhinha, der im Sommer 2024 für eine Ablöse von rund 51 Millionen Euro verpflichtet wurde, sich bislang allerdings in München schwertut.
Goretzka geht in sein letztes Vertragsjahr
Laut Informationen von Sky ist eine Vertragsverlängerung aktuell sowohl für den Verein wie auch für Goretzka kein Thema. Die Zukunft soll offen sein. Die Tendenz geht wohl dahin, dass Goretzka in sein letztes Vertragsjahr geht. Das würde bedeuten: Er könnte im Sommer 2026 ablösefrei den Verein verlassen oder seinen Vertrag doch noch verlängern.
Für seine Zukunftsplanung nahm Goretzka Ende des vergangenen Jahres einen Beraterwechsel vor und wird seitdem von der Agentur "ROOF" vertreten – genauso wie seine Vereinskollegen Konrad Laimer, Serge Gnabry und Jonas Urbig.
Neururer macht sich um die Zukunft von Goretzka keine Sorgen: "Es kommt mit Bischof zwar ein neuer Mittelfeldspieler, aber der ist ein anderer Spielertyp und offensiver ausgerichtet. Leon kann im Mittelfeldzentrum auf jeder Position spielen. Nur auf der rechten Außenbahn, wie damals auf Schalke, ist er verschenkt. Leon muss vom Zentrum aus das Spiel lenken. Und das kann er bei jedem Verein der Welt."
Verwendete Quellen
- Interview mit Peter Neururer
- kicker.de: Spielerprofil von Leon Goretzka
- sport.sky.de: Verlängerung aktuell kein Thema! Die Tendenz bei Goretzka