Influencer Nader Jindaoui wechselt zur TSG Hoffenheim. Die große Frage: Wie ernsthaft sind die sportlichen Ambitionen hinter dem Transfer? Erste Folgen auf Social Media lassen sich jedenfalls bereits jetzt feststellen.
Nader Jindaoui gehört zu den bekanntesten Influencern Deutschlands: Auf Instagram folgen dem 28-Jährigen 2,3 Millionen Menschen, auf TikTok hat er sogar 3,7 Millionen Follower.
Doch Jindaoui ist eben nicht nur Influencer, sondern auch Fußballspieler. 2022 sorgte er erstmals für größeres Aufsehen, als er nach einer starken Regionalliga-Saison beim Berliner AK 07 zu Hertha BSC wechselte, wo er für die zweite Mannschaft eingeplant wurde.
Jindaoui spielte zuletzt in den USA
Auch für einen halbstündigen Einsatz bei den Profis in der zweiten Liga reichte es, zudem durfte Jindaoui 40 Minuten im DFB-Pokal ran.
Nach einem viermonatigen – wenig erfolgreichen – Intermezzo in den USA bei Ventura County, dem Farmteam von Profiklub Los Angeles Galaxy, machte Ende Juni die TSG 1899 Hoffenheim den Transfer mit dem Offensivspieler offiziell.
Was ist ein Farmteam?
- Ein Farmteam ist eine Mannschaft, deren Hauptaufgabe die Ausbildung junger Spieler für einen bestimmten Klub ist. Farmteams gibt es in den verschiedensten Sportarten, das Konzept ist vor allem in den USA geläufig. Der Begriff stammt vom englischen "farm", was auf Deutsch so viel wie "bebauen" oder "züchten" bedeutet.
Der Bundesligist wusste die Verpflichtung auf Social Media gut zu verkaufen – so wie es sich nun mal auch für einen Star der Sozialen Medien gehört. Das Motto des Vorstellungs-Clips: "Aus Hollywood nach Hoffenheim".
Jindaoui soll künftig jedoch nicht bei den TSG-Profis in der Bundesliga spielen. Vielmehr wurde er für die zweite Mannschaft der Hoffenheimer geholt, die aktuell in der Dritten Liga spielt.
"Nader wird bei uns natürlich nicht an Follower-Zahlen, sondern an seinen sportlichen Leistungen gemessen."
Dabei machen die Verantwortlichen kein Geheimnis daraus, dass ihnen Jindaouis Erfolg als Influencer bewusst ist. Jindaoui bringe "durch seine Online-Präsenz eine enorme Reichweite mit", teilte Hoffenheims Sport-Geschäftsführer Andreas Schicker in der offiziellen Pressemitteilung mit. "Das ist Teil der heutigen Fußballwelt und auch für unseren Klub ein spannender Aspekt."
Die Verpflichtung Jindaouis sei ein "neuer, spannender Ansatz" und stehe "für die TSG-Philosophie, innovative Wege zu beschreiten und den Fußball neu zu denken".
Gleichzeitig betont Geschäftsführer Schicker, dass Jindaouis Millionen Follower, die im Idealfall auch zu Followern der TSG werden, nicht der Hauptgrund für die Verpflichtung seien. Vielmehr werde "
Ähnlich äußert sich Jindaoui selbst. In erster Linie sei er "Fußballer mit Leib und Seele". Er wolle beweisen, "dass man auch einen unkonventionellen Weg im Profifußball gehen kann". Ihm gehe es dabei "nicht um Likes, sondern darum, mit sportlicher Leistung zu überzeugen".
Nach Jindaouis Verpflichtung schossen die Follower-Zahlen bei der TSG nach oben
Zumindest aus Reichweiten-Sicht hat sich die Verpflichtung Jindaouis für die TSG schon mal gelohnt, die Follower-Zahlen gingen nach Bekanntmachung des Transfers am 28. Juni nach oben.
Hatte der Klub auf Instagram vor der Jindaoui-Verpflichtung rund 508.000 Follower auf Instagram, sind es mittlerweile 514.000. Deutlich größer ist der Zuwachs auf TikTok, der Plattform mit der deutlich jüngeren Zielgruppe. Hier hatte die TSG vor dem Transfer 510.000 Follower, inzwischen sind es knapp 600.000.
Laut Klub lässt sich dieser Anstieg neben der Verpflichtung von Jindaoui aber vor allem durch einen viral gegangenen TikTok-Clip von vergangener Woche erklären. Kurioserweise taucht der Influencer in dem kurzen Video überhaupt nicht auf, dennoch wurde es innerhalb kürzester Zeit über 7,5 Millionen Mal abgespielt. Allein an nur zwei Tagen kamen so über 40.000 neue TikTok-Follower hinzu.
Abseits dieser Ausnahme fällt der "Jindaoui-Effekt" auf den Social-Media-Kanälen des Bundesligisten aber deutlich auf: Posts und Clips, die mit dem 28-Jährigen zu tun haben, werden im Vergleich zu den anderen Beiträgen deutlich öfter kommentiert, angesehen, geteilt und gelikt.
Hoffenheim lockt kaum Fußballfans an
An sich ist der Jindaoui-Transfer ein cleverer Schachzug der TSG, um seine Reichweite vor allem bei der jüngeren Zielgruppe zu steigern. Denn, das gehört auch zur Wahrheit: Hoffenheim gehört zu den Vereinen in der Bundesliga, die bei den Fans mit am wenigsten ziehen.
Bei den Bundesligaspielen mit den wenigsten TV-Zuschauern in der abgelaufenen Saison tauchen die Hoffenheimer gleich mehrmals auf. Auch der Platz an der unrühmlichen Spitze gehört der TSG: Das Heimspiel gegen Bochum sahen auf Sky lediglich 8.000 Menschen. Vielleicht dürfte auch deshalb zumindest ein kleines bisschen Kalkül hinter der Verpflichtung des Influencers stecken.
Auf Anfrage unserer Redaktion lässt Markus Schütz, Vorsitzender der Geschäftsführung, durchblicken, dass Jindaouis Social-Media-Präsenz beim Transfer nicht ganz unwichtig war: "Wir verstehen uns als moderner Klub, der den Wandel im Sport aktiv mitgestaltet und an das Potenzial neuer Rollen im Fußball glaubt. Die Integration eines talentierten, ambitionierten Spielers mit starkem digitalen Footprint zahlt darauf ein", sagt Schütz.
"Einsatz und unerschütterlicher Wille sind wie Sichtbarkeit Wettbewerbsvorteile – auf dem Platz und daneben."
Jindaoui repräsentiere "eine Generation, die digital denkt und gleichzeitig analog kämpft. Einsatz und unerschütterlicher Wille sind wie Sichtbarkeit Wettbewerbsvorteile – auf dem Platz und daneben." Wie schon in der offiziellen Mitteilung macht die TSG also keinen Hehl daraus, dass Jindaouis Millionen Follower ebenfalls nicht unerheblich für die Verpflichtung waren.
Vorerst wird Jindaoui in der U23 in der Dritten Liga zum Einsatz kommen. "Nader hat seine fußballerischen Fähigkeiten und Qualitäten in den vergangenen Jahren nachgewiesen", sagt Sport-Geschäftsführer Schicker auf Anfrage unserer Redaktion. "Er hat in den gemeinsamen Gesprächen einen ehrgeizigen Eindruck gemacht und wir trauen ihm deswegen auch zu, in unserer U23 eine gute Rolle einzunehmen. Natürlich steht auch ihm – wie jedem anderen Spieler – bei entsprechenden Leistungen die Tür nach oben offen."
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Ob die Verpflichtung des Youtube-Stars und Influencers auch sportlich Erfolg haben wird, zeigt sich in zwei Wochen: Am 2. August startet Hoffenheim II in die Drittliga-Saison, zum Auftakt geht es gegen Havelse. Dann kann Jindaoui beweisen, dass es sich bei seinem Transfer nicht nur um einen PR-Gag gehandelt hat.
Verwendete Quellen
- Schriftliche Anfrage an die TSG 1899 Hoffenheim
- tsg-hoffenheim.de: TSG Hoffenheim verpflichtet Nader Jindaoui für die U23
- Instagram-Kanal der TSG 1899 Hoffenheim
- TikTok-Kanal der TSG 1899 Hoffenheim
- transfermarkt.de: Spielerprofil von Nader Jindaoui