Manuel Neuers Vertragsverhandlungen mit dem FC Bayern München beschäftigen die ganze Fußball-Nation, seitdem Neuers angebliche Gehaltsforderung öffentlich wurde. Am Verhandlungstisch sitzt aber nicht Neuer selbst, sondern dessen Berater Thomas Kroth. Der 60-Jährige war selbst Nationalspieler - unter Franz Beckenbauer.

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Spielerberater. Alleine diese Bezeichnung führt bei vielen Vereinsverantwortlichen zu Schweißausbrüchen.

Der Ruf der Spielerberater wurde und wird immer wieder von sogenannten Schwarzen Schafen beschädigt. Oft heißt es, Spielerberatern ginge es lediglich ums Geld. Sie wirtschafteten im Rahmen von Spielerwechseln vor allem in ihre eigene Tasche, lautet der Vorwurf, der sich über die Jahre als Vorurteil verfestigt hat.

Kroth verhandelt in Neuers Auftrag mit dem FC Bayern

Thomas Kroth berät Manuel Neuer. Der Torwart des FC Bayern München gehört zu den besten und bekanntesten Spielern der Welt. 2014 bestieg er den Thron eines Fußball-Weltmeisters.

Ab dem 1. Juli 2021 wird Neuer, Stand jetzt, vertrags- und vereinslos sein. Neuers Kontrakt mit dem deutschen Rekordmeister endet in einem knappen Jahr.

Kroths Aufgabe und erstes Ziel ist es, zwischen seinem Klienten Neuer und dessen langjährigem Arbeitgeber FC Bayern eine Einigung herbeizuführen. Anschließend sollen idealerweise alle Seiten - Spieler, Berater und Verein - zufrieden sein und sich weiter in die Augen schauen können.

Kroth gilt als ein seriöser und anerkannter Vertreter seiner Zunft. Der heute 60-Jährige gehörte 2007 zu den Gründungsmitgliedern der Deutschen Vereinigung der Fußballspieler-Vermittler. Deren Vorstandsmitglied war Kroth durchgehend bis 2019, stand ab 2015 als Präsident an der Spitze des Gremiums. Sein Vorgänger hieß Karl-Heinz Thielen. Der Kölner Meisterspieler von 1962 und 1964 hatte als Manager des FC Kroth 1978 aus Offenbach an den Rhein geholt.

Kroth: Mit 17 Profi und Mitspieler von Völler

Kroth kommt aus der Praxis. Er kennt den Profibetrieb aus eigener Erfahrung seit 1977. Der Geschäftsführer der "Gesellschaft für individuelles Karrieremanagement mbH" PRO Profil begann seine Karriere als 17-Jähriger beim damaligen Zweitligisten Kickers Offenbach.

Mit ihm startete damals beim OFC ein gewisser Rudi Völler. 43 Jahre später ist Kroths öffentlicher Bekanntheitsgrad mit dem des einstigen Weltklassestürmers und DFB-Teamchefs nicht vergleichbar.

Das darf aber nicht dazu führen, Kroths Bedeutung im Betrieb Bundesliga zu unterschätzen. Neben Neuer vertritt der ehemalige Nationalspieler Größen wie Leverkusens Torjäger Kevin Volland, Gladbachs Patrick Herrmann, Frankfurts Sebastian Rode oder den früheren BVB-Star Shinji Kagawa.

Dortmund wurde 1988 Kroths sportliche und berufliche Heimat. Daran hat sich nichts geändert. Kroths Unternehmen PRO Profil hat dort seinen Sitz. Im gleichen Gebäude sitzt die bereits erwähnte Vereinigung für Fußballspieler-Vermittler.

Kroths Berater war einer der schillerndsten der Szene

Als Kroth noch selbst spielte und Beratung benötigte, hatte er in Rüdiger Schmitz einen der bekanntesten Vertreter seiner Interessen.

Schmitz arbeitete einst mit den Stars des 1. FC Köln zusammen, in dessen illustren Kader Kroth im Sommer 1978 aus Offenbach kam: darunter waren Harald Schumacher und Pierre Littbarski. Mit dem späteren Weltmeister Littbarski verbindet Kroth seit dieser Zeit des gemeinsamen Starts beim damaligen Double-Gewinner eine tiefe Freundschaft. Beide kickten auch zehnmal miteinander für die U21 des DFB. 1982 verpassten sie trotz eines Tors von Völler und dreien von Littbarski in zwei Endspielen gegen England gemeinsam den EM-Titel mit der U21.

Vor 35 Jahren ging es Kroth, der inzwischen aus sportlichen Gründen aus Köln zu Eintracht Frankfurt gewechselt war, wie Neuer heute: Er wollte mehr Geld verdienen. Die Verhandlungen seines Beraters mit den Verantwortlichen der Eintracht aber scheiterten. Deren Angebot, so Kroth, "lag zu deutlich unter dem des HSV. Als Profi muss ich überallhin gehen, wo ich gutes Geld verdiene." Der damalige Nationalspieler wurde also ein Hamburger und gewann zwei Jahre später mit dem DFB-Pokal 1987 dessen bis heute letzten Titel mit.

"Wenn man bei einigen Spielern, deren Verträge ebenfalls ausliefen, die Bezüge stark anhebt und bei mir sparen will", begründete Kroth damals seinen Wechsel zu den Hanseaten, "dann darf sich die Eintracht nicht wundern, dass ich gegangen bin." Er habe an seine Zukunft denken müssen.

Dreieinhalb Jahrzehnte später denkt der einstige Spiellenker an die Zukunft seiner Klienten. "Wichtigste Voraussetzungen für eine langfristig erfolgreiche Arbeit in dieser so öffentlichen Berufssparte sind Vertrauen und Fairness im Umgang miteinander", steht als Beschreibung auf der Webseite von PRO Profil zu lesen.

Vertrauen in Kroths Knowhow schafft bereits der Blick in seine Vita. Kroth weiß, wie der Hase läuft. Er hat als Spieler unter Trainern gearbeitet, die Weltruf genießen: unter Hennes Weisweiler und Rinus Michels in Köln, unter Ernst Happel in Hamburg und unter Franz Beckenbauer in der Nationalmannschaft.

Als der Kaiser nach der miserablen EM-Endrunde 1984 daran ging, das leck geschlagene Schiff deutscher Fußball auf Vordermann zu bringen, gehörte Kroth zu den Auserwählten: "Ich war wie vor den Kopf geschlagen, mein Herz hämmert wie wild", beschrieb Kroth später den Moment der unerwarteten Berufung ins erste DFB-Aufgebot Beckenbauers im Herbst 1984.

Verletzungen und Erkrankungen verhinderten, dass Kroth letztlich auf mehr als einen Einsatz kam. Der fand am 29. Januar 1985 beim enttäuschenden 0:1 gegen Ungarn in Hamburg statt. Kroth spielte damals in der zweiten Hälfte anstelle des Schalkers Olaf Thon. Mit dabei waren seinerzeit auch Kroths Weggefährten Völler und Littbarski.

In die Geschichte Borussia Dortmunds ging Kroth als ein Mitglied der legendären Pokalsieger-Elf vom 14. Juni 1989 ein. Deren unerwartetes 4:1 über den damaligen Finalfavoriten Werder Bremen gilt als Eintritt des BVB in die Erfolgs-Ära, die - mit leichten Unterbrechungen - bis heute andauert.

Kroth kickte damals an der Seite des heutigen Sportdirektors Michael Zorc, des heutigen Stadionsprechers Norbert Dickel, der späteren Weltmeister Frank Mill und Andreas Möller, gemeinsam mit Michael Rummenigge oder dem heutigen Moderatoren des Sport-1-"Doppelpasses", Thomas Helmer. Trainer Horst Köppel kannte Kroth noch als Assistenten Beckenbauers aus gemeinsamen Nationalmannschaftstagen.

Als Beckenbauer seine sechsjährige Ära als Teamchef mit dem Gewinn des WM-Titels im Sommer 1990 in Rom krönte, hatte Kroth, Mann der ersten Stunde bei Teamchef Beckenbauer, gerade seine aktive Laufbahn nach 256 Bundesligaspielen im Alter von 30 Jahren beendet.

Verwendete Quellen:

  • Dieter Ueberjahn: Die besten Fußballer Deutschlands (1985)
  • Ralf Grengel: Das deutsche Wembley - 60 Jahre Vereinspokal (1994)
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