Er war einst der teuerste Spieler der Welt, doch inzwischen sorgt Gareth Bale nur noch abseits des Platzes für Schlagzeilen. Der Absturz eines Profis, dem bei Real Madrid keine Beachtung mehr geschenkt wird.

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Wenn Real Madrid am Freitagabend (21:00 Uhr, LIVE bei uns im Ticker) bei Manchester City antritt, ist Gareth Bale nicht mit von der Partie. Beim Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League bleibt dem Waliser einmal mehr nur die Rolle des Zuschauers.

Nach Bekanntwerden des spanischen Kaders sah es zunächst so aus, als hätte Trainer Zinédine Zidane in seinem 24-köpfigen Aufgebot keinen Platz für den Flügelspieler gehabt. Anstatt den 31-Jährigen zu nominieren, entschied sich der Franzose für Sergio Ramos.

Auf den ersten Blick eine verständliche Entscheidung, schließlich ist Ramos nicht nur der Kapitän der "Königlichen", sondern auch Identifikationsfigur und womöglich in der Form seines Lebens. Das Kuriose aber: Der Verteidiger ist wegen einer Roten Karte aus dem Hinspiel (1:2) gar nicht spielberechtigt.

Am Mittwochabend jedoch klärte Zidane auf: "Bale bevorzugt, nicht zu spielen." Es sei nicht seine Entscheidung gewesen, dass der Waliser nicht im Kader steht, sondern der Wunsch des Spielers.

Es ist nicht das erste Mal, dass Bale auf einen Einsatz verzichtet. Bereits im vergangenen Jahr war dies der Fall. Allerdings handelte es sich dabei nicht um ein Champions-League-Achtelfinale, sondern ein Testspiel.

Bales erneuter Verzicht ist der vorläufige Höhepunkt einer Tragikomödie. Der Abstieg des einstigen Rekordeinkaufs begann aber bereits vor Jahren.

Real Madrid 2016: Zidane kommt - Bale guckt zu

Im Sommer 2013 wechselte Gareth Bale für rund 100 Millionen Euro von Tottenham Hotspur aus der Premier League zu Real Madrid. Damit war der Waliser bis dato nicht nur der teuerste Einkauf der Klub-Geschichte, sondern der teuerste Transfer der Welt. Doch bereits in der Saison 2014/15 bröckelte Bales Glamour-Status.

Immer wieder warfen Verletzungen den Waliser aus der Bahn. Zwar konnte er mit beachtlicher Tor-Vorlagen-Quote glänzen, doch absolvierte er einfach zu wenig Spiele. In der Folgesaison etwa kam er auf 30 Scorer-Punkte in 23 von 38 möglichen Ligaspielen.

Wenn Bale aber fit war, spielte er - bis zum Januar 2016 als Real Madrid Zidane als Trainer präsentierte. Der einstige Weltklasse-Fußballer veränderte das System: Er stellte seine Mannschaft entgegen seinem Vorgänger kaum noch in einer 4-3-3-Formation auf, sondern ließ immer häufiger mit zwei Spitzen stürmen. Damit entfiel Bales Flügelposition - und dieser verlor seinen Stammplatz.

Bale sendet Lebenszeichen: Traumtor im Champions-League-Finale 2018

Bale, der als Einzelgänger gelten und Team-Abende verweigern soll, reagierte sichtlich gekränkt. Es war in der Folge eine gewisse Lustlosigkeit in seinem Spiel zu erkennen, vom Aufbäumen gegen sein Startelf-Aus fehlte jede Spur.

Sprung in den Mai 2018: Real Madrid trifft im Champions-League-Finale auf den FC Liverpool. Bale wird zum Matchwinner. Er trägt zwei Tore zum 3:1-Sieg bei, unter anderem mit einem Fallrückzieher - ein Tor, das womöglich zu den schönsten in der Geschichte der Königsklasse gehört.

Champions-League-Finale 2018: Bale schockt Liverpool mit Traumtor

Im Champions-League-Finale 2018 trafen Real Madrid und der FC Liverpool aufeinander. Gareth Bale schoss die "Königlichen" mit einem Tor der Extraklasse zum Titel. Vorschaubild: imago/AFLOSPORT © YouTube

Doch es bleibt dabei, mehr als ein Lebenszeichen sollte Bales Kunststück nicht sein. Es ist sein letzter großer Auftritt bis heute.

Bale provoziert, wo er kann

Auch die Nachfolger von Zidane - der nach drei Champions-League-Siegen in Serie zurücktrat, und mittlerweile wieder Real-Trainer ist - konnten Bale nicht zu alter Stärke verhelfen, geschweige denn den Waliser in die Rolle des Nachfolgers von Weltstar Cristiano Ronaldo pressen, der im Sommer 2018 zu Juventus Turin gewechselt ist. Statt auf Fußball konzentriert sich Bale inzwischen lieber auf Golf.

Doch nicht nur mit Äußerungen über sein liebstes Hobby hat sich Bale selbst aufs Abstellgleis manövriert. Der Linksfuß provoziert, wo er nur kann - so macht es zumindest den Anschein.

Jüngst, als Bale mal wieder nur auf der Tribüne saß - er bestritt seit März lediglich zwei Spiele -, tat er so, als würde er die Partie seiner Kollegen beim FC Granada durch ein Fernglas beobachten. Während der Partie gegen Deportivo Alaves zog er sich sogar seinen Mund-Nasen-Schutz über das Gesicht, legte die Beine hoch und stellte sich schlafend.

Kroos: "Glaube, dass er weg wollte"

Real Madrid, frisch gekrönter spanischer Meister, ist schon lange nicht mehr Bales Nummer eins. "Ich liebe meine Familie und Golf. Das ist, was mich glücklich macht", hatte er sich mal geäußert. Und vermutlich ist es auch Geld. Mehr als 770.000 Euro soll Bale laut englischen Medien wöchentlich bei Real verdienen.

Und das gilt noch für mindestens zwei weitere Jahre. Sein Vertrag in Spanien endet im Juni 2022. Eine Verlängerung seines Arbeitspapiers ist - Stand heute - quasi ausgeschlossen. Die "Königlichen" wollten Bale bereits im vergangenen Sommer loswerden.

"Wir hoffen für alle Seiten, dass er uns bald verlässt. Besser heute als morgen", hatte Zidane im Juli 2019 gesagt. Der vom Spieler nach China angestrebte Wechsel scheiterte aber in letzter Sekunde – und so blieb Bale in Madrid.

Mannschaftskollege Toni Kroos versuchte kürzlich, die Situation einzuordnen. "Ich glaube, dass er im letzten Sommer grundsätzlich weg wollte und dass von Vereinsseite auch erst ein Ja signalisiert wurde, dann aber wieder nicht. Ich weiß nicht, ob er da nach wie vor ein bisschen sauer ist. Es ist ein schwieriges Thema", sagte der Deutsche Nationalspieler im Podcast "Lauschangriff".

Kroos kämpft im Gegensatz zu Bale am Freitagabend um den Einzug ins Champions-League-Viertelfinale. Fliegt Real bei den Engländern aber aus dem Turnier, ist die wegen der Coronakrise langgezogene Saison auch für die "Königlichen" beendet. Doch die Suche nach einem Abnehmer für Bale geht weiter.

Verwendete Quellen:

  • kicker.de: Der Absturz des Gareth Bale: Vom Superstar zur Tragikomödie
  • Podcast "LAUSCHANGRIFF - Endlich was mit Sport!" vom 22. Juli
  • youtube.com/sport1: Vom Rekordtransfer zum Tribünenclown: Der Abstieg des Gareth Bale
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