Das Bundeskartellamt will die Ausnahmeregelung für Bayer Leverkusen, VfL Wolfsburg und RB Leipzig nicht länger hinnehmen. Und räumt gleichzeitig ein, dass die Anpassungen Zeit benötigen. Dabei könnte eine schnelle Lösung zugunsten der Mitbestimmung so einfach sein.
Es dauerte nicht lange, bis die Fanorganisation "Unsere Kurve" in den Partymodus umschaltete. Das Urteil des Bundeskartellamts bestätigte, was ihre führenden Vertreter seit Jahren propagiert hatten: "Fußball gehört den Fans".
Die 50+1-Regel, wonach die Vereinsmitglieder immer die Mehrheit an ihrer Profiabteilung halten müssen und nicht Investoren die Geschicke bestimmen, ist nicht nur rechtens – sie ist eine Verpflichtung: Alle müssen sich daran halten.
Neue Regeln für die Werkself-Vereine
Auch Bayer Leverkusen und der VfL Wolfsburg, auch RB Leipzig sowie Hannover 96. Man fragt sich: Warum hat die Bundesliga nicht längst die Dinge so aufgestellt, wie es der bloße Menschenverstand doch schon vorgibt? Denn man kann ja von der 50+1-Regelung halten, was man will: Wer die basisdemokratische Mitbestimmung zur DNA des deutschen Profifußballs erklärt, wie es die Klubs in der Deutschen Fußball-Liga (DFL) vor Jahren getan haben, kann nicht halbherzig Ausnahmen erlauben.
Das Wesentliche an jedem Wettkampfsport ist ja, dass strukturell Chancengleichheit besteht. Die steht über allem. Das Bundeskartellamt räumt ein, dass die angeordneten Anpassungen eine große Herausforderung darstellen und Zeit beanspruchen.
Darin liegt aber eine große Gefahr. Weil man die genannten Vereine inzwischen zum Establishment des deutschen Fußballs zählt, kann der Kompromiss schnell zu Zugeständnissen verleiten, damit die Transformation nicht zu brutal ausfällt.
Aber genau das wäre wieder so ein Verstoß gegen das Prinzip der Chancengleichheit, die ja die Wettbewerbshüter einfordern. Böswillig könnte man hinzufügen: Weil sie über Jahre anders als der Rest waren, dürfen sie’s noch ein bisschen länger anders bleiben.
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Die Lösung ist einfach
Dabei könnte man die Lösung auch andersherum angehen, die Sache ist ganz einfach: Man verabredetet einen kartellrechtlich sauberen Rahmen und prüft, ob sich alle daran halten. Wie Wolfsburg, Leverkusen und Leipzig das hinkriegen – ihr Bier.
Aus dem Sport wissen wir doch: Wer sich nicht an die verabredeten Spielregeln hält, darf halt nicht mitmachen. Auch keine Konzernvereine. Das ist für die betroffenen Vereine eine immense Veränderung. Aber sie haben ja lange genug davon gelebt, dass man ein Auge zugedrückt hat.
Über den Autor
- Pit Gottschalk ist Journalist, Buchautor und ehemaliger Chefredakteur von SPORT1. Seinen kostenlosen Fußball-Newsletter Fever Pit'ch erhalten Sie hier.
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