Mit 10:0 gegen Auckland City FC hat der FC Bayern einen mehr als soliden Start in die Klub-WM hingelegt. Doch die eigentlichen Erkenntnisse des Abends sind personeller Natur.

Eine Analyse
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Ein 10:0 war für Vincent Kompany offenbar kein Grund, um allzu sehr in Euphorie zu geraten. "Wir brauchen kein Lob, einfach Job done (Job getan, Anm.d.Red.)", sagte der Trainer des FC Bayern gegenüber "DAZN". Erst im Nachgang ließ er sich zu einem kleinen Kompliment hinreißen: "Wenn eine Mannschaft hinten tief steht und gut verteidigt, ist es nicht selbstverständlich, dass man zehn Tore schießt."

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Fünf Spieler trugen sich in die Torschützenliste ein. Jamal Musiala legte nach überstandener Verletzung ein perfektes Comeback hin und erzielte drei Tore (68., 73., 84.). Jeweils zwei Treffer gelangen Kingsley Coman (6., 21.), Michael Olise (20., 45+3) und Thomas Müller (45., 89.). Ein weiteres Tor erzielte Sacha Boey (18.).

"Wir haben gut gespielt, wir haben seriös gespielt, wir haben mit Intensität gespielt", sagte Müller. "Wir haben es überhaupt nicht drauf ankommen lassen, dass irgendwas passieren kann. Nach jedem Tor haben wir weiter nachgesetzt und wollten sofort das nächste. Deswegen haben wir uns auch das Ergebnis in der Höhe erarbeitet."

Gleichwohl waren die Grundvoraussetzungen sehr unterschiedlich. Der Auckland City FC ist zwar der neuseeländische Meister. Allerdings ist Fußball dort eher ein Amateursport. Der Marktwert der kompletten Mannschaft wird von "transfermarkt.de" auf 4,58 Millionen Euro geschätzt, der vom FC Bayern München auf 903,5 Millionen Euro.

"Man darf das Spiel nicht überbewerten", sagte Bayern-Verteidiger Jonathan Tah. "Wir müssen ganz klar im Kopf bleiben und wissen, dass die Gegner stärker werden. Wir müssen noch einen draufsetzen." Die nächsten Gegner der Gruppenphase werden Boca Juniors aus Argentinien und Benfica Lissabon aus Portugal sein.

Tah fügte sich gut beim FC Bayern ein

Eine gute Generalprobe war der Turnierauftakt für den deutschen Rekordmeister dennoch. Neuzugang Jonathan Tah, der erst am Freitag sein erstes Training mit dem FC Bayern absolvierte, stand direkt in der Startelf und schien in der Mannschaft bereits gut integriert zu sein. Dies zeigte sich vor allem beim Führungstreffer zum 1:0 in der 6. Minute.

Als Joshua Kimmich einen hohen und langen Eckball hinter den langen Pfosten flankte, setzte sich Tah dorthin ab und köpfte den Ball vor das Tor. Kingsley Coman nutzte die Vorarbeit zum 1:0. Später verriet Tah, dass dies einstudiert war: "Wir besprechen uns für alle Situationen und dementsprechend auch für Standards. Wir hatten das vorbereitet. Es hat mich gefreut, dass es gleich im ersten Spiel geklappt hat."

Im Spielaufbau übernahm er viel Verantwortung und hatte auch einige gute Ideen, trat allerdings gelegentlich auch zurück und diente als letzte Absicherung. Defensiv wurde er von den passiven Neuseeländern kaum auf die Probe gestellt. Nur einmal ließ er sich zu einem Foulspiel hinreißen, um einen drohenden schnellen Angriff zu unterbinden.

Kompany bewertete den Einstand von Tah sachlich. "Es war eine Sache der Konzentration und Kommunikation heute", so der Trainer. "Er war wie die gesamte Mannschaft sehr professionell, sehr souverän und sehr seriös. Das brauchten wir heute."

Jonathan Tah übernahm bei seinem ersten Spiel im Bayern-Trikot Verantwortung und setzte Akzente. © IMAGO/MIS/IMAGO/Andrey Heuler/M.i.S.

Karl ist ein Spielertyp wie Robben oder Olise

In der 2. Halbzeit sorgte ein 17-Jähriger für Furore. Lennart Karl gab sein Pflichtspieldebüt, als er zur Halbzeit für Michael Olise eingewechselt wurde. Der Offensivspieler gilt als das vielleicht größte Talent in der Nachwuchsabteilung des FC Bayern. Sein U17-Trainer Patrick Kaniuth sagte einmal in einem Interview mit "Spox.com", Karl hätte "ein bisschen was von Arjen Robben und Michael Olise."

Tatsächlich deutete der deutsche U17-Nationalspieler großes Potenzial an. Er dribbelte mehrere Gegenspieler aus, schoss die Eckbälle, suchte immer wieder den direkten Weg zum Tor, versuchte einmal sogar per Hinterkopf sein Glück im Abschluss.

In der 75. Minute wurde er von Jamal Musiala mit einem guten Zuspiel in die Tiefe geschickt, schloss allerdings zu früh und ungefährlich ab. DAZN-Experte Michael Ballack lobte ihn dennoch: "Es ist gut, dass er sich das zutraut. Er ist jemand, der viele Tore erzielt hat – sowohl in der U17 als auch in der U19." Ballack kennt Karl gut. Wie die "Bild" berichtete, wird Karl nämlich von Ballack und dessen Agentur "Lucky 13" vertreten.

In Kompany hat Karl beim FC Bayern offenbar einen Förderer. "Lenny hat die Fähigkeit, auch im letzten Drittel immer gefährlich zu sein", sagte der Trainer. "Ich hatte deshalb nicht unbedingt das Gefühl, dass wir Torgefahr verlieren, wenn Lenny (in der 2. Halbzeit, Anm.d.Red.) anfängt. Das ist seine Stärke. Deshalb ist es gut für Bayern und für ihn, dass er das Debüt gemacht hat."

Gut möglich, dass Karl nach diesem guten Auftritt noch weitere Einsätze bekommen wird. Kompany merkte zwar an, dass die Mannschaft aus der vergangenen Saison die Basis bleiben soll. "Aber es ist gut, dass wir ihm die Spielminuten gegeben haben." Schließlich gehe es auch "um die Zukunft des Vereins."

Verwendete Quellen