Wenn es um Talente aus dem eigenen Nachwuchs ging, hatte Real Madrid gegenüber dem FC Barcelona in den vergangenen Jahren immer das Nachsehen. Der bei der Klub-WM groß aufspielende Gonzalo García schürt die Hoffnungen, dass sich das bald zumindest ein bisschen ändert.

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Es gibt nicht viele Dinge, bei denen der FC Barcelona in den vergangenen Jahren von sich behaupten konnte, seinem ewigen Rivalen Real Madrid deutlich voraus zu sein. Schließlich war die Dominanz des spanischen Hauptstadtklubs, der zwischen 2014 und 2024 sechsmal die Champions League in ganz Europa zu spüren, während die Katalanen sich oft mit anderen Problemen herumschlugen und seit 2015 nicht mal mehr das Finale erreicht haben.

Was den Madrilenen bei all ihren großen Erfolgen aber fehlte: die gute Jugendarbeit. Während Real für seine Erfolge von Saison zu Saison neue Superstars braucht, die mal besser, mal schlechter funktionieren, könnte der FC Barcelona mittlerweile eine ganze Startelf aufbieten, deren Spieler aus dem eigenen Nachwuchs stammen. Allen voran der 17-jährige Lamine Yamal ist das nächste große Aushängeschild der über die Grenzen Spaniens hinaus berühmten Jugendakademie La Masia.

Yamal steht wie kein anderer dafür, dass Barça in Sachen Jugendarbeit weiterhin das Maß aller Dinge ist. Ganz anders als die Real-Akademie, die La Fábrica genannt wird und mit diesem Namen doch eher nur innerhalb der Grenzen Spaniens bekannt ist. Eine Antwort auf Yamal, einen echten Madrilenen, der nebenbei auch noch auf Weltklasse-Niveau Fußball spielen kann, hat Real nicht wirklich - oder etwa doch?

Gonzalo spielte in der Liga dreimal für Real

Der 21-jährige Gonzalo García erlebte bei Real Madrid bis in den Sommer eigentlich eine relativ unspektakuläre Saison. Die meisten Spiele absolvierte er für die zweite Mannschaft des Klubs, erzielte dort in der dritten spanischen Liga beachtliche 25 Tore in 36 Spielen. Kurz vor Saisonende, als der Kampf um die Meisterschaft schon verloren war, bekam Gonzalo von Ex-Trainer Carlo Ancelotti noch drei Kurzeinsätze in der ersten Mannschaft. Die Bilanz: Etwas über 50 Minuten Spielzeit, eine Vorlage, ein guter Anfang also.

Doch dann gab es in dieser Saison ja noch die Klub-WM - was Gonzalo nicht nur die Möglichkeit gab, gleich ein paar weitere wichtige Spielminuten für Real zu sammeln, sondern auch relativ schnell den neuen Trainer kennenzulernen. Xabi Alonso wechselte direkt im Juni von Bayer Leverkusen zu Real Madrid und setzte nach seiner Ankunft direkt auf Gonzalo. Wenn auch nicht ganz freiwillig: Der Stürmer profitierte zunächst vom Ausfall von Endrick, der gar nicht zur Klub-WM mitreiste und davon, dass Superstar Kylian Mbappé beim Turnier zum Großteil nicht fit war.

Gonzalo García ist die Entdeckung der Klub-WM

Gonzalo aber zahlte das Vertrauen des neuen Trainers sofort zurück. Mit vier Toren in sechs Partien, eines davon erzielte er im Viertelfinale auch gegen Borussia Dortmund, ist Reals Stürmer wohl die Entdeckung der Klub-WM. Er machte sich so gut, dass selbst Alonso überrascht war, wie sehr sein Plan aufging. "Ich wusste, dass er gut arbeitet und uns viel gibt, obwohl ich nicht mit drei Toren in vier Spielen gerechnet habe. Ich habe ihm vertraut und er verdient sich dieses Vertrauen", lobte der neue Real-Trainer seinen Torjäger. Gut möglich, dass der am Ende sogar zu den Torschützenkönigen der Klub-WM gehören wird, auch wenn er im Finale nicht mehr treffen kann.

Sollte der junge Spanier seine Form beibehalten, ist es deshalb fast unvermeidbar, dass er zur Projektionsfläche für Real-Fans wird, die sich nach einer neuen Identifikationsfigur sehnen. Die Vergleiche zu Klublegende Raúl werden jetzt schon gezogen. Wie er ist Gonzalo gebürtiger Madrilene, wie er spielte er in diversen Jugend- und Reservemannschaften für Real Madrid. Und die beiden kennen sich gut: In der zweiten Mannschaft von Real war Raúl Gonzalos Cheftrainer. "Ich habe zwei Jahre mit Raúl verbracht und er hat mir einiges gezeigt. Es schmeichelt mir, dass ich mit ihm verglichen werde", sagte der angesprochen auf die Vergleiche mit dem Starstürmer. "Wenn ich die Hälfte von dem tun kann, was er in diesem Trikot getan hat, wäre es mehr als ein Traum."

Gonzalo ist ein Spätstarter

Ob Gonzalo García wirklich in diese Fußstapfen treten kann, ist fraglich - nicht nur, weil er bei der deutlichen 0:4-Niederlage gegen Paris Saint-Germain im Halbfinale ebenso hilflos und überfordert wirkte wie viele seiner Mitspieler. Auch seine Vita bietet bislang wenig Hinweise auf eine große Karriere: Mit 21 Jahren ist er für heutige Standards im Profifußball fast schon ein Spätstarter. Zum Vergleich: Der bereits angesprochene Yamal feiert bald erst seinen 18. Geburtstag und hat schon zwei volle Saisons im Profibereich hinter sich. Zudem bleibt die Frage, ob die Leistungen der Teams bei der Klub-WM sich auch mit dem Ligaalltag in Europa vergleichen lassen. Gut möglich, dass Gonzalo am Ende nur einer der wenigen war, die am Ende der Saison noch genug Kraft hatten und sich am besten an die schwierigen Temperaturen in den USA anpassen konnten.

Viel mehr kommt es für den Mittelstürmer jetzt erst einmal darauf an, sich in einem mit Stars besetzten Team langfristig zu etablieren. Der Anfang ist gemacht: Stand zunächst noch ein Wechsel zur neuen Saison im Raum, denkt Alonso jetzt laut darüber nach, mit ihm in die neue Saison zu sehen. Und selbst wenn am Ende nicht der Lamine Yamal von Real Madrid sein sollte: Die Leistungen von Gonzalo bei der Klub-WM sind für Real der Hinweis, bei allen glamourösen Neuverpflichtungen den eigenen Nachwuchs doch nicht ganz außer Acht zu lassen. Der große Rivale macht es vor.

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