Nach dem Fiasko bei der WM wagt Bundestrainer Hansi Flick eine ganze Reihe von Experimenten und verfolgt dabei im Hinblick auf die Heim-EM im kommenden Jahr auch schon einige Hintergedanken.
106 Tage sind vergangen seit dem Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Katar. Genug Zeit für Bundestrainer
"Wir haben die WM intensiv aufgearbeitet und analysiert und sind dabei hart mit uns ins Gericht gegangen", sagte Flick vor ein paar Tagen im Interview mit dem "Kicker". Umso gespannter durfte man auf die erste Kadernominierung nach der WM sein, die gewissermaßen den Startschuss in die ebenso heiße wie kurze Vorbereitungsphase auf die Europameisterschaft im eigenen Land im kommenden Sommer darstellt.
Am Freitagnachmittag war es endlich so weit, der Bundestrainer lüftete das Geheimnis der Nominierten für die beiden Testspiele gegen Peru am 25. März und gegen Belgien drei Tage später - und wusste mit gleich mehreren Personalien zu überraschen.
Nachdem schon vor einer Woche bekannt wurde, dass Thomas Müller und Ilkay Gündogan nicht dabei sein werden, verzichtet Flick in den beiden Testspielen nun auch auf einige weitere Stars: Weder
Flick holt fünf Neue
Im Gegenzug berief der Bundestrainer gleich fünf Debütanten: Felix Nmecha, Kevin Schade,
Damit vollzieht Flick - anders als sein Vorgänger Joachim Löw - nach einem verpatzten Turnier eine durchaus veritable Kehrtwende. "Uns ist im Hinblick auf die Heim-EM 2024 wichtig, dass wir einen guten Kader präsentieren können. Dafür ist es wichtig, dass wir nach Alternativen suchen, diese fördern und ihnen auch die nötige Zeit geben", so Flick.
"Wir haben deshalb bewusst auf etablierte Spieler verzichtet, weil wir der Meinung sind, dass wir den neuen Spielern auch den Raum geben müssen, sich nicht nur im Training, sondern auch in den Spielen zeigen zu können."
Das große Casting im Angriff
Mit Schade, Nmecha und Berisha bittet Flick gleich drei Angreifer zum Casting, die sich in ihren jeweiligen Klubs in den letzten Wochen und Monaten in den Vordergrund spielen konnten. Allen voran Berisha, der bereits vor der WM als ein möglicher Überraschungskandidat galt und das Profil des mitspielenden Angreifers, der auch aus dem Zentrum auf die Flügel ausweicht, voll bedient.
Der von Fenerbahce nach Augsburg ausgeliehene Stürmer ist aktuell mit acht Toren und vier Vorlagen in 18 Bundesliga-Spielen der gefährlichste Angreifer beim FCA. "Mergim hat mir sehr gut gefallen durch die Art und Weise, wie er sich behauptet und wie er auch zum Abschluss kommt. Wir hoffen, dass er das, was er in Augsburg zeigt, auch bei uns zeigen kann, und die Dinge, die er gut macht, selbstbewusst rüberbringt."
Schade wiederum ist zwar seit seinem Wechsel von Freiburg zum FC Brentford ein wenig vom Radar der deutschen Fans verschwunden, zeigte in der Premier League aber in seinen ersten Einsätzen schon zum Teil beeindruckende Leistungen und bringt als Außenbahnspieler eine gehörige Portion Tempo mit.
Nmecha dagegen verkörpert eher den zentralen Angreifer, der auf der Neun oder etwas versetzt dahinter auf der Zehn spielen kann. Zwar ist dessen Saison in Wolfsburg wie die seiner Mannschaft bisher eher durchwachsen, aber wie Schade und Berisha auch hat Nmecha bei der U21 wichtige Erfahrungen gesammelt und sich dort schon wie sein derzeit verletzter Bruder
Die U21 soll wieder mehr Sprungbrett sein
Marius Wolf hat sich bei Borussia Dortmund nicht nur einen Stammplatz erkämpft, sondern gilt als einer der vielseitigsten Rollenspieler der Bundesliga. Wolf bietet Flick viele Variationsmöglichkeiten, unter anderem könnte der 27-Jährige wie derzeit beim BVB auf der defensiven Außenbahn spielen.
Ebenso wie die vielleicht überraschendste Personalie Josha Vagnoman. Der war über die Hälfte der Saison verletzt und zuletzt auch spielfit nur Ergänzungsspieler bei Abstiegskandidat VfB Stuttgart. Aber Flick schätzt am 22-Jährigen seine Art der Interpretation auf der rechten oder linken Abwehrseite und wie der U21-Europameister von 2021 in der Offensive ordentlich Druck machen kann.
Jeder der fünf potenziellen Debütanten hat den Sprung in die A-Nationalmannschaft über die U21 geschafft. Die Nominierung von gleich fünf Spielern, die entweder beim aktuellen U21-Nationaltrainer Antonio di Salvo spielten oder bei dessen Vorgänger Stefan Kuntz, ist ein klarer Fingerzeig, wie sich Flick die Zusammenarbeit mit dem Unterbau in Zukunft vorstellt - und dass die Tür für die Talente von morgen immer offen steht.
Neue Hierarchie und Wiedergutmachung
Im Team selbst wird sich damit in den Testspielen eine neue Hierarchie entwickeln müssen. Flick erhofft sich durch die Verjüngung des Kaders nicht nur individuelle Impulse, sondern auch den Anreiz für die Spieler aus der zweiten Führungsebene, noch mehr Verantwortung zu übernehmen.
Spieler wie Florian Wirtz oder Kai Havertz dürften in den Planungen für die EM im Sommer 2024 zu wichtigen Eckpfeilern werden. Nun ist in Abwesenheit vieler arrivierter Spieler die Gelegenheit so groß wie nie, in eine neue Rolle zu schlüpfen.
"Kai ist ein genialer Fußballer, sehr reflektiert und in seiner Persönlichkeit sehr erwachsen. Unsere Aufgabe ist, dabei zu helfen, dass solche Spieler dann den nächsten Schritt machen und auch in der Nationalmannschaft Verantwortung übernehmen", so Flick.
Und: Ohne eine ganze Reihe von WM-Fahrern kann dieser Kader in den beiden Heimspielen zwar nicht gänzlich befreit aufspielen - aber doch einigermaßen unbefangen die große Aufgabe angehen, verspielten Kredit bei den deutschen Fans zurückzugewinnen.
Verwendete Quelle:
- kicker.de: Flick beruft fünf Debütanten und baut auf Rückkehrer Wirtz
- kicker.de: "Chance für jüngere Spieler": Flick plant vorerst ohne
Müller
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