Die Transfer-Aktivitäten des FC Bayern München könnten weitestgehend abgeschlossen sein. Sky-Experte Didi Hamann glaubt allerdings, dass die Probleme der vergangenen Saison noch nicht behoben wurden.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Oliver Jensen sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Die zurückliegende Saison löste beim FC Bayern München gemischte Gefühle aus. Die Deutsche Meisterschaft wurde zwar gewonnen, dafür scheiterte der Verein im Viertelfinale der Champions League und im Achtelfinale des DFB-Pokals. Umso mehr stellt sich die Frage: Ist der Kader für die bevorstehende Saison nach aktuellem Stand stärker als vergangene Saison einzuschätzen?

Mit Leroy Sané (Galatasaray Istanbul) und Thomas Müller (Vancouver Whitecaps FC) sind zwei Offensivspieler abgewandert. Dafür wurde der 28-jährige Flügelspieler Luis Díaz für eine Ablöse von rund 70 Millionen Euro vom FC Liverpool verpflichtet. Ob er Sané ersetzen kann?

"Vom Potenzial ist Sané vielleicht besser, nur hat er das in den fünf Jahren nicht oft genug gezeigt", sagte Sky-Experte Didi Hamann bei einem Sky-Event, an dem unsere Redaktion teilnahm. "Díaz hat Herz, er hat Mentalität, das ist ein Kämpfer, obwohl er auch technisch ein sehr versierter Spieler ist. Er hat zudem Tempo. Ich glaube, das ist ein Spieler, der die Bayern besser machen wird. Er ist ein Spieler, den die Fans lieben werden."

Auch Lothar Matthäus äußerte sich in seiner Sky-Kolumne positiv: "Luis Díaz hat seine Qualität in der Premier League unter Beweis gestellt. Er ist schnell und zweikampfstark. Mit ihm haben die Bayern wieder mehr Optionen in der Offensive. Er hat in Liverpool als Linksaußen, auf der Neun und als zweite Spitze gespielt. Er könnte bei Bayern hinter Kane spielen, genau wie Gnabry oder auch Olise."

Macht Tah die Bayern-Abwehr besser?

Eine Schwachstelle in der vergangenen Saison war die Defensive. Der FC Bayern erwies sich als anfällig bei Kontern und bei langen Bällen des Gegners. Mit dem deutschen Nationalspieler Jonathan Tah, der ablösefrei von Bayer Leverkusen kam, soll dieses Defizit behoben werden. Hamann hat trotz dessen Qualität allerdings Zweifel, dass dies gelingen wird.

"Der Tah hat das wunderbar gemacht, er hatte vor zwei Jahren eine herausragende Saison und auch letztes Jahr eine gute Saison gespielt. Er ist jetzt aber auch schon 29. Und ich glaube nicht, dass das Problem bei den Bayern bei den Innenverteidigern lag. Ich glaube, das Problem liegt davor", so Hamann.

"Die schimpfen jedes Jahr auf die Innenverteidiger. Aber Min-jae Kim war vorher der beste Verteidiger der Serie A. Dayot Upamecano war einer der Besten in Leipzig. Die Spieler kommen nach München und haben dann die gleichen Probleme. Vielleicht sollten sie mal darauf schauen, wer vor den beiden spielt."

Kimmich und Goretzka sind "das größere Problem"

Was er damit meint: "Für mich sind Kimmich und Goretzka das größere Problem als die Innenverteidiger. Tah spielte in Leverkusen hinter (Granit) Xhaka, (Exequiel) Palacios und (Robert) Andrich. Das war eine Absicherung. Das waren defensiv denkende Spieler, die Räume zugemacht und Bälle abgefangen haben. Da spielt es sich einfacher."

In München gebe es diese Absicherung nicht. "Die Achillesferse der Bayern ist nach wie vor das zentrale defensive Mittelfeld. Daher wurde letztes Jahr (João) Palhinha geholt, der aber nicht zum Zuge kam – aus welchen Gründen auch immer." Mittlerweile wurde Palhinha per Leihe an Tottenham Hotspur abgegeben.

Hamann schlägt daher eine taktische Umstellung vor: "Ich würde Kimmich wieder als Rechtsverteidiger stellen." In diesem Fall würde ein weiterer zentraler Mittelfeldspieler benötigt werden. "Aber das wird nicht passieren, weil der Trainer sich festgelegt hat. Deshalb würde es mich nicht wundern, wenn wir diese Saison wieder die Innenverteidiger-Diskussion haben."

Heißt also: Die defensive Anfälligkeit dürfte nicht behoben sein.

Matthäus schwärmt von Bischof

Für das zentrale Mittelfeld wurde mit dem 20-jährigen Tom Bischof ein Spieler mit viel Potenzial verpflichtet. Lothar Matthäus lobt die Rolle, die er zuvor bei der TSG Hoffenheim einnahm: "Ähnlich wie Kimmich schießt er die Eckbälle und Freistöße, wird gesucht von seinen Mitspielern. Und das mit 19 bei einem Bundesligaverein. Das zeigt dann schon, dass er in der Kabine und in der Mannschaft ein besonderes Standing hat", sagte er im Interview mit der "Abendzeitung".

Es könnte sein, dass die Transfer-Aktivitäten des FC Bayern bereits jetzt abgeschlossen sind. Sportvorstand Max Eberl sagte Ende Juli: "Momentan sind wir sehr glücklich mit unserem Kader, wir haben unsere Arbeit erst mal getan."

In der Bundesliga Favorit, in der Champions League Außenseiter

Doch wie erfolgreich wäre der FC Bayern mit dem aktuellen Kader? Laut Hamann ist der FC Bayern zwar erneut der Favorit auf die Deutsche Meisterschaft. Aber: "Ich glaube nicht, dass die Bayern durchmarschieren werden. Dafür war letztes Jahr zu viel Unruhe – und potenziell wird auch in diesem Jahr viel Unruhe sein. Ich glaube nicht, dass die Bayern drei, vier Spieltage vor Schluss Meister werden." Dortmund schätzt er als stärksten Konkurrenten ein.

In der Champions League sieht er den FC Bayern sogar in einer Außenseiterrolle. Laut Hamann wäre die Saison 2025/26 "das erste Jahr, wo sie keine Chance haben, die Champions League zu holen." Mannschaften wie Paris Saint-Germain, der FC Liverpool und weitere Top-Mannschaften aus England wären stärker einzuschätzen.

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Daran konnten auch die bisherigen Transfers offenbar nichts ändern.

Verwendete Quellen