Mit dem Ausscheiden des FC Bayern München bei der Klub-WM endet auch die Dienstzeit von Thomas Müller. Nun steht ihm eine ungewohnte Zeit mit einer völlig offenen Zukunft bevor.

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Thomas Müller war bereit. Es lief die 78. Spielminute, als der Routinier am Spielfeldrand stand und auf seine Einwechslung wartete. Ihm war bewusst, dass in der K.o.-Phase der Klub-WM jedes Spiel sein letztes für den FC Bayern sein könnte. Als direkt vor seiner Einwechslung der Gegentreffer durch Desiré Doué von Paris Saint-Germain fiel, wurde dieses Szenario akut.

Als Müller in der 80. Minute für Kingsley Coman ins Spiel kam, war dem 35-Jährigen klar: Nur ein Tor könnte seine Dienstzeit beim FC Bayern um ein paar Tage verlängern. Dementsprechend motiviert agierte Müller. Er versuchte, im gegnerischen Strafraum freie Räume zu finden, machte winkend auf sich aufmerksam – wurde aber nicht gefunden.

Einen Torschuss oder eine Torschussvorlage bekam Müller in der verbleibenden Spielzeit nicht zustande. Umso bitterer, dass er auch noch beim Gegentreffer zum 0:2 unglücklich agierte. Als Gegenspieler Achraf Hakimi an der rechten Außenseite den Ball bekam, nahm Müller den falschen Laufweg, tauchte dadurch hinter dessen Rücken auf und kam nicht an ihn heran.

Schlimmer noch: Nachdem der ehemalige BVB-Spieler einen Schlenker gemacht hatte, dribbelte er an Müller vorbei und bereitete den Treffer für Ousmane Dembélé vor.

"Großen Fight verloren" – Müller war enttäuscht

Im gegnerischen Strafraum hätte Müller in der Nachspielzeit fast noch einen Elfmeter herausgeholt. Dieser wurde allerdings nach Videoüberprüfung zurückgenommen, weil das hohe Bein von Gegenspieler Nuno Mendes nicht Müller traf. Kurzum: Das Glück stand dem Routinier an diesem Tag nicht zur Seite.

"Ich muss erst einmal die Ereignisse verarbeiten", sagte Müller, als er darauf angesprochen wurde, dass dies nun sein letztes Spiel für den FC Bayern gewesen ist. "Jetzt sind die Eindrücke vom Spiel natürlich noch total präsent. Es geht mir nicht anders als vor dem Spiel, als wir noch versucht haben, eine Runde weiterzukommen. Alles andere kommt vielleicht nach und nach. Klar, mir ist schon bewusst, dass das mein letztes Spiel war. Dementsprechend werde ich sehen, was in den nächsten Tagen in meinem Kopf so vorgeht."

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Ein Fazit wollte er noch nicht ziehen. "Ich bin in diesem Moment nicht in der Stimmung, tiefere Gedanken über meine Karriere zu teilen. Wir haben einen großen Fight und ein sehr wichtiges Spiel verloren. Ich bin sehr enttäuscht."

Die Enttäuschung war verständlich, denn der FC Bayern ist in vielerlei Hinsicht die bessere Mannschaft gewesen. Die Münchner hatten im Vergleich zu Paris mehr Ballbesitz (54 Prozent zu 46 Prozent), mehr Abschlüsse (15:10), brachten mehr Schüsse direkt auf das Tor (8:4) und hatten eine bessere Passquote (84 Prozent zu 77 Prozent).

"Wenn man sich das Spiel anschaut, war alles drin. Unser Team hat gut gespielt, wir haben in der ersten Halbzeit super dagegengehalten – auch von unserer Zweikampfstärke und vom Pressing her", sagte Müller. Auch in der zweiten Halbzeit hätte er das Gefühl gehabt: "Wir sind drauf und dran, selbst ein Tor zu machen. Wir hatten zwei Abseitstore und viele Situationen, wo nur ein Hauch gefehlt hat."

"Komisch wird es dann, wenn es wirklich vorbei ist."

Thomas Müller

Müller hatte bereits im Vorfeld der Partie bei DAZN angemerkt, dass ihm die Tragweite des Bayern-Abschieds erst später klar werden könnte: "Ich glaube, komisch wird es dann, wenn es wirklich vorbei ist. Weil dann habe ich keinen Tagesplan mehr, dem ich folge, obwohl ich es immer gewohnt war, Teil einer Gruppe zu sein. Ich werde auch keinen Trainingsplan für den Urlaub mitbekommen. Ich glaube, ich komme damit klar. Aber das ist dann erst die Phase, die anders ist als gewohnt."

Den Mitspielern war der Abschied von Müller gleich mit dem Abpfiff bewusst. "Ich habe ihn auf dem Spielfeld umarmt", sagte Manuel Neuer. "Ich glaube, dass er eine sensationelle Zeit hier beim FC Bayern hatte. Er hat alles gegeben für den Verein, für die Mannschaft, auch für sich selber. Ich wünsche ihm privat und fußballerisch alles Gute."

Konrad Laimer merkte bei DAZN an: "Es ist schwer für mich zu realisieren, dass er nach dem Turnier nicht mehr da ist. Aber manchmal ist es so im Fußball. Es geht so schnell. Es hat mich sehr gefreut, die letzten zwei Jahre mit ihm auf dem Platz und außerhalb verbracht zu haben."

Karriereende oder USA?

Ob und wo Müller seine Karriere fortsetzt, ist noch ungewiss. Ein Wechsel in die USA könnte eine gute Option sein. Als mögliche Interessenten gelten zum Beispiel der Los Angeles FC und der FC Cincinnati.

Eher unwahrscheinlich ist, dass Müller aufgrund der Verletzung von Jamal Musiala nun doch beim FC Bayern bleibt. "Ich kann jetzt keine strukturelle Kaderplanung machen. Aber das ist nicht in unseren Gedanken", sagte Sportvorstand Max Eberl, als er auf diese Theorie angesprochen wurde.

Auch Müller wischte solche Spekulationen schnell zur Seite. "Ich würde in dieser Situation die Gedanken erst einmal Richtung Jamal richten", stellte Müller klar. Man solle aufpassen, "dass wir nicht irgendwelche geschmacklosen Diskussionen führen, nachdem sich jemand verletzt hat. Jeder kann sich seine Gedanken machen. Aber nur, weil man irgendwelche Gedankenspiele auf den Tisch bringen kann, hat das nichts mit der Realität zu tun."

Somit ist davon auszugehen, dass die 0:2-Viertelfinalniederlage gegen Paris Saint-Germain wirklich das letzte Spiel von Müller beim FC Bayern gewesen ist. Eine einzigartige Vereins-Laufbahn mit 756 Pflichtspielen, 250 Toren, 276 Torvorlagen und 33 Titeln findet somit ein Ende.

Offen bleibt die Frage, was ihn jetzt noch reizen könnte. "Ich muss eine Vision vorgelegt bekommen", sagte er und fügte einen typischen Müller-Satz hinzu. "Es ist relativ einfach: Irgendwie muss das Gesamtpaket passen. Und das ist relativ schwierig."

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