Uli Hoeneß war beim "Doppelpass" zu Gast - und sprach dabei mal wieder recht deutlich aus, was er denkt. Der Ehrenpräsident des FC Bayern kritisierte Bundestrainer Julian Nagelsmann und TV-Experte Lothar Matthäus, warnte vor den verrückten Transfersummen – und fand für Sportvorstand Max Eberl nicht immer die nettesten Worte.

"Abteilung Attacke im Vormittagsprogramm. Uli Hoeneß besuchte am Sonntag den "Doppelpass" von "Sport1". Die Fußball-Talkshow feierte 30-jähriges Jubiläum. Hoeneß allerdings war nicht nur zum Feiern zumute, denn der 73-Jährige teilte ordentlich aus.

Zur Länderspiel-Pleite von Deutschland gegen die Slowakei gab er sich zunächst noch versöhnlich. "Wir wissen alle, dass es nicht so optimal gelaufen ist, wie wir uns das vorgestellt haben. Aber lieber verliere ich das erste Spiel als das letzte Spiel", sagte er.

Dann fügte er allerdings hinzu: "Klar ist, dass eine klare Leistungssteigerung her muss. Ich finde es nicht gut, bereits jetzt vom WM-Titel zu sprechen. Deutschland kann das schaffen, aber dann muss alles passen. Und im Moment passt nicht alles."

Dies war ein Seitenhieb gegen Bundestrainer Julian Nagelsmann, der direkt nach der Europameisterschaft offen über den WM-Titel sprach. Eine Diskussion über den Bundestrainer wollte er trotzdem nicht zulassen. "Natürlich ist er nach wie vor der Richtige. Man kann nicht nach einem Spiel den Stab über ihn brechen", so Hoeneß. "Wir müssen wieder mehr über Fußball sprechen. In den letzten Wochen wurde nur über Transfers, Transfers, Transfers gesprochen. Wir müssen wieder mehr über die Basics sprechen." Darüber wurde im "Doppelpass" gesprochen, über Transfers allerdings auch.

Trainer verändern laut Hoeneß zu viel

Zunächst aber knöpfte er sich die heutige Trainergeneration vor - und ganz besonders Nagelsmann. "Was mir überhaupt nicht gefällt, ist, dass viele Trainer ständig etwas verändern. Wir spielen nie mit derselben Mannschaft. Und Eingespieltheit ist so wichtig. Der junge (Nationalspieler Nnamdi) Collins soll etwas spielen, was er noch nie gespielt hat", so Hoeneß.

"Das Schlimmste ist für mich, wenn während eines Spiels von der Vierer- auf die Dreierkette umgestellt wird. Davon halte ich überhaupt nichts. Die Trainer müssen immer wissen: Nicht sie gewinnen die Spiele, sondern die Mannschaft."

Transfer-Wahnsinn im Stil von Monopoly

Danach wurde über den Transfer-Sommer gesprochen, in dem der FC Bayern einige Wunschspieler nicht bekam. Hoeneß sagte trotzdem: "Tatsache ist, dass wir beim FC Bayern sehr zufrieden sind mit dem Transfersommer. Wir sind der eigentliche Gewinner des Transfersommers, weil wir eine Mannschaft haben, die sehr stark ist. Die musste man nicht um drei, vier Spieler ergänzen."

Hoeneß gab zu: "Natürlich hätten wir gerne Florian Wirtz gehabt, aber für 150 Millionen Euro hätten wir den nie gekauft. Wir hätten gerne den Nick Woltemade gehabt und haben 55 Millionen geboten - Stuttgart wollte 75. Jetzt haben sie ihn offensichtlich für fast 90 Millionen Euro an Newcastle verkauft. Aber was die da machen, ist Monopoly." Ganz nach dem Motto: "Rücke vor bis zur Schloßallee, dann kommt irgendein Scheich und dann kannst du kaufen."

"Irgendwann haben diese Scheichs auch die Schnauze voll."

Uli Hoeneß

Der FC Bayern könne nicht mehr bei den höchsten Summen im Weltfußball mitbieten, "weil Abu Dhabi, Saudi-Arabien und Katar jetzt mitspielen. Gegen die hast du keine Chance. Deshalb ist es das Wichtigste in dem Geschäft, zu diesen verrückten Auswüchsen nein zu sagen. Und irgendwann haben diese Scheichs auch die Schnauze voll."

Dennoch sieht er seine Mannschaft weiterhin gut aufgestellt: "Jetzt haben wir eine Mischung. 15, 16 starke Spieler und zwei, drei Junge, die der Trainer jetzt gezwungen ist, einzubauen. Wenn das gelingt, ist es das beste Transfer-Jahr, das wir je hatten." Zudem hätte man die Möglichkeit, in der Wintertransferperiode noch einmal nachzulegen: "Da haben wir genug Geld, um das zu tun."

Hoeneß hält immer noch wenig von Matthäus

Auch der Streit mit Lothar Matthäus wurde angesprochen. Zum Hintergrund: Nachdem Matthäus öffentlich gesagt hatte, er halte die damals kursierende Ablöse für Woltemade von 60 Millionen Euro für zu wenig, konterte Hoeneß über die Medien, Matthäus habe "nicht alle Tassen im Schrank".

Ob es seitdem einen Austausch gab? "Wir haben uns gestern beim Frauen-Spiel getroffen, wir gaben uns die Hand. Aber ansonsten haben wir uns relativ wenig zu sagen, weil ich festgestellt habe, dass er noch keine neue Tasse gefunden hat", sagte Hoeneß süffisant.

Er merkte an, dass TV-Experten wie Matthäus und Didi Hamann eine Position ohne jegliche Verantwortung hätten. "Da kann ich locker 100 Millionen in den Raum stellen. Und es gibt viel zu wenig Journalisten, die das mal kritisieren", so Hoeneß. "Wenn man schön im Sky-Studio oder in der Bild-Redaktion sitzt, kann man alles verlangen. Aber man muss das Geld erst einmal einnehmen, bevor man es ausgibt. So habe ich das als Schwabe gelernt."

Bayern Champions-League-Sieger? "Wird schwierig"

Wie der FC Bayern dennoch konkurrenzfähig bleiben kann? Es sei keine Option, sich für Scheichs als Investoren zu öffnen. "Wir müssen auch in erster Linie das tun, was unsere Mitglieder wollen. Und die wollen keinen Saudi-Aktionär", so Hoeneß. Allerdings gab er zu, es "wird schwierig", unter diesen Umständen die Champions League zu gewinnen.

Einerseits stärkte er dem Sportvorstand Max Eberl den Rücken. Die Spekulationen um Unstimmigkeiten im Vorstand wies er zurück. "Tatsache ist, dass es bei uns im Aufsichtsrat überhaupt keine Probleme mit Max Eberl gab. Wir haben natürlich wie immer kontrovers diskutiert. Aber die Personalie Eberl, dass man sich von ihm trennt oder so, war überhaupt kein Thema", so Hoeneß.

Max Eberl bekommt einen Ratschlag

Andererseits räumte Hoeneß ein: "Es war eine schwierige Zeit für ihn, weil er immer von außen unter Druck gesetzt wurde und gesagt wurde, er habe den und den (Trainer, Spieler, Anm.d.Red.) nicht gekriegt." Dass es intern Auseinandersetzungen geben kann, sei laut Hoeneß völlig normal. Dies wäre bei ihm und Karl-Heinz Rummenigge früher nicht anders gewesen. "Wir haben uns gestritten wie die Besenbinder. Aber wenn die Tür hinter uns zu ging, war das wieder okay. Max ist da ziemlich empfindlich."

Grundsätzlich hält Hoeneß wenig davon, Spielerverpflichtungen kurz vor dem Abschluss der Transferperiode zu tätigen. "Wenn man Ende August viele Transfers macht, ist das nie vernünftig, immer teuer und du kriegst nicht immer das, was du haben willst."

Sein Rat an Eberl lautet daher: "Er muss schauen, dass er im Juni, Juli die Transfers für die kommende Saison macht, wenn die großen Vereine noch nicht aktiv sind. Denn wenn du an den letzten zwei, drei Tagen mittendrin bist – das ist ja wie ein Karussell – dann wird es schwer."

Hoeneß erklärt, was Eberl endlich begreifen muss

Als Max Eberl noch bei Borussia Mönchengladbach in der Verantwortung stand, konnte er viele Dinge selber entscheiden. Nun hat er mit Hoeneß und Rummenigge zwei ehemalige Vereinsbosse im Aufsichtsrat sitzen. Laut Hoeneß wäre dies allerdings kein Nachteil.

"Als Max in Gladbach sehr erfolgreich gearbeitet hat, da ging es um ganz andere Beträge. Da hat man mal einen Spieler für 5, 10 oder 20 Millionen Euro verpflichtet. Wenn du heute einen Spieler kaufst mit 60, 70 Millionen Euro plus Gehalt, dann reden wir über 150 und 200 Millionen. Das würde ich als Manager gar nicht alleine verantworten wollen", so Hoeneß.

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"Max muss endlich begreifen - wir sind ein Milliardenunternehmen -, dass man das auf mehrere Schultern verteilt", sagte Hoeneß. Ob Eberl das nicht begreifen würde? "Ich glaube schon, dass er damit seine Probleme hat. Vor allem weil die Medien ihm das Gefühl geben, wir würden ihm ständig hineinreden. Das stimmt aber gar nicht."

Grundsätzlich sei Hoeneß mit der Arbeit von Eberl aber zufrieden: "Der macht aus den Möglichkeiten - die nicht so gut sind wie sie einmal waren - gute Sachen."