Leroy Sané überraschte den FC Bayern mit seinem Beraterwechsel. Die schon sicher geglaubte Verlängerung ist wieder dahin, und aktuell unwahrscheinlicher denn je. Die Bayern-Bosse scheinen indes den Druck auf ihren Spieler zu erhöhen.

Eine Analyse
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Nach den Vertragsverlängerungen von Alphonso Davies, Jamal Musiala und Joshua Kimmich sollte Leroy Sané der nächste Leistungsträger werden, der den Münchnern erhalten bleibt. Und zuletzt sah auch alles danach aus, als würde es dazu kommen.

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Sportvorstand Max Eberl erklärte am vergangenen Samstag, dass der Klub kurz vor einer Verlängerung mit dem 29-Jährigen stehe. "Wir sind in guten und zielführenden Gesprächen, die Unterschrift fehlt aber noch", sagte Eberl im Rahmen des Bundesligaspiels gegen RB Leipzig (3:3) bei Sky: "Wir sind noch nicht ganz da. Wir würden es gerne machen, Leroy auch – jetzt müssen wir noch klarkommen."

Star-Berater Zahavi ist bei den Bayern-Bossen berüchtigt

Doch dann folgte die völlig überraschende Kehrtwende. Nur wenige Stunden nach Eberls Aussagen teilte Sané den Bossen mit, dass er seinen Berater gewechselt habe. Der Offensiv-Star wird nun nicht mehr von der Agentur 11WINS vertreten, unter deren Spielern sich unter anderem auch Musiala befindet. Stattdessen kümmert sich nun einer der Bekanntesten seiner Zunft um die Anliegen Sanés: Pini Zahavi.

Pini Zahavi
Pini Zahavi ist bekannt für sein großes Netzwerk und seine starken Beziehungen zu etlichen Top-Klubs in Europa. (Archivbild) © imago images/PA Images/Mike Egerton

Der Israeli, der mit seiner Agentur Gol International unter anderem auch Jonathan Tah und Robert Lewandowski vertritt, ist der Führungsriege an der Säbener Straße bestens bekannt – und dort nicht unbedingt beliebt.

2020 verhandelte Zahavi über eine mögliche Vertragsverlängerung seines damaligen Klienten David Alaba. Beide Seiten konnten sich jedoch nicht einigen, am Ende wechselte der Österreicher ablösefrei zu Real Madrid. Bayern-Patron Uli Hoeneß kritisierte Zahavi damals deutlich, warf ihm vor, bei den Verhandlungen kräftig mitverdienen zu wollen und bezeichnete ihn im Live-TV als "geldgierigen Piranha".

Zahavi fädelte Lewandowski-Wechsel zum FC Barcelona ein

Zahavi war es auch, der 2022 den ablösefreien Wechsel von Lewandowski zum FC Barcelona eingefädelt hatte. Auch damals gab es einen erbitterten Vertragspoker, wie bei Alaba. Doch wie Alaba mussten die Bayern am Ende auch Lewandowski ziehen lassen – für den Stürmer-Star bekamen die Münchner immerhin noch eine Ablöse von rund 45 Millionen Euro.

Doch die beiden Fälle zeigen: Zahavi ist ein harter Verhandlungspartner, wenn nicht sogar der härteste in der Branche. Das wissen auch die Bayern. "Er ist nicht immer einfach in den Verhandlungen, aber so ist es halt", sagte Vorstandschef Jan-Christian Dreesen am Montag am Rande der Einweihung des Franz-Beckenbauer-Platzes an der Allianz Arena über den israelischen Spielervermittler.

"Das ist ein bisschen eine neue Situation mit einem neuen Berater."

Bayern-Sportdirektor Christoph Freund über den Beraterwechsel von Leroy Sané

Vereinspräsident Herbert Hainer zufolge ist der neue Sané-Berater "ein harter Verhandler, aber das sind andere Berater auch. Es gehört zu unserem Tagesgeschäft, uns mit Beratern ganz egal welcher Couleur auseinanderzusetzen und dann das Beste für den FC Bayern München zu erreichen", erklärte Hainer ebenfalls bei der Veranstaltung am Montag. Sportdirektor Christoph Freund räumte angesichts des neuen Spielervermittlers ein: "Das ist ein bisschen eine neue Situation mit einem neuen Berater."

Sané wäre wohl für Gehaltsreduzierung bereit gewesen

Durch Sanés Beraterwechsel werden die Karten wieder völlig neu gemischt, die Verhandlungen gehen quasi von vorne los. Dabei hatten sich Spieler und Klub ja eigentlich schon geeinigt. Demnach war Sané auch zu einer Gehaltsreduzierung bereit. Statt der kolportiert 17 bis 20 Millionen Euro, die er aktuell bekommen soll, wären es im neuen Dreijahresvertrag Berichten zufolge rund zehn Millionen Euro pro Jahr gewesen, hinzu wären mögliche Boni von fünf Millionen Euro gekommen.

Jetzt jedoch die Rolle rückwärts: Gut möglich, dass Sané doch nicht völlig zufrieden mit dem Vertragsangebot der Bayern ist. Auch, weil er kein Handgeld, also keinen Unterschriftbonus, bekommen soll, wie unter anderem die "Abendzeitung" berichtet – anders als Davies und Musiala.

Bayern will Angebot für Sané wohl nicht mehr verbessern

Sportvorstand Eberl hat die Vorgabe von ganz oben, Gehälter einzusparen. Nachdem dies bei den letzten wichtigen Verlängerungen nicht gelang – im Gegenteil – scheint es so, als wolle man nun bei Sané hart bleiben und nicht vom angepeilten Sparkurs abweichen. Dazu passt auch, dass die Bayern-Führung übereinstimmenden Berichten zufolge nicht vorhat, das Angebot für Sané nochmals zu überarbeiten.

Vielmehr soll ein klares Zeichen gesetzt werden: Auch durch den Beraterwechsel werde man nicht einknicken. Eberl und Co. scheinen sogar den Druck auf Sané zu erhöhen. Wie die "Sport Bild" am Dienstag berichtete, sollen die Bosse Sané ein Ultimatum gestellt haben. Demnach solle er sich innerhalb der nächsten zehn Tage entscheiden, ob er das vorliegende Angebot annehmen oder den Verein im Sommer ablösefrei möchte.

Öffentlich geben sich die Bayern-Bosse gelassen

Es rumort also mächtig hinter den Kulissen des frischgebackenen Deutschen Meisters. Vordergründig wollen sich die Verantwortlichen davon jedoch nichts anmerken lassen. Bei der Veranstaltung am Montag wollten die Bosse den Beraterwechsel zumindest öffentlich nicht überbewerten. "Ich kenne seine Beweggründe nicht. Wir kümmern uns um den Spieler und Menschen Leroy Sané und nicht um den Berater", sagte Vereinspräsident Herbert Hainer, der sich gleichzeitig zuversichtlich zeigte, dass es doch noch was mit der Sané-Verlängerung wird: "Wir haben in der Regel fast immer auch ein Übereinkommen mit Pini Zahavi getroffen."

Zahavi selbst zeigte sich der "Sport Bild" gegenüber offen für Verhandlungen mit dem FC Bayern, von möglichen Querelen ist in der Öffentlichkeit nichts zu merken. "Leroy Sané hat sich unserer Agentur angeschlossen und wir freuen uns auf die Zusammenarbeit. Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zum FC Bayern und den handelnden Personen. Wir freuen uns auf die kommende Gespräche."

Sané-Wechsel nach London – wegen Partnerin Candice Brook?

Dennoch ist Sanés Verlängerung durch den überraschenden Beraterwechsel deutlich unwahrscheinlicher geworden – das lässt sich nicht von der Hand weisen. Sollte es zu einem ablösefreien Abgang kommen, wäre wohl eine Rückkehr in die Premier League die wahrscheinlichste Variante. Der Ex-Spieler von Manchester City soll unter anderem beim FC Chelsea und dem FC Arsenal im Gespräch sein.

Leroy Sané am Dienstag im öffentlichen Training
Leroy Sané am Dienstag im öffentlichen Training. © IMAGO/Ulrich Wagner

Nicht völlig zufällig zwei Vereine aus London, denn auch Sanés Partnerin Candice Brook könnte bei der Zukunftsentscheidung eine tragende Rolle spielen. Berichten zufolge fühlt sich die gebürtige New Yorkerin nicht sonderlich wohl in München. Stattdessen soll sie großer Fan der englischen Hauptstadt sein.

Eine Entscheidung, wie es mit Sané weitergeht, dürfte es noch vor dem abschließenden Saisonspiel am 17. Mai geben. Nach den erfolgreichen Verlängerungen mit vielen Leistungsträgern müssen die Verantwortlichen um Eberl und Freund nun darauf achten, dass die Verhandlungen mit Sané und vor allem Zahavi nicht zur Transfer-Schlammschlacht verkommen.

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