Im Interview mit unserer Redaktion spricht Torsten Frings über das Spiel seiner Ex-Vereine Bayern München und Werder Bremen am Freitagabend, über Harry Kane und Victor Boniface und über Thomas Müller in Kanada.
Torsten Frings hat einen Großteil seiner Karriere beim SV Werder Bremen verbracht und gewann mit dem Nordverein zweimal den DFB-Pokal. Zwischenzeitlich verbrachte der frühere Mittelfeldspieler auch eine Saison beim FC Bayern München – und feierte dort die Deutsche Meisterschaft.
Dementsprechend interessiert wird er das Spiel am Freitagabend (20:30 Uhr) verfolgen, wenn seine Ex-Vereine Bayern München und Werder Bremen aufeinandertreffen. Im Interview mit unserer Redaktion spricht der 48-Jährige über die Situation beider Vereine.
Bayern stabil – Werder im Umbruch
Herr Frings, der SV Werder Bremen gewann im Januar 2024 das Auswärtsspiel beim FC Bayern München mit 1:0. Wie wahrscheinlich ist es, dass wir dies am Freitag noch einmal erleben?
Torsten Frings: Wenn man sich die letzten Wochen anschaut, ist die Wahrscheinlichkeit nicht sehr hoch. Bayern wirkt einfach sehr stabil und selbstbewusst. Bei Bremen weiß man gerade nicht so genau, wo die Mannschaft steht. Das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass viele neue Spieler erst gegen Ende der Transferphase kamen. Die Mannschaft muss sich erst noch einspielen und kennenlernen. Das braucht Zeit.
Gehen Sie davon aus, dass der FC Bayern die Meisterschaft in dieser Saison früh sicher hat?
Wir sind natürlich noch am Anfang der Saison. Aber es wirkt alles sehr stabil. Der Königs-Transfer
Sehen Sie den FC Bayern auch in der Champions League ganz vorne?
Wenn Sie von Verletzungen verschont bleiben und die ersten 14, 15 Spieler fit sind, kann diese Mannschaft auf jeden Fall die Champions League gewinnen. Ansonsten muss man natürlich mit Real Madrid, den FC Barcelona, Manchester City und Paris Saint-Germain rechnen. Den FC Liverpool darf man ebenfalls nicht vergessen, wobei man erst einmal abwarten muss, wie schnell die Neuzugänge Fuß fassen.
Kane, Kimmich und der Konkurrenzkampf im Mittelfeld
Beim FC Bayern glänzt vor allem
Man darf
Wenn man das vergleicht, waren die 100 Millionen Euro für Kane sehr gut angelegtes Geld.
Auf Ihrer früheren Position im defensiven Mittelfeld konkurrieren
Ich finde, dass Kompany diesen Konkurrenzkampf richtig gut managt, weil er beide Spieler braucht. Beide Spieler sind Nationalspieler, aber ein Stück weit verschieden. Goretzka ist sicherlich torgefährlicher und geht mehr in die Box. Pavlović spielt ohne Aufregung und ist sehr ballsicher. Er macht alles ohne Aufregung. Er ist nicht der Spieler, der die Risikobälle spielt oder mit seiner Dynamik häufig vorne reingeht. Er ist eher jemand, der den Ball halten kann. Er ist ein Spieler, der immer den Ball fordert, den du immer anspielen kannst, der sich immer anbietet – sowas ist sehr wertvoll. Kompany rotiert zwischen den beiden Spielern viel, sodass er immer wieder einen frischen Mann an der Seite von
Wie sehen Sie Konrad Laimer, der viel für die Mannschaft arbeitet, aber in der Öffentlichkeit nicht die Aufmerksamkeit bekommt wie Kane, Kimmich & Co.?
Es ist immer so, dass die Spieler, die so ein bisschen "die Drecksarbeit machen", in der öffentlichen Wahrnehmung gegenüber den Spielern hinten dranhängen, die mit Toren und Vorlagen glänzen. Aber er ist ein wichtiger Faktor für die Mannschaft und ist sich für keinen Weg zu schade. Er arbeitet für alle mit. Ich freue mich, dass er jetzt ein bisschen mehr Aufmerksamkeit bekommt, weil er das auch verdient.
Eine kleine Schwachstelle des FC Bayern ist die defensive Anfälligkeit, weil die Mannschaft sehr hoch verteidigt. Bayern kassierte jeweils zwei Gegentreffer gegen Augsburg und Wehen Wiesbaden. Kann Bremen am Freitag vielleicht diese Schwachstelle nutzen?
Wir sind noch am Anfang der Saison. Wenn du einen neuen Innenverteidiger dazubekommen hast, muss sich das erst einmal einspielen. Es wird sich im Verlaufe der Saison zeigen, ob das eine Schwachstelle der Bayern ist. Das Problem für den Gegner ist: Du musst erst einmal in der Lage sein, dich aus diesem Pressing rauszuspielen. Das ist für viele Mannschaften ein großes Problem. Dadurch spielen sie dann vielfach unkontrollierte Bälle nach vorne, die die Verteidiger dann ablaufen können. Neunmal gewinnen sie dadurch den Ball, einmal lassen sie eine Chance zu. Ich denke, das ist eine gute Quote.
Werder zwischen Überraschungen und Rückschlägen
Zurück zum SV Werder Bremen – erst gewinnt die Mannschaft 4:0 auswärts bei Borussia Mönchengladbach, dann verlieren sie am vergangenen Wochenende mit 0:3 gegen den SC Freiburg. Die Mannschaft ist schwer einzuschätzen, oder?
Genau, Gladbach war zu diesem Zeitpunkt nicht stabil. Daher wurde ja auch der Trainer danach entlassen. Ähnlich war es zuvor gegen Bayer Leverkusen, als Bremen noch ein 3:3 herausgeholt hat. Auch dort stimmte es offenbar mit dem Trainer nicht. Damit möchte ich die Leistung von Bremen nicht schlechtreden. Aber es waren eben Gegner, die Probleme hatten. Freiburg hingegen hatte das Spiel in Bremen voll im Griff. Und jetzt treffen sie mit Bayern auf den Tabellenführer, der vor Selbstvertrauen strotzt. Für Bremen ist das eine sehr schwierige Aufgabe, in der aktuellen Verfassung eigentlich sogar unmöglich.
Bremen hat sich mit Victor Boniface von Bayer Leverkusen namhaft verstärkt. Bislang wurde er nur eingewechselt. Glauben Sie, dass er Bremen voll durchstartet? Oder könnte das ein ähnliches Missverständnis wie Naby Keita werden, der im Sommer 2023 ebenfalls als Top-Neuzugang gefeiert wurde und gefühlt nie richtig ankam?
Man freut sich natürlich, dass man so einen Spieler von so einem Format verpflichten konnte. Aber andererseits gibt es auch Gründe dafür, dass man so einen Spieler bekam. Für ihn ist es gut. Er kann in Bremen Spielpraxis bekommen, hat lange nicht gespielt und muss erstmal wieder diese hundertprozentige Fitness bekommen. Daran arbeiten sie. Ich finde es gut, dass Trainer Horst Steffen ihn langsam aufbaut. Gerade weil er eine Verletzungshistorie hat, ist es sinnvoll, etwas vorsichtiger zu sein.
Thomas Müller in Kanada und der MLS
Themawechsel: Der langjährige Bayern-Profi
Also im Nachhinein war das für mich mit die beste Zeit meiner Karriere – vor allem auch die unbeschwerteste Zeit. Das dürfte Thomas auch so ergehen. Du kannst ganz unbeschwert dein Leben leben. Du kannst abends ganz entspannt in ein Restaurant gehen, gibst vielleicht mal ein Autogramm – aber das ist nicht mit Deutschland vergleichbar. Er dürfte dort viel Lebensqualität zurückbekommen, weil er nicht so einen Druck verspürt wie zuvor all die Jahre beim FC Bayern. Bei Bayern ist der Druck auch höher bei mir damals in Bremen. Ich bin mir sicher, er wird dort eine tolle Zeit haben.
Wie haben Sie das fußballerische Niveau dort empfunden?
Meine Zeit in der MLS ist nun schon zwölf Jahre her. Früher spielte David Beckham dort. Zu meiner Zeit war Thierry Henry der Superstar. Ich denke aber, dass die Qualität jetzt noch ein bisschen höher ist, weil auch der Salary Cap (Gehaltsobergrenze, Anm.d.Red.) angehoben wurde. Dennoch ist die Qualität nicht mit der Bundesliga vergleichbar. Aber für ihn ist es super. Er ist direkt Kapitän geworden, bekommt viel mehr Spielzeit als bei Bayern zuletzt, verdient gutes Geld, aber steht nur halb so viel in der Öffentlichkeit.
Kanada ist eigentlich ein Land des Eishockeys. Glauben Sie, dass Thomas Müller mit seinen Entertainment-Qualitäten den Fußball dort populärer machen kann?
Empfehlungen der Redaktion
Gerade solche Spieler wie Müller oder Lionel Messi helfen dieser Liga ungemein. Ich bin hundertprozentig davon überzeugt, dass diese Liga noch viel mehr Beachtung bekommen wird – vor allem nach der Weltmeisterschaft. Viele Weltklasse-Spieler, die an der WM teilnehmen, werden feststellen, dass ein Wechsel nach Nordamerika eine gute Option sein kann. Der Lifestyle ist dort ein anderer als in Europa. Dadurch wird die Liga stärker werden.
Über den Gesprächspartner
- Torsten Frings: (Jahrgang 1976) spielte in seiner aktiven Zeit für Alemannia Aachen, den SV Werder Bremen, Borussia Dortmund, Bayern München und den FC Toronto. Er absolvierte 79 Länderspiele für die deutsche Nationalmannschaft und nahm an den Weltmeisterschaften 2002 und 2006 sowie an den Europameisterschaften 2004 und 2008 teil. Nach seiner aktiven Zeit war er Co-Trainer bei Werder Bremen sowie Cheftrainer beim SV Darmstadt 98 und dem SV Meppen.